10.1 Arbeitnehmerhaftung
Die Haftung des Beschäftigten gegenüber dem Unternehmer ist aufgrund der Rechtsprechung zur Arbeitnehmerhaftung bei allen Tätigkeiten eingeschränkt, die durch den Betrieb veranlasst sind und aufgrund des Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Dies gilt in gleichem Maße für die Ersatzpflicht des Beschäftigten gegenüber Dritten, z. B. Kunden des Arbeitgebers, die durch eine betriebliche Tätigkeit begründet ist (Tab. 2).
Anlass/Erläuterung |
Vorschrift |
Verstoß |
Rechtsfolgen |
Verursachen von Sachschäden beim Unternehmer |
§ 832 BGB |
Leicht fahrlässiges Handeln (Tun oder Unterlassen) |
keine Haftung |
Fahrlässiges Handeln (Tun oder Unterlassen) |
Aufteilung des Schadens zwischen Unternehmer und Beschäftigten (Einzelfallregelung) |
Grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln (Tun oder Unterlassen) |
Vollständiger Ersatz des Sachschadens; Ausnahmen sind im Einzelfall möglich, wenn eine vollständige Schadensersatzpflicht nach den Umständen grob unbillig wäre (z. B. Verhältnis des Einkommens zur Schadenshöhe). |
Tab. 2: Haftung des Arbeitnehmers für Sachschäden
Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass Schäden, die nicht mit der betrieblichen Tätigkeit zusammenhängen, auch vom Arbeitgeber nicht zu tragen sind.
Diebstahl
Ein Malergeselle wird allein zum Tapezieren einer Wohnung losgeschickt und entwendet aus einer Vitrine des Kunden eine wertvolle antike Münze. Der Münzdiebstahl steht in keinem inneren Zusammenhang mit der Wohnungsrenovierung. Der Betrieb würde in diesem Fall nur dann haften, wenn er gewusst hätte, dass der betreffende Mitarbeiter auch schon früher einmal "lange Finger gemacht" hatte und ein Sicherheitsrisiko darstellt, wenn man ihn unbeobachtet alleine arbeiten lässt.
10.2 Folgen aus dem Arbeitsvertrag
Die Einhaltung der Arbeitsschutzvorschriften gehört zu den wechselseitigen arbeitsvertraglichen Pflichten jedes Arbeitgebers und aller Beschäftigten. Dazu zählt für Vorgesetzte auch die ordnungsgemäße und vollständige Wahrnehmung der Unternehmerpflichten in den ihnen übertragenen Zuständigkeitsbereichen.
Bei Verstößen gegen diese Vertragspflichten (z. B. Weigerung, Persönliche Schutzausrüstungen zu benutzen) setzt sich der Beschäftigte arbeitsvertraglichen Konsequenzen aus. Diese können sein:
- Ermahnung,
- Abmahnung,
- Verwarnung/Verweis,
- Kündigung.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses als weitestreichende arbeitsvertragliche Maßnahme kommt nur bei gravierenden Verstößen mit besonders schweren Folgen oder im Wiederholungsfall nach vorausgegangener Abmahnung in Betracht.
Im umgekehrten Fall ist die Lage etwas komplexer. Der Arbeitnehmer kann, anders als etwa bei Lohn, Weihnachtsgeld oder Urlaubsgewährung den Arbeitgeber nicht vor dem Arbeitsgericht auf Leistung verklagen. So hat er z. B. keinen vertraglichen Anspruch darauf, dass der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung und daran anschließend eine Dokumentation anfertigt. Um dies zu erreichen, kann er lediglich betriebsintern auf diese Defizite hinweisen und auf Abhilfe warten. Sollten diese Korrekturen ausbleiben, bleibt ihm nur die Einschaltung der Aufsichtsbehörden oder in der Ultima Ratio – bei besonders schwerwiegenden Rechtsverstößen – die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts an seiner Arbeitskraft.