Tomy Sobetzko, Dr. Rupprecht Maushart
Mehrere 100.000 Menschen haben heute bei ihrer Arbeit in Forschung, Medizin, Kerntechnik und Industrie täglich mit ionisierenden Strahlen oder radioaktiven Stoffen zu tun. Diese Strahlenquellen stellen, bei allem Nutzen, den ihr Einsatz mit sich bringt, für Beschäftigte und Umwelt ein konkretes Gefährdungspotenzial dar. Der sichere Umgang setzt also fachgerechtes und verantwortungsbewusstes Verhalten bei allen Beteiligten sowie die strikte Einhaltung der Schutzvorschriften und Richtlinien voraus.
Dies ist jedoch kein Spezifikum des Schutzes vor ionisierender Strahlung. Die gleichen Grundregeln, wie sie dort gelten, sind auch für die Handhabung von Gefahrstoffen allgemein bekannt und z. B. in Labors oder der Industrie durchaus üblich. Insoweit ist der Strahlenschutz für viele Fachleute lediglich ein – wenn auch vielleicht sehr anspruchsvoller – Teil der konventionellen Arbeitssicherheit. Zusätzlich können bei Gefährdungsbeurteilungen an Arbeitsplätzen alle Gefährdungsaspekte gemeinsam betrachtet und Synergien genutzt werden.
Der Übergang zwischen Arbeits- und Strahlenschutz ist allerdings fließend: Bei einfachen Schutzaufgaben können die vorhandenen Fachkräfte für Arbeitssicherheit diese noch selbst abdecken. Bei schwierigerer Thematik müssen sie einen Strahlenschutzexperten hinzuziehen oder – das ist der Regelfall – die Aufgabe von Strahlenschutzfachkräften, sprich den Strahlenschutzbeauftragten, bearbeiten lassen. Die rechtlichen Voraussetzungen dafür sowie für den Umgang mit ionisierender Strahlung und radioaktiven Stoffen ganz allgemein werden durch das Strahlenschutzgesetz und die Strahlenschutzverordnung geschaffen.
Ein entscheidender technischer Unterschied des Strahlenschutzes gegenüber dem Schutz vor chemischen oder biologischen Schadstoffen besteht jedoch in der Fernwirkung der von radioaktiven Substanzen ausgesandten Strahlung. Es genügt nicht, den körperlichen Kontakt zu vermeiden und die unkontrollierte Verbreitung des Stoffes oder der Flüssigkeit zu verhindern, sondern der Strahlenschutz muss auch für Maßnahmen sorgen, die eine externe Bestrahlung ausschließen.
Andererseits ist die ausgesandte Strahlung auch ein großer Vorteil für den Strahlenschutz gegenüber konventionellen Sicherheitsbemühungen. Durch geeignete Messtechnik lassen sich die radioaktiven Stoffe leicht nachweisen, Kontaminationen feststellen und der Verbleib und die Stärke von Quellen überprüfen. Gleichartige Schutzmaßnahmen stoßen beispielsweise in gentechnischen Labors auf viel größere Schwierigkeiten.
Positive Grundeinstellung zum Strahlenschutz
Ganz generell und aus langjähriger praktischer Erfahrung heraus ist zu sagen, dass für einen wirksamen Strahlenschutz eine gewisse positive Grundeinstellung der ihn Ausübenden die psychologische Voraussetzung bildet. Dies bezieht sich, gemäß dem vorstehend Gesagten, in besonderer Weise auf die Messtechnik. Die Vorschriften verlangen viele und regelmäßige Messungen, die leicht zur lästigen Routine werden können. Ein dauerhaft motiviertes Personal ist deshalb der beste Garant für zuverlässige Kontrollen der Sicherheit beim Umgang mit ionisierender Strahlung.
Dazu ist es notwendig und nützlich, dass alle Beteiligten über Grundkenntnisse von Strahleneigenschaften und Strahlenwirkungen verfügen, die die erforderlichen Sicherheitsschritte im Einzelnen verständlich und nachvollziehbar machen. Wenn schon nicht mit Begeisterung, dann soll der tägliche Strahlenschutz, um den es ja letztlich geht, doch wenigstens aus Einsicht in seine Notwendigkeit im Prinzip und im Detail betrieben werden.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Arbeitsschutz und Strahlenschutz wird für beide Seiten zunehmend wichtiger. So hat der Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI) einen eigenen Arbeitskreis "Strahlenschutz" ins Leben gerufen, der mit dem deutsch-schweizerischen Fachverband für Strahlenschutz (FS) die Synergien eines gemeinsamen Vorgehens auslotet.