Es gibt die Rechtspflicht zum richtigen Tun. In der Folge entsteht für den Verantwortlichen eine Pflichtverletzung bei "falschem Tun" und bei "Nichtstun" (Unterlassen). Eine Pflichtverletzung kann Haftung begründen. Im Haftungsrecht gilt der Grundsatz "keine Haftung ohne Verschulden". Er findet sich grundsätzlich im Zivilrecht wie im Strafrecht.
- Strafrecht: Täter → Tun oder Unterlassen → Schuldvorwurf → schuldhafter Eingriff in Rechte eines Dritten → tatbestandlicher Erfolg
- Zivilrecht: Schädiger → Tun oder Unterlassen → Schuldvorwurf → schuldhafter Eingriff in Rechte eines Dritten → Schaden
Ein und derselbe Sachverhalt kann gleichzeitig mehrere Rechtsfolgen hervorrufen. So sind bei einem Unfall mit Körperverletzungen folgende Konsequenzen möglich:
- öffentlich-rechtlich, z. B. in Form einer Ordnungsstrafe oder einer Strafe nach dem StGB,
- privatrechtlich, z. B. in Form von Schadensersatzansprüchen.
1.4.1 Öffentlich-rechtliche Rechtsfolgen
Ordnungswidrigkeiten
Das ArbSchG hält Bußgeldvorschriften bereit für vorsätzliche oder fahrlässige Zuwiderhandlung gegen Rechtsverordnungen, die aufgrund des ArbSchG erlassen wurden, soweit sie dort für einen bestimmten Tatbestand mit Bußgeld bedroht sind. Die Verordnungen, wie ArbStättV, BaustellV, BetrSichV oder GefStoffV führen derartige Tatbestände auf. Für den Fall, dass durch vorsätzliche Handlung Leben oder Gesundheit eines Beschäftigten gefährdet werden, droht das ArbSchG mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe.
Straftatbestände
Im Unterschied zum Bußgeldverfahren oder zur zivilrechtlichen Haftung kommt strafrechtlich nicht nur eine Geldstrafe, sondern schlimmstenfalls eine Haftstrafe in Betracht. Bei einem Verstoß dürfte es sich jeweils um ein Unterlassen handeln (StGB § 13). Strafbar ist es, einen Erfolg nicht abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört, wenn der Rechtsverpflichtete dafür einzustehen hat, dass der Erfolg, also das Verwirklichen eines Tatbestandes, nicht eintritt.
Tatbestände für eine strafrechtliche Verantwortung können sein:
- fahrlässige Tötung gemäß § 222 StGB (durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht),
- fahrlässige Körperverletzung gemäß § 229 StGB (durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht),
- Baugefährdung gemäß § 319 StGB (Verstoß gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik).
1.4.2 Privatrechtliche Rechtsfolgen
Unterschieden werden
- Haftung aus Vertrag: Haftung besteht grundsätzlich nur zwischen den vertragsschließenden Parteien. Sie haben sich im Vertrag zur Einhaltung von Rechten und Pflichten verständigt. Kommt eine Partei ihren vereinbarten Pflichten schuldhaft nicht oder nur mangelhaft nach, kann sich hieraus eine Haftung gegenüber dem Vertragspartner ergeben.
- Gefährdungshaftung: Gefährdungshaftung setzt kein Verschulden (Verschuldenshaftung) voraus. Sie beruht darauf, dass der Ersatzpflichtige bei einer erlaubten Tätigkeit eine Gefährdung seiner Umgebung herbeiführt, z. B. Gefährdungshaftung des Kraftfahrzeughalters, des Arzneimittelherstellers, des Herstellers von (fehlerhaften) Produkten.
- Haftung aus Delikt: Schadensersatzpflicht nach § 823 ff. BGB.
Schadensersatzpflicht
Die Vernachlässigung oder Missachtung der Verkehrssicherungspflichten ist mit einer Verpflichtung zum Schadensersatz gegenüber dem Verletzten bzw. Geschädigten verbunden. Hier greift als zentrale gesetzliche Haftungsgrundlage § 823 BGB:
Absatz 1: "Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet."
Voraussetzung ist das Vorliegen einer Verletzungshandlung. Eine Verletzungshandlung liegt vor bei jeder nachteiligen Beeinträchtigung der aufgeführten Rechte oder Rechtsgüter. Die Haftung belastet die am Bau Beteiligten mit dem Risiko, bei Nichtbeachtung öffentlich-rechtlicher oder zivilrechtlicher Pflichten dem Verletzten bzw. Betroffenen den entstandenen Schaden ersetzen zu müssen.
Absatz 2: "Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt."
Schutzgesetze sind solche Gesetze, aus denen sich der Schutz Dritter vor Gefahren ergibt. Sie finden sich z. B. in § 222 StGB (fahrlässige Tötung), wonach es verboten ist, andere durch Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt an ihrem Leben zu gefährden. Zu den Schutzgesetzen gehören auch das ArbSchG und die BaustellV.
1.4.3 Versicherungen
Versicherungen helfen bei Ansprüchen von Personen, die zu Schaden kamen. Beispiele sind
- Bauherrenhaftpflichtversicherung: versichert werden Gefahren, die von den Bauarbeiten oder dem Bauvorhaben an sich ausgehen,
- Bauleistungsversicherung: versichert werden Beschädigungen oder die Vernichtung von Baumaterialien oder Bauleistungen während der Bauzeit,
- Berufshaftpflicht für Architekten und Ingenieure,
- Betriebs-Haftpflichtversicherung für Bauunternehmer.
Eine Besonderheit ist die Ablösung der Unternehmerhaftpflicht durch die gesetzliche Unfallversicherung. Mit ihrer Be...