Tomy Sobetzko, Dr. Rupprecht Maushart
Zusammenfassung
Radioaktivität nennt man die Eigenschaft bestimmter Atomkerne, (z. B. des Elements Radium-226) bei einer spontan und ohne äußere Beeinflussung auftretenden Kernumwandlung Strahlung auszusenden. Die – natürliche – Radioaktivität des Urans wurde 1896 von Henri Becquerel in Paris entdeckt. Inzwischen können wir radioaktive Atome in vielfältiger Form auch gezielt künstlich herstellen. Summarisch werden Substanzen, die radioaktive Atome enthalten, ebenfalls als radioaktiv bezeichnet.
1 Was bedeutet Radioaktivität?
Radioaktivität im physikalischen Sinne bezeichnet die Eigenschaft von Atomkernen, sich spontan in Kerne eines anderen Elementes umzuwandeln und dabei eine Teilchen- oder Wellenstrahlung, die Kernstrahlung, auszusenden. Atomkerne, die diese Eigenschaft besitzen, nennt man Radionuklide. Dieser physikalische Vorgang der Kernumwandlung wird üblicherweise, aber unzutreffend "Zerfall" genannt, im Englischen "decay". Erst bei der Kernspaltung, wie sie in Kernreaktoren abläuft, spricht man zu Recht von "Kernzerfall".
Abb. 1: Was bedeutet Radioaktivität?
Im heutigen Sprachgebrauch versteht man unter Radioaktivität dagegen meistens einen Stoff oder eine Substanz, die Radionuklide enthält, und spricht dann je nachdem von einer "starken" oder "schwachen" Aktivität. Nach Tschernobyl waren z. B. die Milch und der Salat "radioaktiv".
Die von radioaktiven Kernen ausgesandte Strahlung ist ein Energieträger. Diese Energie kann, wenn sie wieder in Materie absorbiert wird, Strukturänderungen bewirken. In lebendem Gewebe bedeutet das meist Zellschäden mit negativen Auswirkungen auf den Gesamtorganismus. Damit stellt der Umgang mit Radioaktivität ein potenzielles Gesundheitsrisiko für den Menschen dar und erfordert spezifische Schutzmaßnahmen.
Umgangssprache
In der Umgangssprache wird für diese Kernstrahlung häufig, aber physikalisch unkorrekt der Ausdruck "radioaktive Strahlung" benutzt.
2 Charakteristische Eigenschaften von Radionukliden
Die Umwandlung des einzelnen radioaktiven Atomkerns erfolgt spontan zu einem nicht vorhersehbaren Zeitpunkt. Für eine große Anzahl von Atomkernen des gleichen Radionuklids, beispielsweise Cäsium-137 (physikalische Schreibweise 137Cs) gibt es jedoch eine genau festliegende und bestimmbare Zeit, nach der die Hälfte aller Atomkerne die Umwandlung vollzogen hat. Diese für das Radionuklid charakteristische Zeit nennt man die Halbwertzeit (HWZ), bei 137Cs z. B. 30 Jahre.
Welches Radionuklid man vor sich hat, erkennt man aus Art und Energie der bei der Kernumwandlung ausgesandten Kernstrahlung, die für das jeweilige Radionuklid ebenfalls charakteristisch ist. Die Strahlung kann auftreten als Alpha-(α)-Teilchen, als Beta-(β)-Teilchen und/oder als Gamma-(γ)-Foton, also elektromagnetische Wellenstrahlung. Das in der Nuklearmedizin häufig benutzte Radionuklid Jod-131 (131I) emitiert sowohl β-Teilchen wie auch mehrere γ-Fotonen mit einer Energie von 280 und 360 Kiloelektronenvolt (keV). Zum Vergleich: Die in der Radiologie gebräuchliche Röntgenstrahlung, ebenfalls eine elektromagnetische Strahlung, hat eine Energie von 20 bis zu einigen 100 keV.
3 Welche Arten von Radionukliden gibt es?
Radionuklide entstanden bereits beim "Urknall", der Entstehung des Universums. Die langlebigen von ihnen mit einigen Milliarden Jahren Halbwertzeit sind noch heute als natürliche "primordiale" Radioaktivität bei uns vorhanden. Im Wesentlichen sind dies das Uran-235 (235U) und -238 (238U) sowie das Thorium-232 (232Th) mit ihren ebenfalls radioaktiven "Nachkommen" oder Tochterprodukten in der zugehörigen Umwandlungskette, wie etwa das Radium-226 (226Ra) oder das radioaktive Edelgas Radon-222 (222Rn). Außer diesen primordialen Radionukliden gibt es noch andere, weit kurzlebigere Radionuklide wie Wasserstoff-3 (3H, Tritium) oder Kohlenstoff-14 (14C), die durch Umwandlungen an sich stabiler Atomkerne infolge der kosmischen Strahlung in unserer Atmosphäre ständig neu gebildet werden.
Seit der Entdeckung der Kernspaltung 1938 durch Hahn und Straßmann in Berlin und der Entwicklung von Teilchenbeschleunigern hat der Mensch gelernt, aus stabilen Atomkernen gezielt und in großen Mengen etwa 400 verschiedene "künstliche" Radionuklide mit Halbwertzeiten von Sekunden bis Jahren herzustellen. Sie werden heute einerseits in Medizin und Forschung als Markierungsquellen ("Tracer") für bestimmte Molekülstrukturen vielfältig eingesetzt. Andererseits benutzt man sie als Strahlenquellen in der Medizin zur Krebstherapie, in der Technik zur Materialprüfung sowie zur Sterilisation, zur Trinkwasserentkeimung, zur Lebensmittelbestrahlung und zur Werkstoffveredelung, und in der produktionstechnischen Prozesskontrolle zur berührungsfreien Kontrolle und Regelung von Dicke, Dichte, Feuchte und Füllstand.
4 Wie misst man Radioaktivität?
Die physikalische Messgrösse für die Radioaktivität ist die Anzahl der Kernumwandlungen pro Sekunde. Die Einheit dieser Messgrösse, also eine Umwandlung pro Sekunde (s-1), heißt 1 Becquerel (Bq), benannt nach Henri Becquerel (1852-1908), der im Jahre 1896 im Alter von 44 Jahren in Paris erstmals die Radioaktivität des Elements Uran entdeckte. 1 Bq ist eine sehr gerin...