Zusammenfassung

 
Überblick

Mit seinem Urteil vom 13.12.2018 hat das OLG Koblenz sehr grundsätzlich zu der Frage Stellung bezogen, ob ein Arbeitnehmer eines Dienstleisters, der auf dem Werksgelände eines anderen Unternehmens verunglückt, gegen diesen Unternehmer Schmerzensgeldansprüche geltend machen kann (Az. 1 U 296/18). Das Gericht erläutert zudem die Pflichten dieses Unternehmers gegenüber fremden Arbeitnehmern.

1 Sachverhalt

Der Kläger ist Angestellter der Firma B 2. Die Beklagte, die Rollläden herstellt, schloss am 21.1.2005 mit der Firma B 2 einen Vertrag über die turnusmäßige Wartung und Instandhaltung der Rauch- und Wärmeabzugsanlage (RWA-Anlage) an dem Betriebsgebäude der Beklagten. Seither führen Mitarbeiter der B 2 einmal jährlich die Wartungsarbeiten aus. Am 6.8.2013 sollte der Kläger mit einem Kollegen diese Wartungsarbeiten im Betrieb der Beklagten durchführen. Der Kläger war zuvor nicht bei Wartungsarbeiten in dem Betrieb der Beklagten eingesetzt worden.

Der Kläger und sein Kollege wurden von dem Betriebsleiter der Beklagten empfangen und ihnen wurde die zu prüfende RWA-Anlage in der Halle gezeigt. Der Kläger prüfte zunächst die RWA-Anlage im Inneren der Lagerhalle. Dann begab er sich mithilfe einer Leiter ohne Absturzsicherung auf das Dach der Halle, um dort die Thermoventile der Anlage zu überprüfen. Das Dach der Lagerhalle besteht aus Profilblechen, die von nicht trittsicheren Lichtbändern aus Plexiglas durchbrochen sind. Der Kläger trat auf dem Dach auf eines dieser Lichtbänder und stürzte etwa 9 m tief in die Halle, wo er auf den Asphaltboden aufschlug und sich schwerste Verletzungen zuzog. Er macht nun Schmerzensgeldansprüche gegen die Beklagte geltend.

2 Keine Ansprüche auf Schmerzensgeld

Das OLG Koblenz lehnte Ansprüche auf Schmerzensgeld ab: Bei dem im Jahr 2005 zwischen den Parteien abgeschlossenen Wartungsvertrag dürfte es sich – so das Gericht – zwar um einen sog. "Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" handeln, in dessen Schutzbereich auch der Kläger einbezogen war.

Das durch die Rechtsprechung entwickelte Institut des "Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter" beruht auf einer ergänzenden Vertragsauslegung und knüpft an den hypothetischen Willen der Parteien an. Danach können auch Personen, die nicht selbst Vertragspartner, jedoch einem von dem Vertrag besonders geschützten Personenkreis zuzurechnen sind, in die aus einem Vertrag folgenden Sorgfalts- und Schutzpflichten einbezogen werden. Den Besteller einer Werkleistung trifft die vertragliche Pflicht, alles ihm Zumutbare zu tun, um seinen Vertragspartner bei der Ausführung der Arbeiten vor Schaden zu bewahren. Stellt der Besteller ein Grundstück oder ein Arbeitsgerät für die Werkleistung zur Verfügung, erstreckt sich seine vertragliche Pflicht darauf, im Rahmen des Zumutbaren hiervon ausgehende Gefahren für den Vertragspartner zu vermeiden. Bei schuldhafter Verletzung der vertraglichen Schutzpflichten haftet der Besteller seinem Vertragspartner gemäß § 280 Abs. 1 BGB auf Schadensersatz.

Die Beklagte habe aber keine ihr gegenüber dem Kläger obliegenden Schutzpflichten verletzt, sie habe insbesondere nicht gegen das ArbSchG verstoßen. Die Zusammenarbeit mehrerer Arbeitgeber ist in § 8 ArbSchG geregelt. Nach § 8 Abs. 1 ArbSchG sind die Arbeitgeber verpflichtet, bei der Durchführung der Sicherheits- und Gesundheitsschutzbestimmungen zusammenzuarbeiten, wenn Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber an einem Arbeitsplatz tätig werden. Die Arbeitgeber haben sich gegenseitig und ihre Beschäftigten über die mit den Arbeiten verbundenen Gefahren zu unterrichten und Maßnahmen zur Verhütung dieser Gefahren abzustimmen. § 8 Abs. 2 ArbSchG regelt einen Spezialfall der Unterweisung: Demnach muss sich der Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeit vergewissern, dass die Beschäftigten anderer Arbeitgeber, die in seinem Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb angemessene Anweisungen erhalten haben. Für die Anwendbarkeit des § 8 ArbSchG ist es – so das Gericht weiter – ohne Belang, wie die Arbeitgeber untereinander rechtlich verbunden sind. Die Zusammenarbeit könne auch – wie vorliegend – auf einem Dienst- oder Werkvertrag beruhen und in dem Betrieb eines der beteiligten Arbeitgeber stattfinden.

Grundsätzlich bleibe es jedoch dabei, dass auch dann, wenn mehrere Unternehmer zusammenarbeiten, jeder Arbeitgeber für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz seiner eigenen Beschäftigten selbst verantwortlich ist (so z. B. auch das VG Stuttgart, Beschluss vom 13.10.2010 – 7 K 2625/10). Dies gilt natürlich auch für Außeneinsätze. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die drohenden Gefährdungen zu ermitteln und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Er ist es, der seinem Beschäftigten den Arbeitsplatz in dem Fremdbetrieb zuweist; daher muss er auch für die Sicherheit seines Beschäftigten dort einstehen. Die für seine Gefährdungsbeurteilung notwendigen Informationen muss er sich dabei von seinem Auftraggeber beschaffen.

3 Es muss nicht auf jede Gefahr hingewiesen werden

Das OLG bezieht in seine E...

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