1.1 Definition
Besorgnisgrundsatz
Für den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen gilt der Besorgnisgrundsatz. Daher "müssen Anlagen zum Lagern, Abfüllen, Herstellen und Behandeln … sowie Anlagen zum Verwenden wassergefährdender Stoffe … so beschaffen sein und so errichtet, unterhalten, betrieben und stillgelegt werden, dass eine nachteilige Veränderung der Eigenschaften von Gewässern nicht zu besorgen ist" (§ 62 Abs. 1 WHG).
Wassergefährdende Stoffe
Wassergefährdende Stoffe sind "feste, flüssige und gasförmige Stoffe und Gemische, die geeignet sind,… nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen" (§ 2 AwSV), dazu gehören z. B. Säuren, Laugen, Benzin, Diesel, Heizöl, Altöl, Chromate, Cyanide. Der Begriff "Stoffe" beinhaltet also auch Gemische. Wassergefährdende Stoffe werden entsprechend ihrer Gefährlichkeit in sog. Wassergefährdungsklassen (WGK) eingeteilt (§ 3 AwSV):
- WGK 3: stark wassergefährdend,
- WGK 2: deutlich wassergefährdend,
- WGK 1: schwach wassergefährdend.
Als "allgemein wassergefährdend (awg)" werden z. B. Jauche, Gülle und Silage eingestuft, "nicht wassergefährdend" (nwg) sind Stoffe und Gemische, die als Lebensmittel bzw. als Tierfutter (außer Siliergut und Silage) dienen (§ 3 Abs. 2 und 3 AwSV).
Gefährdungspotenzial einer Anlage mit wassergefährdenden Stoffen
Das Gefährdungspotenzial einer Anlage hängt ab vom maßgebenden Volumen bzw. der maßgebenden Masse und der Gefährlichkeit der in der Anlage vorhandenen wassergefährdenden Stoffe sowie der hydrogeologischen Beschaffenheit und Schutzbedürftigkeit des Aufstellungsortes, z. B. Wasserschutzgebiet, Überschwemmungsgebiet (Gefährdungsstufe der Anlage nach § 39 AwSV).
Wassergefährdungsklasse erfragen oder selbst einstufen
Falls die WGK eines Stoffes oder Gemischs nicht bekannt ist, muss zunächst von der höchsten Gefährlichkeit ausgegangen werden. Der "Stoff" ist daher als stark wassergefährdend (WGK 3) einzustufen, entsprechende Schutzmaßnahmen sind dann erforderlich. Um Aufwand und Kosten gering zu halten, empfiehlt es sich, die WGK beim Hersteller zu erfragen und das Sicherheitsdatenblatt anzufordern. Wenn der "wassergefährdende Stoff" noch nicht eingestuft ist, können Hersteller oder Verwender auch eine Selbsteinstufung vornehmen, die dann von der Kommission zur Bewertung wassergefährdender Stoffe übernommen werden kann. Die Einstufung von Stoffen und Gemischen regeln §§ 4–11 sowie Anlage 1 und 2 AwSV; die Selbsteinstufung muss dokumentiert werden.
1.2 Verantwortung des Arbeitgebers
Nach § 5 Abs. 1 WHG muss generell jede Person, also auch der Unternehmer "eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften" vermeiden. Dies schließt auch Maßnahmen ein, die das Grundwasser schützen (§ 48 WHG) oder die im Fall von Hochwasser verhindern, dass wassergefährdende Stoffe freigesetzt werden. Anforderungen bestehen hierbei sowohl für das Lagern, Zwischenlagern und Ablagern von Stoffen, den Umgang als auch für das Befördern von Flüssigkeiten und Gasen in Rohrleitungen. Nicht nur aus dem Wasserrecht ergeben sich Pflichten für den Unternehmer, sondern auch aus dem Bodenrecht. Nach § 4 Abs. 1 BodSchG muss sich jeder so verhalten, "dass schädliche Bodenveränderungen nicht hervorgerufen werden".
1.2.1 Gewässerschutzbeauftragten bestellen
Die Behörde kann anordnen, dass Betreiber von Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird, einen Betriebsbeauftragten für Gewässerschutz bestellen müssen. Besteht ein hohes Gefährdungspotenzial durch wassergefährdende Stoffe, kann es sinnvoll sein, einen Gewässerschutzbeauftragten zu bestellen, auch wenn dies von der Behörde nicht gefordert wird. Aufgaben des Gewässerschutzbeauftragten sind u. a., die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen und Vorschläge zur Verminderung des Gefährdungspotenzials zu unterbreiten (vgl. § 65 WHG).
1.2.2 Gefährdungsbeurteilung
Die Beurteilung der Gefährdung durch wassergefährdende Stoffe sollte Teil der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG bzw. § 6 GefStoffV sein. Fachkraft für Arbeitssicherheit und Gewässerschutzbeauftragter, wenn vorhanden, sollten hier Hand in Hand arbeiten. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung müssen alle Betriebszustände von Anlagen berücksichtigt werden, auch mögliche Betriebsstörungen und damit zusammenhängende Leckagen, bei denen wassergefährdende Stoffe austreten können.
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1.2.3 Betriebsanweisung, Merkblatt und Unterweisungen
Für Anlagen ab Gefährdungsstufe B muss eine Betriebsanweisung erstellt und den Beschäftigten zugänglich gemacht werden. Unterweisungen müssen regelmäßig durchgeführt werden. Für A-Anlagen, Eigenverbrauchstankstellen und Heizölverbraucheranlagen (z. B. auch Diesel-Notstromaggregate) genügt dagegen ein Merkblatt zu Betriebs- und Verhaltensvorschriften, Vorlagen liefern Anlage 3 bzw. 4 AwSV.
1.2.4 Anlagendokumentation
Für alle AwSV-Anlagen – auch für nicht-prüfpflichtige – wird eine Anlagendokumentation gefordert. Die Dokumentation muss folgende Angaben enthalten (§ 43 AwSV):
- Aufbau und Abgrenzung der ...