Dipl.-Biol. Bettina Huck, Dr. Thomas Wacker
2.1 Bestandsaufnahme
Unternehmen sollten mit einer Bestandsaufnahme beginnen. Leitfragen sind u. a.:
- Gibt es standortspezifische Anforderungen (Liegt das Unternehmen in einem Wasserschutzgebiet, o. Ä.)?
- Welche Anlagen und Maschinen werden betrieben und welche Vorschriften gelten dazu?
- Welche Maßnahmen ergeben sich daraus?
Werden z. B. Gabelstapler im Unternehmen betrieben, ergeben sich daraus u. a. Forderungen aus folgenden Vorschriften:
Vorschrift |
Beispiel für Verpflichtungen bzw. Anforderungen |
Arbeitsschutzgesetz |
Gefährdungsbeurteilung und Unterweisung durchführen |
Arbeitsstättenverordnung |
Verkehrswege müssen ausreichenden Sicherheitsabstand für Fußgänger gewährleisten |
Betriebssicherheitsverordnung |
Es gelten Mindestanforderungen bez. Gefährdungen durch Kippen |
DGUV-V 68 |
Beschaffenheit, sicherer Betrieb und wiederkehrende Prüfung |
DGUV-I 208-004 |
Betriebsanweisung, Sicht- und Funktionsprüfung |
DGUV-I 240-250 |
Ggf. körperliche Eignung des Fahrers durch einen Arbeitsmediziner/Betriebsarzt feststellen |
DGUV-G 308-001 |
Fahrer ausbilden und schriftlich beauftragen |
DIN 15172 |
Zugkraft, Anhängelast |
Betriebliche Vorschriften |
Unternehmensspezifisch, z. B. Vorgehensweise bei der Durchführung von Prüfungen und Wartungen |
Tab. 1: Auszug von Vorschriften, die beim Betreiben von Gabelstaplern relevant sind, sowie daraus abgeleitete Verpflichtungen bzw. Anforderungen
Das Identifizieren relevanter Vorschriften kann einem Verantwortlichen zugewiesen oder zentral übernommen werden, z. B. vom EHS-Manager, dem Umweltbeauftragten oder dem Gesundheitsmanager. Es entsteht so ein individuelles, standortspezifisches Rechtskataster (Rechtsverzeichnis), das als Nachweis für die zuständige Behörde bzw. den Zertifizierer dient. Es belegt allerdings zunächst nur, dass geltende Vorschriften bekannt sind.
2.2 Aufrechterhalten
Daran schließt sich ein kontinuierlicher Prozess an: Vorschriften müssen gemanagt werden. Diese Aufgabe erfüllt ein Gremium wie z. B. die Arbeitsschutz-Ausschuss-Sitzung (ASA) am besten, denn das Bearbeiten im Team steigert das Wissen über sicheres und gesundes Arbeiten in der Organisation und schafft Bewusstsein für rechtskonformes Verhalten am Arbeitsplatz.
Leitfragen sind dabei:
- Was hat sich seit der letzten Bewertung (z. B. im letzten Quartal) geändert?
- Was bedeutet das konkret für unser Unternehmen? Was ist zu tun? U. a. liefern Industrie- und Handelskammern sowie Brancheninformationen dazu nützliche Tipps.
- Wer macht es?
Damit werden neue bzw. geänderte Anforderungen bzw. Verpflichtungen ins Rechtsverzeichnis aufgenommen. Darüber hinaus sollte hier auch bewertet werden, ob bereits identifizierte Forderungen eingehalten werden. Falls dies nicht der Fall ist, müssen auch hier Maßnahmen festgelegt und umgesetzt werden.
Diese Vorgehensweise erfüllt die Normforderung nach Bewerten und Aufrechterhalten der Verpflichtungen bzw. Anforderungen. In diesem Prozess muss auch der aktuelle Stand der Technik berücksichtigt werden.
Neue Vorschrift: Mutterschutzgesetz
Arbeitgeber müssen seit 1.1.2018 für jede Tätigkeit die Gefährdungen nach Art, Ausmaß und Dauer beurteilen, denen eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind ausgesetzt ist oder sein kann – unabhängig davon, ob Frauen im Betrieb beschäftigt werden oder nicht (§ 10 MuSchG).
Sobald eine Schwangerschaft bekannt wird, setzt sich der Abteilungsleiter mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit bzw. dem Betriebsarzt in Verbindung und erstellt gemeinsam mit ihnen die aktuelle Gefährdungsbeurteilung. Grundlage ist die vorhandene Gefährdungsbeurteilung aller Tätigkeiten/Arbeitsbereiche.
Anschließend müssen alle Beschäftigten über das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung sowie über den Bedarf an Schutzmaßnahmen informiert werden (§ 14 Abs. 2 MuSchG). Dies kann z. B. im Rahmen von Unterweisungen erfolgen.
Bewertung mit dem Stufenmodell
Gesundheitsgefahren für schwangere oder stillende Frauen durch z. B. Lasten, langes Stehen, Gefahrstoffe, Lärm oder Arbeitszeiten können z. B. nach folgendem Stufenmodell bewertet werden – für jede/n Tätigkeit/Bereich je nach Belastungen mit Stufe 1, 2 oder 3:
Stufe |
Die Beurteilung der Arbeitsbedingungen ergibt aus derzeitiger Sicht nach § 10 MuSchG … |
Maßnahme |
1 |
… keine Umsetzung von erforderlichen Schutzmaßnahmen |
Sobald die Schwangerschaft oder das Stillen bekannt ist, wird eine persönliche Gefährdungsbeurteilung mit der Schwangeren/Stillenden nach den Vorgaben des Mutterschutzgesetzes durchgeführt. |
2 |
… eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 MuSchG |
3 |
…, dass eine Fortführung der Tätigkeit der Frau an diesem Arbeitsplatz nicht möglich ist |
Tab. 2: Stufenmodell zur Umsetzung des § 10 MuSchG
Der dazugehörige Auszug aus dem Rechtsverzeichnis der Organisation könnte dann entsprechend so aussehen:
Geänderte Rechtsvorschrift |
Bedeutung für das Unternehmen: Anforderung bzw. Verpflichtung |
Abgeleitete Maßnahmen |
Beteiligte |
§ 10 MuSchG |
Für jede Tätigkeit die Gefährdungen nach Art, Ausmaß und Dauer beurteilen |
Belastungen für jede Tätigkeit bzw. jeden Bereich bewerten, z. B. nac... |