Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Etwa die Hälfte der tödlichen Arbeits- und Wegeunfälle sind Verkehrsunfälle. Daher stellen Verkehrsunfälle aus Sicht der Unfallversicherungsträger ein hohes Risiko dar, das in vielen Branchen die übrigen Arbeitsplatzrisiken bei Weitem übersteigt. Daher unterstützen sie in vielfältiger Weise Programme und Maßnahmen für eine höhere Sicherheit im Straßenverkehr, auch wenn dieser Bereich rechtlich gesehen weitgehend durch öffentliches Recht geregelt wird.
Der Bereich Ordnung und Sicherheit im Straßenverkehr stellt einen großen und differenzierten Bereich des öffentlichen Rechtes dar und ist Bundesrecht. Wesentlich sind v. a.:
- Straßenverkehrsgesetz (StVG): regelt die Grundlagen des Verkehrsrechtes, die in den nachgehenden Verordnungen ausgeführt werden;
- Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): regelt Verhalten im Verkehr, Verkehrsregeln, Verkehrszeichen, Bußgeldvorschriften;
- Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO): wird abgelöst, weil in diesem Teil das Verkehrsrecht konform mit entsprechenden EU-Regelungen neu strukturiert wird. Sie regelt zurzeit noch bestimmte Bereiche der Fahrzeugzulassung, z. B. die Hauptuntersuchung von PKW und soll in Zukunft in neue Teilverordnungen überführt werden;
- Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV) und Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) sind bereits neue Abkömmlinge der StVZO. Die FeV regelt die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr, Führerscheinfragen, das Zentrale Fahrerlaubnisregister (Flensburg) sowie die Fahreignungsbegutachtung (Medizinisch-psychologische Untersuchung MPU). Die FZV regelt grundlegende Fragen der Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr, An- und Abmeldungen, Kennzeichen, Sonderzulassungen usw.
Zusätzlich gibt es viele Schnittstellen mit anderen Rechtsbereichen, z. B. dem Straßenbau- und Planungsrecht, dem Gefahrgutrecht usw.
Innerhalb des Satzungsrechtes der Unfallversicherungsträger ist v. a. die DGUV-V 70 "Fahrzeuge" relevant, die den betrieblichen Einsatz von allen Arten von (nicht schienengebunden Land-)Fahrzeugen im Betrieb und im öffentlichen Verkehrsraum regelt. Sie enthält neben Bauvorgaben (z. B. für Spezialfahrzeuge) v. a. Betriebsvorschriften, z. B. die Eignung von Arbeitnehmern zum Führen von Fahrzeugen, nötige Einweisungen und Zustandskontrollen, Warnkleidung usw.
1 Daten zum Risiko Straßenverkehr
Folgende Daten zum Unfallrisiko im Straßenverkehr lassen sich aus der "Statistik Arbeitsunfallgeschehen 2019" der DGUV und den Angaben des Statistischen Bundesamtes entnehmen:
- ca. 60 % der tödlichen Arbeits- und Wegeunfälle (zusammen ca. 750) sind Verkehrsunfälle;
- ca. 13 % der angezeigten Arbeits- und Wegeunfälle (zusammen etwa 120.000) sind Verkehrsunfälle.
Zum Vergleich: Insgesamt verunglückten in Deutschland in 2019 ca. 28.000 Personen tödlich, davon
- 250 Personen bei der Arbeit (ohne Verkehrsunfälle),
- 3.161 Personen im Verkehr (davon 47 Kinder unter 16 Jahren),
- 12.436 im Haus (einbezogen sind Sturzunfälle alter Menschen),
- mehr als 11.000 Personen bei anderen Aktivitäten (v. a. in der Freizeit).
Insgesamt gesehen ist das Risiko eines tödlichen Verkehrsunfalls also deutlich höher als das eines tödlichen Arbeitsunfalls.
2 Technische Sicherheit
Für den sicheren Zustand eines Fahrzeuges sind sowohl Halter als auch Fahrer zuständig (ergibt sich aus öffentlichem wie BG-Recht).
2.1 Halter
Ist der Betrieb Halter von Fahrzeugen, muss er z. B. für folgende Punkte sorgen:
- ordnungsgemäße Instandhaltung (z. B. Reifenkontrolle, Beleuchtungsanlage);
- regelmäßige Prüfungen (nach § 57 DGUV-V 70 einmal jährlich, wobei die Hauptuntersuchung nach StVZO mitzählt);
- Reparaturen nur von fachkundigem Personal;
- geeignete Einrichtungen zur Ladungssicherung;
- ordnungsgemäße Zulassung des Fahrzeuges.
Zulassungsfragen bei Betriebsfahrzeugen, fahrenden Arbeitsmaschinen u. Ä.
Während bei Pkw die Zulassung meist keine besonderen Fragen aufwirft, müssen bei allen Arten von Sonderfahrzeugen oft Einzelfragen geklärt werden, wenn sie eine Straßenzulassung haben oder bekommen sollen, z. B. bezüglich Zuladungsgrenzen und Anhängerbetrieb, Anbaugeräten, Höchstgeschwindigkeit usw.
Auf keinen Fall sollten Arbeitsmaschinen oder Betriebsfahrzeuge ohne Straßenzulassung über öffentliche Verkehrsflächen bewegt werden, auch wenn es nur kurze Strecken sind. Im Falle eines Unfallschadens kann es zu unübersehbaren Kosten kommen, weil kein Versicherungsschutz besteht.
Ob Sonderausstattungen wie Navigationssysteme, Klimaanlagen oder besondere Sitze für betrieblich genutzte Fahrzeuge nötig sind, ist nicht pauschal geregelt und sollte über eine Gefährdungsbeurteilung entschieden werden. Ggf. ist eine erweiterte Sicherheitsausstattung sinnvoll, z. B.
- "Winterwerkzeug" wie Eiskratzer, Handfeger,
- Antirutschmatten,
- Taschenlampe,
- Warnleuchte,
- Feuerlöscher,
- Gurttrenner,
- Decke,
- "Notfallhandy", mit dem ein Notruf abgesetzt werden kann.
M&S-Reifenpflicht berücksichtigen
Seit 2010 ist auch in der StVO verankert, was vorher bereits in der Rechtsprechung gelebt wurde: Bei winterlichen Straßenverhältnissen darf ein Fahrzeug nur unterwegs sein, ...