Tomy Sobetzko, Dr. Rupprecht Maushart
Zwar sind die Prinzipien und Grundregeln des Strahlenschutzes überall die gleichen, unabhängig von der Art des Umgangs mit der Strahlung. Sie müssen aber in der praktischen Anwendung den einzelnen Einsatzbereichen angepasst werden. Es ist daher nützlich, mit einer Übersicht über diese – äußerst vielfältigen – Anwendungsmöglichkeiten radioaktiver Stoffe und Strahlenquellen zu beginnen.
Die Eigenschaften ionisierender Strahlen werden heute in Forschung, Technik und Medizin in verschiedener Weise genutzt und sind dort nicht mehr wegzudenken (Tab. 1).
Strahlung als Markierung |
Ausnutzen der Messbarkeit der Aktivität |
Messgrößen: Menge, örtliche und zeitliche Verteilung markierter Substanzen |
- Bioforschung und Bioanalytik:
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Radiodünnschicht- und Radiosäulenchromatographie |
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In vitro: Radioassay In vivo: Szintigraphie |
Strahlung als Sonde |
Ausnutzen von Streuung, Schwächung, Energieänderung |
Messgrößen: Intensität, Energie |
- industrielle Messtechnik und Prozesssteuerung:
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Füllstands-, Dicke-, Dichte-, Gewichtsmessung |
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Durchleuchtung, Schweißnaht |
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Gepäckkontrolle an Flughäfen |
Strahlung als Wirkung |
Ausnutzen der Energieabgabe |
Messgröße: Dosis |
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intern: interstitionell extern: Hochaktivitätsquellen |
- Sterilisation und Materialveredelung
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Hochaktivitätsquellen |
- Leuchtfarbenindustrie, als Lichtquelle
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Tritium, Krypton |
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Americium in Rauchmeldern |
Tab. 1: Einsatzbereiche von Strahlenquellen und Radionukliden
2.1 Strahlung als Markierung
Mit Radionukliden "gelabelte" Substanzen können wiedererkannt und ihr Verhalten in der Umwelt oder im tierischen und menschlichen Organismus verfolgt werden. Darunter fallen v. a. die nukleardiagnostischen Verfahren in der Medizin, sowohl in vivo an lebenden Menschen wie in vitro im Labor, als auch unzählige Methoden in der biologischen und biochemischen Forschung.
Ein Sonderfall ist die Aktivierungsanalyse, bei der inaktive Isotopen eines chemischen Elements geringer Konzentrationen durch Neutronenbestrahlung in radioaktive Nuklide des gleichen Elements umgewandelt und damit aufgrund ihrer Strahlungs- und Zerfallseigenschaften erkennbar werden.
In diesem Anwendungsbereich kommen zwar i. d. R. nur geringe Aktivitätsmengen zum Einsatz. Da es sich aber um offene Radioaktivitäten handelt, die auch am Menschen eingesetzt werden, und die Anwender solcher Methoden sehr zahlreich sind, liegt ein besonderer Aspekt des Strahlenschutzes in der Verhinderung des, "Entweichens" von Radioaktivität in die Umwelt mit Abluft oder Abwasser. Radioaktive Stoffe dürfen keinesfalls unkontrolliert in die Umwelt abgeleitet werden.
Es darf auch nicht übersehen werden, dass bei Herstellung, Transport, Lagerung und schließlich Beseitigung der offenen Quellen spezifische Gefahrensituationen auftreten können, die vom Strahlenschutz beherrscht werden müssen.
2.2 Strahlung als Sonde
Bei der Durchstrahlung von Stoffen oder lebender Materie können aus Intensitäts- oder Energieänderungen Strukturen erkannt (räumliche Auflösung) oder Veränderungen registriert werden (zeitliche Auflösung).
Dazu gehören die medizinische Röntgendiagnostik ebenso wie die Gepäckkontrollen an Flughäfen, die Schweißnahtprüfung in der Industrie oder die radiometrische Prozesskontrolle.
Röntgenanlagen
An den Röntgenanlagen liegt der Schwerpunkt beim apparativen Strahlenschutz und, messtechnisch, bei der Personendosimetrie. Die Strahlenschutzverordnung enthält verschiedene spezielle Festlegungen zur Technik und zur Umgebung, wie z. B. Röntgenräumen.
Industrielle Anwendung von Strahlenquellen
Bei der industriellen Anwendung von Strahlenquellen ist häufig mit einer hohen mechanischen und thermischen Beanspruchung der Quellen zu rechnen, sodass sich der Strahlenschutz auf die Überprüfung der Strahlenfelder sowie der spezifizierten Eigenschaften und der Unversehrtheit der Quellen konzentriert.
2.3 Strahlung als Wirkung
Die Strahlenwirkung wird sowohl medizinisch bei der Tumortherapie wie technisch bei Sterilisation oder Materialveredelung genutzt. Da hier meist Strahlenquellen sehr hoher Aktivität eingesetzt werden, ist auch das Gefahrenpotenzial entsprechend hoch. Der Arbeitsablauf ist bei diesen Bestrahlungsanlagen jedoch weitgehend automatisiert und die Funktionen werden kontrolliert, sodass das Hauptaugenmerk des Strahlenschutzes auf die Unfallverhütung und -bewältigung gerichtet ist.