Dr. rer. nat. Klaus Kersting
Eine Reihe von Maßnahmen muss bei Tätigkeiten mit Isocyanaten grundsätzlich durchgeführt werden.
7.1.1 Maßnahmen vor Aufnahme der Tätigkeiten
Gefährdungsbeurteilung
Vor der Aufnahme von Tätigkeiten mit Gefahrstoffen muss der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchführen. Berücksichtigen muss er dabei
- die gefährlichen Eigenschaften der Produkte,
- die Informationen des Herstellers (z. B. Sicherheitsdatenblatt),
- Ausmaß, Art und Dauer der Exposition unter Berücksichtigung der Aufnahme durch Einatmen und des Hautkontaktes,
- physikalisch-chemische Wirkung der Produkte,
- Möglichkeit von Ersatzprodukten,
- Arbeitsbedingungen und Arbeitsverfahren einschließlich der Arbeitsmittel und Produktmenge,
- Arbeitsplatzgrenzwerte und biologische Grenzwerte,
- Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen und
- Ergebnisse durchgeführter arbeitsmedizinischer Vorsorge.
Das Ergebnis seiner Gefährdungsbeurteilung muss er schriftlich festhalten. Unterstützung liefert z. B. das Programm "WINGIS online". Die Informationen zu den Produkten liefern die Grundlage der Gefährdungsbeurteilung.
Arbeitsmedizinische Vorsorge
Bei Tätigkeiten mit Isocyanaten muss vor Aufnahme der Tätigkeiten und in regelmäßigen Abständen eine arbeitsmedizinische Vorsorge entsprechend des ehemaligen Grundsatzes G27 "Isocyanate" durchgeführt werden, wenn ein regelmäßiger Hautkontakt zu Isocyanaten nicht vermieden werden kann oder die Luftkonzentration von 0,05 mg/m³ überschritten wird. Dabei werden die Beschäftigten noch einmal ausführlich über die Problematik informiert. Zudem können Erkrankungen schon im Frühstadium erkannt werden.
Sollen die Produkte gespritzt werden, ist Atemschutz erforderlich. Die betroffenen Mitarbeitenden müssen zusätzlich belegen, dass sie für das Tragen von Atemschutz geeignet sind.
Viele lösemittelhaltige Polyurethan-Systeme enthalten Xylol. Personen, die damit Umgang haben, muss eine spezifische arbeitsmedizinische Vorsorge entsprechend des ehemaligen Grundsatzes G29 "Benzolhomologe" angeboten werden. Wird der Grenzwert nicht eingehalten oder besteht Hautkontakt, ist die arbeitsmedizinische Vorsorge regelmäßig zu veranlassen.
Biomonitoring
Als hilfreiches Mittel der Gefährdungsbeurteilung hat sich das Biomonitoring erwiesen. Dabei wird der Urin auf Isocyanate und Metaboliten untersucht. Da man bei allen Diisocyanaten davon ausgeht, dass diese auch über die Haut aufgenommen werden, zeigt das Ergebnis die Summe der inhalativen und der dermalen Aufnahme. Bei der Analyse erfolgt ein saurer Aufschluss, bei dem sowohl die Isocyanate als auch die Metaboliten zum Amin umgesetzt werden. Die Amine entstehen aber erst durch den Aufschluss und sind so nicht im Urin enthalten. Dies muss bedacht werden, da das zum MDI korrespondierende Amin 4,4'-Diaminodiphenylmethan krebserzeugend Kategorie 1B ist.
Die Ergebnisse können anhand der Kriterien in Tab. 4 beurteilt werden:
Isocyanat |
Parameter |
Grenzwert |
Quelle |
HDI |
Hexamethylendiamin |
15 µ/g Kreatinin |
BAT, TRGS 903 |
MDI |
4,4-Diaminodiphenylmethan |
10 µ/l |
BLW, MAK-Kommission |
TDI |
Diaminotoluol |
5 µg/g Kreatinin |
BEI, ACGIH (Vereinigte Staaten) |
Tab. 4: Kriterien für das Biomonitoring von Isocyanaten
Betriebsanweisung und Unterweisung
Die Beschäftigten müssen vor Aufnahme der Tätigkeiten und danach in regelmäßigen Abständen unterwiesen werden. Inhalte der Unterweisung sind
- die am Arbeitsplatz auftretenden Gefahrstoffe und die davon ausgehenden Gesundheitsgefahren,
- Informationen zu Hygienemaßnahmen,
- Maßnahmen zur Verhütung einer Exposition,
- Informationen zum Tragen und Benutzen von Schutzausrüstungen und Schutzkleidung.
Grundlage der Unterweisung ist die Betriebsanweisung. Diese muss den Beschäftigten in verständlicher Form und in den Sprachen der Beschäftigten zur Verfügung gestellt werden.
Für Polyurethanharz-Systeme sind GISCODE-Produktgruppen erstellt worden, in die viele isocyanathaltige Produkte eingruppiert werden können (vgl. Tab. 2). Für diese Gruppen stehen im Programm "WINGIS online" Betriebsanweisungen in unterschiedlichen Sprachen zur Verfügung.
7.1.2 Maßnahmen auf der Baustelle
Durch relativ einfache Maßnahmen kann das Risiko des Hautkontakts und der Inhalation der sensibilisierenden Isocyanate deutlich reduziert werden.
Waschmöglichkeiten, Pausen- und Umkleideräume
In der Nähe des Arbeitsplatzes müssen Wasch- und Umkleidemöglichkeiten bereitgestellt werden. Den Beschäftigten ist die Anweisung zu geben, saubere Kleidung von beschmutzter Kleidung und Werkzeugen getrennt zu halten. Dadurch wird eine Verunreinigung der Straßenkleidung mit Isocyanaten vermieden. Im Waschbereich sollten vorhanden sein:
- eine Vorrichtung mit fließendem Wasser,
- milde, pH-neutrale Hautreinigungsmittel,
- Einweg-Papiertücher,
- Hautpflegecreme,
- Augenduschen.
In Pausenräumen, in denen gegessen und getrunken wird, dürfen keine Polyurethan-Systeme aufbewahrt, gelagert oder verarbeitet werden.
Dosieren und Mischen der Komponenten
Der Mischbehälter sollte auf eine ebene Fläche gestellt werden, denn durch kippende Behälter kann es zu Spritzern oder zum Verschütten kommen. Zusätzlich ist darauf zu achten, dass die um...