Dipl.-Ing. Andreas Terboven
Vor der Erstellung einer Unfallstatistik müssen die Kriterien festgelegt werden, nach denen die Unfälle untersucht werden. Hier gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, von denen nicht alle ausgewählt werden müssen. Teilweise ist dies aufgrund von Informationsmangel auch nicht mehr möglich. Dies kann beispielsweise länger zurückliegende Unfälle betreffen oder Unfälle, deren Beteiligte nicht mehr im Unternehmen sind. Auch tödliche Unfälle, die ohne Zeugen verlaufen sind, lassen oftmals einige Fragen offen.
Im Folgenden werden einige Kriterien zur Erstellung einer Unfallstatistik vorgestellt und zwecks besserer Veranschaulichung jeweils anhand eines Beispiels genauer erläutert. Diese beispielhaften Grafiken sind fiktiv, haben jedoch durchaus einen Bezug zur Praxis.
Selbstverständlich sind bei der Erstellung einer Unfallstatistik für die einzelnen Unfallkriterien auch stets zusätzliche oder andere Merkmale möglich. Diese sind im Einzelfall den Gegebenheiten des Betriebs anzupassen.
3.1 Unfallort
Durch die Feststellung des Unfallorts lassen sich bestimmte lokale Unfallschwerpunkte ausfindig machen. Dies können einzelne Betriebsteile, aber auch – bei einer genaueren Betrachtung – spezielle Maschinen oder Anlagenteile sein. Dies wäre dann nicht mehr nur eine Feststellung des Unfallorts, sondern eine Betrachtung des Arbeitsbereichs. Der Unfallort ist nur bei Betrieben mit stationären Arbeitsplätzen zum Feststellen räumlicher Unfallkonzentrationen geeignet. Bei Betrieben mit häufigem örtlichen Wechsel (z. B. Bauwirtschaft) eignet sich dieses Kriterium nicht.
Abb. 1 ist zu entnehmen, dass sich deutlich mehr Unfälle in Halle A im Vergleich mit Halle B ereigneten. Hier müsste nun angesetzt und kritisch hinterfragt werden, warum dies so ist. Ist in beiden Hallen gleichviel gearbeitet worden? Sind die Tätigkeiten und Maschinen gleich?
In diesem Beispiel könnte eine weitere Aufschlüsselung, beispielsweise nach Maschinen, vorgenommen werden. Denkbar wäre z. B. das Eintragen der Unfälle in einen Lageplan der Hallen, auf denen die Arbeitsplätze oder Maschinen eingezeichnet sind.
Abb. 1: Unfallort
3.2 Unfallgegenstand
Der Unfallgegenstand bezeichnet den unfallauslösenden Gegenstand, dessen Vorhandensein, Orts- oder Zustandsänderung den vorgesehenen Betriebszustand oder ‐ablauf gestört und dadurch den Unfall ausgelöst hat.
Unfallgegenstand
Dies können ein abrutschendes Werkzeug, ein glatter Boden, aber auch Fahrzeuge oder Gase und Dämpfe (z. B. Gefahrstoffe) sein.
Die Eingruppierung in diese Kategorie ist mitunter schwierig, da nicht in jedem Fall zweifelsfrei erkennbar ist, was den Unfall ausgelöst hat. Gelegentlich können auch mehrere Gegenstände zu einem Unfall führen.
Abb. 2 ist zu entnehmen, dass sich die meisten Unfälle im Beispielunternehmen durch Flüssigkeiten ereignet haben. Hier müsste nun hinterfragt werden, wie die Unfälle passiert sind und um welche Art von Flüssigkeiten es sich handelt. Das können z. B. Gefahrstoffe (z. B. Säuren oder Laugen), unter Druck befindliche Flüssigkeiten oder heiße Flüssigkeiten sein.
Der Unfallgegenstand "Boden" könnte hier auf schlechte, weil zu glatte Bodenbeläge hinweisen. Häufig vorkommende Nässe kann ebenfalls dazu führen, dass der Boden der unfallauslösende Gegenstand ist. Abgelaufene Schuhe oder Schuhe mit falschen, d. h. zu glatten Sohlen sind eine weitere Möglichkeit, der in diesem Kontext nachgegangen werden sollte. In jedem Fall empfiehlt es sich, den Ursachen weiter auf den Grund zu gehen.
Die Unfälle mit Fahrzeugen können sich auf Wegeunfälle beziehen, es kann sich aber auch um Unfälle innerhalb des Firmengeländes handeln. Als Fahrzeuge kommen neben PKW und LKW auch Zweiräder, Flurförderzeuge oder andere in Betracht. Eine genauere Aufschlüsselung ist bei Bedarf möglich.
Abb. 2: Der Unfallgegenstand
3.3 Unfallvorgang
Der Unfallvorgang ist die Art des Zusammenwirkens von Unfallgegenstand und Mensch. Dies kann bedeuten, dass der Mensch die unfallbringende Bewegung machte (z. B. sich an einem feststehenden Gegenstand stieß) oder der unfallauslösende Gegenstand eine Bewegung ausführte. Dies wäre beispielsweise bei einem umherfliegenden Splitter der Fall.
Bei unserer beispielhaften Statistik wurden die meisten Unfälle durch "in Berührung kommen mit etwas" bzw. "einatmen" ausgelöst (vgl. Abb. 3). Hierbei dürfte es sich um die Flüssigkeiten handeln, die bereits in Abschnitt 3.2 als häufigster Unfallgegenstand auftraten.
Die Unfälle durch Stolpern, Ausgleiten oder Umknicken sind in der Statistik ebenfalls recht häufig. Diese Unfälle sind beim Unfallgegenstand "Boden" wiederum anzutreffen.
Abb. 3: Der Unfallvorgang
3.4 Verletzungsart
Bezüglich des Arbeitsschutzes, also der Verhinderung von Arbeitsunfällen, sagt die Art der Verletzung zunächst einmal nicht viel aus. Dieses Kriterium wird daher häufig zusammen mit anderen Merkmalen erhoben. Hier können dann durchaus Schlüsse gezogen werden. So weisen viele Stich- und Schnittverletzungen in einer Küche möglicherweise auf fehlende Schnittschutzhandschuhe beim Verarbeiten von Fleisch hin. Auch die Verwendung ...