Dr. rer. nat. Klaus Kersting
Die Produktgruppen-Informationen zum GISCODE für Polyurethan-Systeme im Bauwesen sind differenziert nach der Art der Verarbeitungsweise und dem Ort des Einsatzes.
7.2.1 Streichen/Spachteln/Rollen
Beim Streichen/Spachteln/Rollen von Polyurethan-Systemen ist die Aerosolbildung vernachlässigbar; deshalb tritt die Einstufung als krebsverdächtig bei MDI-haltigen Produkten in den Hintergrund. Bei lösemittelfreien Produkten (PU 10, 20, 40) kann bei der Verarbeitung im Freien und in gut belüfteten Räumen i. d. R. auf Atemschutz verzichtet werden. Lediglich bei Arbeiten in Behältern sind umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte zu benutzen.
Bei lösemittelhaltigen Produkten (PU 35, 50, 55) ist beim Arbeiten in Räumen Atemschutz mit Gasfilter (z. B. A1) erforderlich, wenn nicht nachgewiesen werden kann, dass der Grenzwert eingehalten ist. Bei Arbeiten in Behältern sind umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte zu benutzen.
7.2.2 Spritzen
Aufgrund der Aerosolbildung bei Spritzanwendungen von Polyurethan-Systemen ist bei diesen Tätigkeiten eine hohe Gesundheitsgefährdung (Sensibilisierung durch die Isocyanate, Krebsverdacht bei MDI, ggf. Lösemittelbelastung) zu unterstellen. Aus diesem Grund ist immer – auch bei den weniger gefährlichen Produktgruppen PU 10, 20, 30 – mit Atemschutzgeräten zu arbeiten.
Im Freien und in Räumen sind mindestens Filtergeräte mit Kombinationsfilter A1-P2 z. B. an einer Halb- oder Vollmaske zu tragen. Empfehlenswert ist der Einsatz von gebläseunterstützten Atemschutzhauben/-helmen oder umgebungsluftunabhängigen Atemschutzgeräten. Bei Arbeiten in Behältern sind umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte zu benutzen.
Beim Airless-Spritzen sind alveolengängige Aerosole, die krebsverdächtig sind, nicht in relevanten Mengen zu erwarten.
7.2.3 Verfugen
Der überwiegende Anteil der Produkte, die zum Verfüllen von Fugen eingesetzt werden, fällt in die lösemittelfreien Produktgruppen, v. a. PU 40 oder auch PU 10 bzw. PU20, zum Teil jedoch auch in PU 50 wobei der Lösemittelgehalt in diesen Fällen nur gering ist. Aufgrund der eindimensionalen Geometrie von Fugen ist die üblicherweise verarbeitete Menge dieser Dichtstoffe häufig geringer als beim Einsatz von Beschichtungen und die Oberfläche, aus der Gefahrstoffe emittiert werden können, ist viel geringer. Eine Aerosolbildung ist nicht zu erwarten. Beim Verfugen mit Polyurethan-Dichtstoffen kann i. d. R. auf Atemschutz verzichtet werden. Lediglich falls doch lösemittelhaltige Dichtstoffe in Behältern eingesetzt werden, kann – v. a. wegen der unsicheren Belüftungssituation bei Arbeiten im Innern von Behältern – umgebungsluftunabhängiges Atemschutzgerät notwendig sein.
7.2.4 Injizieren
Der überwiegende Anteil der Produkte, die als Injektionsharz eingesetzt werden, fällt in die lösemittelfreien Produktgruppen, überwiegend PU 40. Aufgrund der maschinellen Verarbeitungsweise mittels Injektionspumpe, Druckschläuchen und Injektionspackern, erfolgt der vorhergesehene Einsatz dieser Produkte nahezu in einem geschlossenen System mit nur geringer inhalativer Exposition. Daher kann i. d. R. auf Atemschutz verzichtet werden. Lediglich bei Zwischenfällen wie dem Abplatzen des Packers kann eine inhalative Belastung durch Isocyanate auftreten.
7.2.5 Montageschäume
Die inhalative Belastung durch Isocyanate beim Einsatz von Montageschäumen ist gering – ein Einsatz von Atemschutz ist nicht erforderlich.
Der überwiegende Anteil der heutzutage eingesetzten Produkte enthält die hochentzündlichen Treibmittel Propan/Butan/Dimethylether. Es hat bereits eine Reihe von Unfällen durch Verpuffungen/Explosionen beim unsachgemäßen Umgang mit diesen Montageschäumen gegeben. So kam es wiederholt zu Verpuffungen beim Ausschäumen von Dusch- und Badewannen, die durch Zündquellen wie Feuerzeugflamme, heißer Fön oder Lampe/Strahler ausgelöst wurden. Auch beim Einsatz von Montageschäumen in Gräben beim Ausführen von Hausanschluss-Arbeiten gab es solche Unfälle. Das zeigt, wie wichtig das Vermeiden von Zündquellen während und auch nach Abschluss solcher Ausschäumarbeiten ist.
Explosionsgefahr!
Montageschäume enthalten hochentzündliche Treibmittel. Bei der Verarbeitung muss der Brand- und Explosionsschutz beachtet werden.
Aber auch das noch nicht verarbeitete Produkt – Montageschäume werden als Druckgaspackungen in Verkehr gebracht – beherbergt eine Gefährdung; so sind spezielle Sicherheitsmaßnahmen beim Transport, bei der Lagerung und ggf. auch bei der Temperierung vor der Verwendung zu treffen.
Im Gegensatz zur eher "kleinflächigen" Verarbeitung der Montageschäume gibt es auch den mehr "großflächigen" Einsatz sog. Ortschäume, z. B. als Dämmung beim Bau von Kühlräumen oder Wohncontainern. Diese Verarbeitung erfolgt i. d. R. von besonders ausgebildeten Fachfirmen mit speziellen Schäumgeräten. Auf diese Tätigkeiten wird hier nicht näher eingegangen.