Kommen Unternehmer und Führungskräfte den Pflichten, die sie aufgrund ihrer Stellung im Unternehmen haben, nicht nach, liegt ein schuldhafter Verstoß vor. Steht dieser Verstoß in einem direkten Zusammenhang mit einem Schadensereignis, setzen sie sich einem Haftungsrisiko aus. Sie können für ihr Fehlverhalten zur Verantwortung gezogen werden. Dies kann von ordnungswidrigkeitsrechtlichen über strafrechtliche bis hin zu arbeitsrechtlichen Folgen reichen. Rechtsfolgen werden aber erst dann ausgelöst, wenn durch ein aktives Handeln oder schuldhaftes Unterlassen gegen Rechtspflichten verstoßen wurde.
Überblick über die gültigen Rechtsvorschriften
Führungskräfte müssen einen Überblick über die für ihr Aufgabengebiet einschlägigen Rechtsvorschriften haben. Keiner verlangt, dass sie alle Vorschriften im Detail kennen. Sie müssen jedoch wissen, wo sie sich Rat holen können, wenn es erforderlich ist.
Bestens geeignet dafür ist der Betriebssicherheitsmanager oder Manager für Sicherheit und Gesundheit. Er hat aufgrund seiner speziellen Qualifikation fundierte Kenntnisse über die Interpretation der einschlägigen Rechtsvorschriften. Auf seinen Rat muss sich die Führungskraft verlassen können. Kommt es zu einem Schadensfall, der auf einen falschen Rat des Betriebssicherheitsmanagers oder Managers für Sicherheit und Gesundheit zurückzuführen ist, trägt er dafür die Verantwortung und setzt sich Rechtsfolgen aus. Tritt ein Unfall oder Schadensfall ein und kann hingegen die verantwortliche Führungskraft nicht den Nachweis erbringen, dass sie alles unternommen hat, um den Eintritt zu verhindern, setzt sie sich Rechtsfolgen aus. Je nach dem Grad des Verstoßes und des eingetretenen Schadensfalls werden diese unterschieden in:
- einfache Fahrlässigkeit und
- grobe Fahrlässigkeit.
1.1 Einfache Fahrlässigkeit
Vorwerfbare Handlung
Eine einfache Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand der allgemeinen Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen ist. Er hätte aufgrund seines Fachwissens aufmerksamer handeln müssen. Er hat es etwas zu leicht genommen.
1.2 Grobe Fahrlässigkeit
Strafbare Handlung
Eine grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand den Schaden für möglich gehalten und trotzdem falsch gehandelt hat. In diesem Fall hat die Person darauf spekuliert, dass der Schaden nicht eintritt. Er hat ein zu hohes Restrisiko akzeptiert. Die einfache Fahrlässigkeit reicht bereits zur Verhängung eines Verwarngeldes oder einer Geldbuße. Bei einer groben Fahrlässigkeit wird i. d. R. eine Geldbuße verhängt. Bei grober Fahrlässigkeit besteht zusätzlich auch ein Schadensersatzanspruch durch Dritte – jedoch nur für belegte Ansprüche, die über den Rahmen der gesetzlichen Versicherung hinausgehen. Die Berufsgenossenschaften haben ebenfalls einen Regressanspruch.
Eine vorwerfbare Handlung wird dabei nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) geahndet. Dementgegen gilt bei strafbaren Handlungen das Strafgesetzbuch (StGB). Welche Rechtsform jeweils zur Anwendung kommt, wird in den meisten Fällen durch die Staatsanwaltschaft bzw. Gerichte entschieden. Darüber hinaus gibt es noch die zivilrechtliche Haftung, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und teilweise dem Sozialgesetzbuch (SGB) geahndet wird. Dies gilt auch für alle Schäden an Mensch und Umwelt gemäß dem Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG).
Die genannten Rechtsfolgen werden, je nach Verstoß, durch die dabei betroffenen Behörden oder Personen ausgelöst. Dies sind bei einfachen Delikten z. B. die staatlichen Arbeitsschutzbehörden oder die Berufsgenossenschaften.
Erst bei schweren Verstößen erfolgt eine Einleitung von Rechtsfolgen durch die Staatsanwaltschaft oder auf deren Antrag durch die Gerichte. Bei grob fahrlässig herbeigeführten Schäden, wie schwerer Körperverletzung, ist die Auslösung von Rechtsfolgen durch Unternehmer, Mitarbeiter und betroffene Dritte möglich.
Ordnungswidrigkeitengesetz vs. Strafgesetzbuch
Besonders wichtig ist es zu wissen, dass dem Staatsanwalt das Ordnungswidrigkeitengesetz als sein Handlungsinstrument zufällt. Ziel des Gesetzes ist es, bei Fahrlässigkeit die Ordnung wieder herzustellen. Kommt der Staatsanwalt bei seinen Ermittlungen allerdings zu der Überzeugung, dass keine einfache, sondern eine grobe Fahrlässigkeit vorliegt, darf er nicht mehr nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz ahnden. Seine Zuständigkeit ist damit zunächst beendet. Jetzt muss er einen Strafantrag an das Gericht stellen und der Richter hat nun über den Fall zu entscheiden. Er wiederum kann ein Urteil nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz oder nach dem Strafgesetzbuch fällen.
Vorstrafe
Erfolgt eine Verurteilung nach dem Strafgesetzbuch, gilt der Verurteilte als vorbestraft und somit unzuverlässige Person in der gewerblichen Wirtschaft. Das kann arbeitsrechtliche Folgen nach sich ziehen.
Eine Führungskraft sollte bei allem Handeln bedenken, dass im Schadensfall Behördenvertreter in das Unternehmen kommen, um den Hergang zu ermitteln. Diese Personen kennen den Betrieb und die Arbeiten i. d. R. nicht. Für sie gilt zunächst alles, was dort abläuft, als gefährlich. ...