Tomy Sobetzko, Dr. Rupprecht Maushart
3.1 Besondere Herausforderungen für den Strahlenschutz
In nuklearmedizinischen Kliniken und Praxen spielt der Strahlenschutz beim Umgang mit offenen radioaktiven Stoffen eine zentrale Rolle. Dabei haben wir es mit 2 kennzeichnenden Umständen zu tun, die dem Strahlenschutz zusätzliche Aufgaben stellen und dem verantwortlichen Personal eine hohe Professionalität abverlangen. Dies ist zunächst einmal die Vielzahl der Untersuchungen und der dabei verwendeten Radionuklide mit physikalisch und chemisch höchst unterschiedlichen Eigenschaften, die teils in hohen Aktivitätsmengen im Einsatz sind. Tab. 1 vermittelt davon einen Eindruck. Dazu kommen Probleme im Umgang mit den Patienten, die ja lebende und wandelnde Strahlenquellen sind.
Untersuchungsart |
Radionuklid |
Referenzaktivität [MBq] |
Schilddrüsenszintigraphie |
99mTc |
75 |
Skelettszintigraphie |
99mTc |
500–700 |
Radioiodtest |
131I |
2,5 |
Lymphszintigraphie, intraoperative Lymphknotendetektion |
99mTc |
10–200 |
Myokard-Szintigraphie |
99mTc |
600–1000 |
18F |
370 |
201Tl |
75 |
Hirn-Szintigraphie |
123I |
185 |
18F |
370 |
Tumor-Szintigraphie |
123I |
370 |
111In |
200 |
18F |
370 |
131I |
individuelle Therapieaktivität |
111In |
185 |
Tab. 1: Wichtige nuklearmedizinische Untersuchungen und die dabei verwendeten Radionuklide
Eine wesentliche Voraussetzung für einen effektiven Strahlenschutz in der Nuklearmedizin besteht v. a. auch darin, dass bereits beim Bau der Einrichtung die erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, von der Lage und Zugänglichkeit von Labors und Patientenräumen bis zu der Sammlung, Lagerung und Entsorgung des radioaktiv kontaminierten – auch des sanitären – Abwassers.
3.2 Umgang mit Radionukliden
Der Umgang mit einer Vielzahl von Radionukliden in verhältnismäßig hohen Aktivitäten erfordert vom Personal eine hohe Sachkenntnis und eine extreme Sorgfalt. Die Vielfalt der Aufgaben kann hier nur sehr kursorisch beschrieben werden. Der Strahlenschutz muss bereits bei Lagerung und Transport der verwendeten Radiopharmaka aktiv werden. Dazu gehört auch der administrative Aufwand bei Verwaltung und Buchführung. Besondere Aufmerksamkeit ist jedoch bei der Präparation und Verabreichung an den Patienten erforderlich. Dabei ist v. a. Präzision und Sauberkeit gefragt.
Selbstverständlich ist das Vorhandensein und der fachgerechte Gebrauch von
- tragbaren Kontaminationsmonitoren zur Kontrolle von Oberflächen und
- festinstallierten Hand-Fuß-Kleider-Kontaminationsmonitoren zur Kontrolle von Personen an den Ausgängen auf mögliche radioaktive Verschmutzungen.
3.3 Patient als Strahlenquelle
Eine der Besonderheiten der Anwendung offener Radionuklide am Menschen – sowohl in der Diagnostik als auch der Therapie – besteht darin, dass der Patient selbst zur Strahlenquelle wird, in der Nuklearmedizin also die Strahlenquellen gewissermaßen durch das Haus laufen können. Zwar ist der Bewegungsbereich eingeschränkt. Aber zumindest alle am Patienten tätigen Berufsgruppen kommen mit diesen in Kontakt. Die geeigneten Strahlenschutzmaßnahmen Zeitbeschränkung und Abstand scheinen einfach, stehen aber oftmals im Konflikt mit den notwendigen Verrichtungen am Patienten.
3.4 Fachpersonal erforderlich
Für den Betrieb einer Nuklearmedizin ist geschultes und ausgebildetes Fachpersonal erforderlich. Gerade die Ausbildung in Nuklearmedizin und im Umgang mit offen radioaktiven Stoffen ist daher ein zentraler Bestandteil der berufsfachschulischen Ausbildung von Medizinisch-technischen Radiologieassistenten (MTRA).
Das Curriculum dieser berufsfachschulischen Ausbildung umfasst auch Abschnitte, die in die betrieblichen Abläufe der Kliniken – also auch der Nuklearmedizin – integriert sind. Dadurch werden alle Arbeitsplätze und Untersuchungsmethoden der nuklearmedizinischen Diagnostik Gegenstand der Ausbildung, die durch praktische Übungen im eigenen Lehrlabor komplettiert wird. Strahlenschutz ist dabei nicht nur Unterrichts-, sondern auch Prüfungsfach, da die Fachkunde im Strahlenschutz (§§ 45 ff. StrlSchV) erst mit abgeschlossener und anerkannter Ausbildung erworben wird.