Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
Zusammenfassung
Mit dem Inkrafttreten der Betriebssicherheitsverordnung wurde ein neuer Ansatz in den gesetzlichen Anforderungen des Arbeitsschutzes verwirklicht. Dieser Ansatz konzentriert sich mehr auf Rahmen- und Zielvorgaben denn auf konkrete Vorgaben und eröffnet den Betrieben Freiräume in der Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen. Diese Freiräume führen zwangsläufig zu einer höheren Verantwortung und Verpflichtung der Betriebe, entsprechende Maßnahmen zu planen und umzusetzen. Ein wesentlicher und bisher durch enge gesetzliche Regelungen abgesteckter Bereich ist die Prüfung der Arbeitsmittel. Hier wurden durch die Reduzierung der Anforderungen Freiräume geschaffen, die von den Betrieben bisher nicht oder nur unzureichend genutzt werden.
Gerade in kleinen und mittelständischen Unternehmen bestehen erhebliche Unsicherheiten, wie die Anforderungen an die Gefährdungsbeurteilung und Prüfung von Arbeitsmitteln angewendet werden sollen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen daher auf der Basis der bisherigen Erfahrungen, wie ein umfassendes und rationelles betriebsinternes Prüfwesen gestaltet werden kann.
Der Beitrag beschränkt sich auf die Prüfung der "normalen" Arbeitsmittel. Die Prüfung von überwachungsbedürftigen Anlagen wird nicht behandelt.
1 Vorschriften zur Prüfung von Arbeitsmitteln
1.1 Betriebssicherheitsverordnung und Technisches Regelwerk
Die Prüfung von Arbeitsmitteln ist in§ 14 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) geregelt.
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Art, Umfang und Fristen der erforderlichen Prüfungen zu ermitteln. Darüber hinaus muss er ermitteln und festlegen, welche Voraussetzungen die Personen erfüllen müssen, die mit der Prüfung oder Erprobung von Arbeitsmitteln beauftragt werden – also welche Befähigungen die befähigte Person haben muss.
§ 14 BetrSichV geht dann konkret auf die Prüfung der Arbeitsmittel ein:
- Arbeitsmittel, deren Sicherheit von den Montagebedingungen abhängen, müssen gem. Abs. 1 nach der Montage und vor der Inbetriebnahme geprüft werden, um die ordnungsgemäße Montage und die sichere Funktion der Arbeitsmittel zu gewährleisten.
- Arbeitsmittel, die Schäden verursachenden Einflüssen unterliegen, die zu gefährlichen Situationen führen können, müssen gem. Abs. 2 regelmäßig geprüft werden. Die Wiederholungsprüfungen müssen innerhalb der nach Abs. 5 ermittelten Fristen durch befähigte Personen durchgeführt werden. Eine außerordentliche Prüfung ist erforderlich, wenn ungewöhnliche Ereignisse schädigende Auswirkungen auf die Sicherheit eines Arbeitsmittels haben können (z. B. Unfälle, Naturereignisse, längere Nichtbenutzung oder Veränderungen am Arbeitsmittel).
- Alle Prüfungen müssen durch befähigte Personen durchgeführt werden.
Abs. 7 regelt die Dokumentation der Prüfungen. Die Ergebnisse der Prüfung müssen aufgezeichnet und über einen angemessenen Zeitraum aufbewahrt werden (mind. bis zur nächsten Prüfung). Es sind aufzuzeichnen:
- Art der Prüfung,
- Prüfumfang,
- Ergebnis der Prüfung,
- Name und Unterschrift der zur Prüfung befähigten Person.
Die weitere Konkretisierung der in der Betriebssicherheitsverordnung gestellten Anforderungen erfolgt in den Technischen Regeln für Betriebssicherheit (TRBS), die der Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) herausgibt.
Sie sind gegliedert in Regeln der Reihe:
- 1000 (Allgemeines und Grundlagen),
- 2000 (Gefährdungsbezogene Regeln),
- 3000 (Spezifische Regeln für Arbeitsmittel, überwachungsbedürftige Anlagen oder Tätigkeiten).
1.2 Stellung des berufsgenossenschaftlichen Regelwerks
Die bisherigen, in den arbeitsmittelspezifischen Unfallverhütungsvorschriften enthaltenen, umfassenden Regelungen zur Prüfung von Arbeitsmitteln sind seit dem In-Kraft-Treten der Betriebssicherheitsverordnung nicht mehr gültig und wurden daher teilweise zurückgezogen. Die einzelnen Berufsgenossenschaften haben die erhaltenswerten Inhalte (insbesondere Prüf- und Betriebsbestimmungen) aber in die DGUV-R 100-500 "Betreiben von Arbeitsmitteln" überführt.
Berufsgenossenschaftliche Prüfbestimmungen
Die berufsgenossenschaftlichen Regelungen sind weiterhin eine wichtige Informationsquelle für die Prüfung der Arbeitsmittel. Wendet der Arbeitgeber die bisherigen berufsgenossenschaftlichen Prüfbestimmungen an, hat er derzeit die Sicherheit, dass er damit geeignete Maßnahmen zur Erfüllung der Anforderungen von § 14 BetrSichV getroffen hat. Er befindet sich also auf der sicheren Seite. Dies gilt so lange, bis entsprechende Technische Regeln für Betriebssicherheit vorliegen, die im Einzelfall jedoch wieder durch DGUV-Regeln ergänzt werden können.
Aber auch bei noch gültigen berufsgenossenschaftlichen Vorschriften sind die Regelungen zur Prüfung der Arbeitsmittel mit dem In-Kraft-Treten der Betriebssicherheitsverordnung teilweise außer Kraft gesetzt worden.
Etwas anders sieht es bei den noch gültigen arbeitsmittelspezifischen berufsgenossenschaftlichen Vorschriften aus, die im Vorschriftentext selbst Prüffristen enthalten. Diese Prüffristen sind noch gültig, bis die berufsgenossenschaftlichen Vorschriften zurückgezogen werden. Dabei handelt es sich um folgende Vorschriften: