Prof. Dr. Rainer von Kiparski †
1.1 Definitionen
Arbeitsmittel können sein: Werkzeuge, Maschinen, Geräte, Anlagen. Zu den Anlagen zählen auch die überwachungsbedürftigen Anlagen, z. B. Druckbehälter, Dampfkessel, Aufzüge. Für die überwachungsbedürftigen Anlagen gibt es besondere Anforderungen an die regelmäßig durchzuführenden Prüfungen.
Regelmäßige Prüfungen sind Ermittlungen des Ist-Zustands und der Vergleich mit dem Soll-Zustand eines Arbeitsmittels oder einer überwachungsbedürftigen Anlage hinsichtlich der sicheren Funktion und Bedienbarkeit und die Bewertung eventuell anfallender Abweichungen vom geforderten Zustand.
Zur Prüfung befähigte Person im Sinne der Betriebssicherheitsverordnung ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Fachkenntnisse zur Prüfung von bestimmten Arbeitsmitteln verfügt.
1.2 Hintergrund
Arbeitsmittel können während ihrer Benutzung unterschiedlichen Belastungen und Verschleiß ausgesetzt sein. Sie verändern sich durch die normale Abnutzung und Alterung im Laufe der Zeit. Durch unsachgemäße Bedienung können Arbeitsmittel überlastet werden. Witterungs- oder Schadstoffeinflüsse können übermäßige Korrosion bewirken, elektronische Sicherheitseinrichtungen können Fehlfunktionen auslösen oder gänzlich ausfallen. Aber auch unsachgemäß durchgeführte Reparaturen oder bauliche Änderungen können dazu führen, dass ein bestimmungsgemäßer Betrieb des Arbeitsmittels nicht mehr gegeben ist. Fehlende oder unsachgemäße Instandhaltung kann zu Einschränkungen, im schlimmsten Fall zum Ausfall von sicherheitsrelevanten Bauteilen, Betätigungs- und Sicherheitseinrichtungen führen.
1.3 Unfälle
Bei den folgenden Unfallbeispielen ist die Frage der erforderlichen regelmäßigen Prüfungen im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen erörtert worden:
Seilriss
Auf einer Baustelle in Neustadt a. d. Donau ereignete sich ein Betriebsunfall mit zwei schwer verletzten Personen. Ein 49-jähriger Kraftfahrer lieferte mit dem Betonmischer Beton zur Baustelle. Der Beton wurde in einen Mitfahrerkrankübel gepumpt, der an einem Seil eines Kranes hing. Während dieser Umladung stand der Fahrer des Betonmischers auf seinem Fahrzeug am Trichter. Auf der Plattform des Mitfahrerkrankübels stand ein 36-jähriger Arbeiter.
Nachdem der befüllte Kübel vom Kran angehoben wurde, riss plötzlich das Tragseil des Krans. Der Krankübel stürzte mitsamt Beschäftigten ab, schlug dabei auf dem Trichter des Betonmischers auf und traf den Fahrer. Dieser erlitt dadurch lebensgefährliche Kopfverletzungen, der auf dem Krankübel stehende Mann mittelschwere Verletzungen.
Zur Klärung der Ursache hat die Kriminalpolizei die Ermittlungen aufgenommen. Zudem war ein Sachverständiger vor Ort. Nach den ersten Ermittlungen waren Mängel am Tragseil ursächlich für den Seilriss und Absturz des Krankübels.
Hebebandriss
Schwere Verletzungen erlitt ein 42-jähriger Mann bei einem Arbeitsunfall auf einer Baustelle in Münsingen. Der 42-Jährige war gegen 10.15 Uhr mit einem Stampfer im Kanalschacht der Baustelle beschäftigt, als mit einem Bagger eine Rüttelmaschine in die Baugrube abgelassen werden sollte. Der Rüttler war dabei mittels einer Transportschlinge, einem sog. Schlupf, am Baggerarm angeschlagen. Beim Ablassen der Maschine riss jedoch plötzlich die Befestigungsschlinge, worauf die Rüttelmaschine in die Baugrube fiel. Der 42-Jährige, der einen Schutzhelm trug, wurde von der Maschine an verschiedenen Körperregionen getroffen. Dabei zog er sich schwere Verletzungen zu, die seine Einlieferung in die Albklinik erforderlich machten.
Den bisherigen Feststellungen zufolge hat möglicherweise Materialermüdung oder ein Materialfehler dazu geführt, dass die Transportschlinge riss und es zu dem Unfall kam.
Ausfall einer Sicherheitseinrichtung
Ein 34-jähriger Spenglermeister beseitigte an einem Einfamilienhaus in Kranzberg verschiedene Sturmschäden und hatte sich dazu eine Hebebühne ausgeliehen. Nach Beendigung seiner Arbeiten senkte er die Hebebühne wieder ab, wobei ein Bolzen der Arretierung des Arbeitskorbes abgebrochen ist. Dadurch klappte der Arbeitskorb nach hinten weg und der Spenglermeister stürzte aus ca. 1 Meter zu Boden. Dennoch wurde er dabei am Rücken schwer verletzt und ins Krankenhaus eingeliefert.
Von der Polizei wurde die Hebebühne sichergestellt und ein technisches Gutachten wegen des Bolzenbruchs in Auftrag gegeben. Gegen den 43-jährigen Hebebühnenverleiher wird wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung ermittelt.
1.4 Verantwortung von Arbeitgeber und Führungskräften
Die Verantwortung für den Arbeitsschutz im Unternehmen (Fürsorgepflicht) und damit auch für die Organisation der regelmäßigen Prüfungen von Arbeitsmitteln, ist eine der Grundpflichten des Arbeitgebers. § 10 Betriebssicherheitsverordnung konkretisiert diese Grundpflicht. Diese Verantwortung beinhaltet auch die Pflicht, die für die regelmäßigen Prüfungen erforderlichen zur Prüfung befähigten Personen festzulegen. Die notwendige Befähigung kann sehr unterschiedlich sein, je nachdem, um welches Arbei...