Dipl.-Psych. Julia Scharnhorst
Unter die Bezeichnung kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fallen insgesamt ca. 2,4 Mio. Betriebe in Deutschland. Über 40 % aller Beschäftigten arbeiten in diesen Betrieben. In kleinen Betrieben mit kleiner Belegschaft wirken sich Fehlzeiten besonders drastisch aus: kein Personal – keine Bearbeitung von Aufträgen.
Wie eine Befragung der Initiative Gesundheit und Arbeit zeigte, finden Beschäftigte in kleinen Betrieben am häufigsten, dass ihre Arbeit ihnen Anerkennung bringt. Beschäftigte in Kleinst- und Kleinunternehmen (bis 49 Mitarbeiter) sind auch in höherem Maße der Meinung, dass ihr Unternehmen sich um ihre Gesundheit kümmert und ihre Arbeit vielseitig und abwechslungsreich ist. Damit schätzen sie ihren Arbeitsplatz günstiger ein als Mitarbeiter in Großunternehmen und mittleren Unternehmen (50 bis 249 Beschäftigte).
In kleineren Unternehmen sind die Entscheidungsstrukturen einfacher und es gibt eine direktere Kommunikation untereinander. Oft bestehen familienähnliche soziale Beziehungen zwischen Unternehmen und Mitarbeitern. Solange alles gut läuft, können sich die Mitarbeiter in kleineren Betrieben anerkannt und unterstützt fühlen. Wenn aber Konflikte auftauchen, gibt es vielleicht keine schlichtende Instanz mehr und der betroffene Mitarbeiter kann nicht im Team "untertauchen". Ein ungünstiger Führungsstil oder ein schlechtes Betriebsklima hängen häufig allein an einem Vorgesetzten, z. B. dem Inhaber. Korrigierende Einflüsse gibt es dann evtl. nicht.
Kleinere Unternehmen nehmen seltener externe Unterstützung in Anspruch, weil sie Angst vor den Kosten haben. Dennoch sollten sie kalkulieren, welche Kosten ihnen möglicherweise durch Krankentage, schlechtes Betriebsklima und unzufriedene Mitarbeiter entstehen. Falls daraus schlechtere Produkte oder Dienstleistungen resultieren, können unzufriedene Kunden schnell zu Mindereinnahmen führen. Kosten für die Betriebliche Gesundheitsförderung können sich dann durchaus lohnen.
Dabei fehlt es in KMU häufig am nötigen Wissen über Anbieter und Umsetzungsmöglichkeiten von Betrieblichem Gesundheitsmanagement. Da oft die Betriebsführung allein in der Hand des Unternehmers bzw. der Unternehmerin liegt, fehlt oft die Zeit, sich gezielt um Gesundheitsthemen zu kümmern. Gleichzeitig sind die Strukturen von Krankenkassen und Unfallsicherungsträgern nicht gut darauf ausgerichtet, auch kleine Betriebe zu erreichen und effizient zu betreuen.
In Kleinunternehmen empfinden die Firmeninhaber oft ein besonderes Verantwortungsgefühl für die Belegschaft. Durch gesundheitsförderliche Maßnahmen erhoffen sie sich zufriedenere und loyale Beschäftigte. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels wird dies ein zunehmend wichtiger Aspekt.
Für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen wurden in einer Studie verschiedene Aspekte mit entsprechenden Maßnahmen benannt:
Gute Arbeitsumgebung:
- genügend Raum,
- ergonomisch angepasste Bildschirmarbeitsplätze und Arbeitsbereiche,
- gute Lichtverhältnisse,
- gute Raumluft,
- regelbare Raumtemperatur,
- gute technische Ausstattung (Rechner, EDV),
- flexible Arbeitszeiten.
Gesunde Arbeitsorganisation:
- gutes Zeitmanagement,
- gerechte Arbeitsverteilung,
- eigenverantwortliches Arbeiten,
- gerechte Entlohnung,
- die Möglichkeit, Pausen einzuhalten und Ruhe zu finden.
Eine wichtige Funktion für die Gesundheitsförderung haben Führungskräfte. Sie können als gutes Vorbild für ein gesundes Arbeitsverhalten wirken und gesundheitsförderliches Verhalten in der Belegschaft besonders wertschätzen und belohnen. Hilfreich sind firmeninterne Workshops, bei den die Beschäftigten eigene Vorschläge zur Verbesserung der Arbeitsabläufe und Gesundheitsförderung einbringen können. Für bessere Information der Belegschaft über Gesundheitsfragen können Materialien in den Betriebsräumen aufgehängt oder mit der Gehaltsabrechnung versandt werden.
Unterstützung für KMU
Unterstützung gibt es bei Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Handels- oder Handwerkskammern. Die Angebote der Krankenkassen sind zentral über eine Website erreichbar: www.bgf-koordinierungsstelle.de. Auch das "Forum Kleine und Mittlere Unternehmen" im Deutschen Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung hält passende Informationen bereit.