Nora Johanna Schüth, Prof. Dr. et habil. Marc-André Weber
Zusammenfassung
Als neue Möglichkeit zur modernen Gestaltung von Arbeit in industriellen Produktionsumgebungen gilt der Einsatz kollaborierender Robotersysteme. Grundvoraussetzung des produktiven Einsatzes dieser Technologie als auch des sicheren Umgangs mit ihr ist eine gute Qualifizierung aller Anwender. Der vorliegende Beitrag beschreibt Anforderungen an die Qualifizierung von Beschäftigten ebenso wie arbeitsgestalterische Voraussetzungen und berücksichtigt dabei sicherheitsrelevante und psychologische Aspekte bei der Einführung kollaborierender Roboter. Good-Practice-Beispiele zur Gestaltung von Schulungsmaßnahmen runden die Inhalte ab.
1 Einleitung
Die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen ist derzeit eng mit Begriffen wie "Industrie 4.0", "Arbeit 4.0" oder "Arbeitswelt der Zukunft" verbunden. Dahinterliegende Aspekte für Erfolg im globalen Wettbewerb stellen Innovationen, hohe Flexibilität, Anpassungs- und Veränderungsfähigkeit und die digitale Transformation, ggf. unter Nutzung künstlicher Intelligenz, dar. Entsprechend liegt der Fokus auf Digitalisierungsprozessen, einer wachsenden Vernetzung und der (teilweisen) Automation.
Als neue Möglichkeit zur modernen Gestaltung von Arbeit in industriellen Produktionsumgebungen gilt der Einsatz kollaborierender Robotersysteme, durch den Betriebe eine Steigerung ihrer Produktivität und ergonomische Verbesserungen an Arbeitsplätzen erwarten. Hierbei sind – trotz aller Technologisierung im Betrieb – die Kompetenz, die Kreativität und das Wissen des Menschen für die Arbeits- und Wirtschaftswelt essenziell. Erfolgsentscheidend für ein Unternehmen sind – neben der Produktivität – die Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Beschäftigten, die es in einer sich wandelnden Arbeitswelt zu erhalten gilt.
Die Voraussetzungen für sichere Arbeitsbedingungen, für die Beschäftigte gut qualifiziert sind und in denen sie an technologische Neuerungen herangeführt werden, damit sie gesund und leistungsfähig bleiben, müssen von der Geschäftsführung in enger Kooperation mit ihren Führungskräften und Prozessgestaltern (Arbeitsplaner, Industrial Engineers o. a.) geschaffen werden.
Prozessgestalter müssen demnach einzurichtende Arbeitsplätze mit Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) im Hinblick auf technische, wirtschaftliche und organisatorische Rahmenbedingungen gestalten, ergänzend dazu aber auch personelle Aspekte berücksichtigen. Aus Sicht der Prozessgestaltung ist zu prüfen, ob eine kollaborative Arbeitsweise für eine spezifische Arbeitsaufgabe unter Berücksichtigung der Eignung von Bauteil, Roboter und verwendeten Werkzeugen sinnvoll ist. Hierbei sind die herstellerseitig implementierten Technologien, die unternehmensspezifischen Prozessmerkmale und das die Technologie anwendende Personal einzubeziehen. Ein Beispiel, wie die Arbeitsgestaltung aus technischer, organisatorischer und personeller Sicht für einen Arbeitsplatz mit einem kollaborierenden Roboter aussehen kann, ist in Abb. 1 dargestellt.
Abb. 1: Sichten der Arbeitsgestaltung auf die Mensch-Roboter-Kollaboration
2 Einsatzgebiete von MRK
Der Einsatz von Robotik in Produktionsumgebungen hängt davon ab, welche Güter und welche Menge davon produziert werden. Abhängig von diesen Größen ist zwischen unterschiedlichen Arten von Robotern zu unterscheiden: Konventionelle Roboter finden meist dort Anwendung, wo große Stückzahlen produziert werden, wohingegen kollaborierende Systeme die Arbeit der Beschäftigten unterstützen, die einen hohen Anteil an manuellen Tätigkeiten beinhaltet.
So richtet sich die Aufgabenverteilung von Mensch und Roboter nach dem Prozessdesign der Aufgabe, wobei die Stärken des Menschen mit denen des Roboters zu verknüpfen sind. Als Stärken des Menschen können z. B. Entscheidungs- und Urteilungsfähigkeit, Intuition und Flexibilität genannt werden. Roboter sind Menschen hingegen in ausdauernden, reproduzierbaren und präzisen Bewegungen überlegen. So ist der Roboter beispielsweise dazu in der Lage, über einen langen Zeit...