(1) Brennbare Gase, Flüssigkeiten und Feststoffe können in Form von Gasen, Dämpfen, Nebeln und Stäuben im Gemisch mit Luft oder einem anderen Oxidationsmittel explosionsfähige Gemische bilden. Liegen die Gemische unter atmosphärischen Bedingungen (Umgebungstemperatur von -20 °C bis +60 °C und Druck von 0,8 bar bis 1,1 bar) mit Luft als Oxidationsmittel vor, spricht man von explosionsfähiger Atmosphäre.
(2) Nichtatmosphärische Bedingungen finden sich vor allem im Inneren von Anlagen. Unter diesen Bedingungen können die z. B. in Sicherheitsdatenblättern angegebenen sicherheitstechnischen Kenngrößen und Schutzmaßnahmen nur bedingt angewandt werden, da diese sich in der Regel auf atmosphärische Bedingungen beziehen. Ggf. müssen die sicherheitstechnischen Kenngrößen unter den real vorliegenden Bedingungen bestimmt werden, um eine Beurteilung sowie eine geeignete Auswahl der Schutzmaßnahmen zu erlauben.
(3) Es sind auch Stoffe, welche nicht als explosionsschutzrelevant eingestuft sind, von denen jedoch trotzdem eine entsprechende Gefahr ausgehen kann, zu berücksichtigen. Beispiele hierfür sind Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt > 60 °C, Feststoffe die zwar brennen, bei denen die Abbrandgeschwindigkeit jedoch für die Einstufung als entzündbarer Feststoff nicht ausreicht, oder auch Stoffe ohne Flammpunkt, wie Halogenkohlenwasserstoffe.
(4) Bei der Gefährdungsbeurteilung ist zu beachten, dass sowohl die aus den Tätigkeiten als auch die von den Anlagen resultierenden Gefährdungen berücksichtigt werden.
(5) Bei der Festlegung von Explosionsschutzmaßnahmen ist folgende Rangfolge zu beachten:
1. |
Vermeiden der Bildung explosionsfähiger Gemische, |
2. |
Ausschließen wirksamer Zündquellen und |
3. |
Umsetzung konstruktiver Explosionsschutzmaßnahmen. |
(6) Die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung für den Explosionsschutz sind zu dokumentieren, u. a.. anhand des Explosionsschutzdokuments.
(7) Die Bildung von explosionsfähigen Gemischen kann z. B. vermieden werden durch:
1. |
Ersatz von Stoffen, die im Gemisch mit Luft oder einem anderen Oxidationsmittel explosionsfähige Gemische bilden können, |
2. |
Unterschreiten der unteren Explosionsgrenze z. B. durch Mengenbegrenzung des Gefahrstoffs oder Absenkung der Konzentration, |
3. |
Absaugung von brennbaren Stoffen an der Entstehungsstelle oder |
Siehe hierzu insbesondere TRGS 722 "Vermeidung oder Einschränkung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre".
(8) Wirksame Zündquellen oder Bedingungen, die Explosionen auslösen, sind zu vermeiden. Zu vermeiden sind z. B.:
1. |
Flammen z. B. offenes Feuer, Zigaretten, Glutnester, Schweißfunken, Brenner, |
2. |
Heiße Oberflächen z. B. Motoren, Heizungen, Heizstrahler, Fön, |
3. |
Elektrische Energie z. B. Licht, Lichtschalter, Klingel, elektrische Geräte, |
4. |
Lichtbögen z. B. Schweißen, |
5. |
mechanische Reib-, Schlag- und Abtrennvorgänge z. B. durch funkenreißendes Werkzeug, |
6. |
Elektrostatische Aufladung z. B. Schuhe, Kleidung, |
7. |
Strahlung: ionisierende, Ultraschall, elektromagnetische z. B. Handy, Funkgerät, |
Siehe hierzu insbesondere TRGS 723 "Gefährliche explosionsfähige Gemische - Vermeidung der Entzündung gefährlicher explosionsfähiger Atmosphäre".
(9) Beispielhafte Maßnahmen zur Zündquellenvermeidung sind:
1. |
In explosionsgefährdeten Bereichen dürfen nur geeignete Arbeitsmittel, Geräte und Kleidung verwendet werden, |
2. |
Zur Vermeidung gefährlicher Aufladungen in explosionsgefährdeten Bereichen sind die Vorgaben der TRGS 727 "Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladungen" zu beachten, |
3. |
Behälter und Rohrleitungen mit entzündbarem Inhalt und auch vermeintlich leere Fässer und Gebinde sind nicht mit Werkzeugen zu bearbeiten, bei deren Verwendung wirksame Zündquellen auftreten können. |
(10) Kann eine Explosion nicht sicher verhindert werden, sind konstruktive Maßnahmen erforderlich. Hierzu zählen beispielsweise die explosionsfeste bzw. explosionsdruckstoßfeste Bauweise oder die Druckentlastung sowie die zusätzlich zu installierende explosionstechnische Entkopplung. Siehe hierzu insbesondere TRGS 724.
(11) Werden im Rahmen des Explosionsschutzkonzeptes MSR-Maßnahmen (Mess-, Steuer- und Regelungstechnik) eingesetzt, sind die Anforderungen der TRGS 725 zu beachten.
(12) Weiterführende Informationen zum Schutz vor Gefährdungen durch explosionsfähige Gemische enthalten Anhang I Nummer 1 GefStoffV sowie die TRGS 720 ff.