Dipl.-Ing. Andreas Terboven
1.1 Definition
Die Kennzeichnung von Fluchtwegen und Notausgängen beinhaltet die Ausstattung von Arbeitsstätten mit Hinweisschildern, die den Beschäftigten bei Gefahr den Verlauf des Fluchtweges anzeigt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass im Fall einer Gefahr stets der richtige Fluchtweg genommen werden kann. Diese Hinweisschilder geben die direkte Fluchtrichtung zum nächstgelegenen gesicherten Bereich an. Der gesicherte Bereich ist entweder ein anderer Brandabschnitt innerhalb des Gebäudes oder Bereiche außerhalb des Gebäudes, in dem Personen durch den Gefahrenfall nicht mehr beeinträchtigt werden.
1.2 Hintergrund
Fluchtwege, Notausgänge, Notausstiege und Türen im Verlauf von Fluchtwegen müssen deutlich erkennbar und dauerhaft gekennzeichnet werden. Die Kennzeichnung ist im Verlauf des Fluchtweges an gut sichtbaren Stellen und innerhalb der Erkennungsweite anzubringen. Sie muss die Richtung des Fluchtweges anzeigen. Das bedeutet, dass die Hinweisschilder in geeigneter Höhe – fest oder beweglich – anzubringen sind und die Beleuchtung (natürlich oder künstlich) am Anbringungsort ausreichend ist. Besonders in lang gestreckten Räumen (z. B. Fluren) sollen Rettungs- bzw. Brandschutzzeichen in Laufrichtung jederzeit erkennbar sein. Die Hinweisschilder für Notausgangstüren sollten sinnvollerweise über den Türen angebracht werden, sodass sie auch noch bei geöffneter Tür erkennbar sind. Das Anbringen der Fluchtwegekennzeichnung darf nicht auf Türflügeln erfolgen, da die Richtungsangaben bei geöffneten Türflügeln nicht mehr erkennbar sein können bzw. in die falsche Richtung weisen.
Ist eine Sicherheitsbeleuchtung nicht vorhanden, muss auf Fluchtwegen die Erkennbarkeit der dort notwendigen Rettungs- sowie Brandschutzzeichen durch Verwendung von langnachleuchtenden Materialien auch bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung für eine bestimmte Zeit erhalten bleiben. Die Dauer der Erkennbarkeit bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung ist in der Gefährdungsbeurteilung festzulegen, muss jedoch mindestens 30 Minuten betragen. Auch wenn die Sicherheitsfarben Rot und Grün im nachleuchtenden Zustand nicht dargestellt werden können, bleiben graphisches Symbol und geometrische Form erhalten und es besteht ein Sicherheitsgewinn gegenüber den nicht langnachleuchtenden Sicherheitszeichen.
Sicherheitszeichen müssen aus solchen Werkstoffen bestehen, die gegen die Umgebungseinflüsse am Anbringungsort widerstandsfähig sind. Bei der Auswahl der Werkstoffe sind u. a. mechanische Einwirkungen, feuchte Umgebung, chemische Einflüsse, Lichtbeständigkeit, Versprödung von Kunststoffen sowie Feuerbeständigkeit zu berücksichtigen.
Bei der Auswahl der Rettungszeichen ist der Zusammenhang zwischen der Erkennungsweite und der Größe des Hinweisschildes zu berücksichtigen. Die Hinweisschilder müssen die Mindestgrößen gemäß Tab. 1 aufweisen.
Für dauerhaft innenbeleuchtete Rettungsschilder verdoppelt sich die Erkennungsweite.
Maximale Erkennungsweite (in m) |
Rettungszeichen (Höhe in mm) |
0,5 |
12,5 |
2 |
25 |
5 |
50 |
10 |
100 |
15 |
150 |
20 |
200 |
30 |
300 |
Tab. 1: Mindestgrößen von Rettungszeichen
1.3 Unfall- und Berufskrankheitsgeschehen
Das Unfall- und Berufskrankheitsgeschehen aufgrund fehlender Kennzeichnung der Fluchtwege und Notausgänge ist schwierig darzustellen. Sollte in einem Notfall (Brand) die Evakuierung eines Gebäudes – auch aufgrund der Beschilderung der Fluchtwege – problemlos funktioniert haben, so wird niemand den Sinn und die Notwendigkeit der Kennzeichnung in Zweifel stellen. Da diese Notfälle jedoch eher die Ausnahme und nicht die Regel darstellen, bleibt der Kennzeichnung der Fluchtwege und Notausgänge in den meisten Fällen dieser Nutzen versagt. Dennoch zeigt die Zahl von 120.000 Bränden pro Jahr im gewerblichen Bereich, dass hier durchaus ein Risiko besteht, welches nicht zu unterschätzen ist.
1.4 Verantwortung von Arbeitgeber und Führungskräften
Grundsätzlich ist stets der Unternehmer für den Arbeitsschutz verantwortlich. Gemäß § 21 DGUV-V 1 muss der Unternehmer Maßnahmen ergreifen, die es den Mitarbeitern bei unmittelbarer erheblicher Gefahr ermöglichen, sich durch sofortiges Verlassen der Arbeitsplätze in Sicherheit zu bringen. Die Arbeitsstättenverordnung sowie die ASR A1.3 und ASR A2.3 schreiben die Kennzeichnung von Fluchtwegen und Notausgängen vor.
Ferner hat der Arbeitgeber durch regelmäßige Kontrolle und ggf. erforderliche Instandhaltungsarbeiten dafür zu sorgen, dass Einrichtungen für die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung wirksam sind. Dies gilt auch für Leuchtzeichen sowie langnachleuchtende Materialien. Die zeitlichen Abstände der Kontrollen richten sich nach der Gefährdungsbeurteilung.
1.5 Folgen von Verstößen
Die Folgen von Verstößen gegen die Kennzeichnung von Fluchtwegen und Notausgängen zeigen sich oftmals erst im Notfall, dann aber auf dramatische Art und Weise. Nämlich dann, wenn im Brandfall aufgrund fehlender Kennzeichnung der Fluchtwege nicht sämtliche Personen das Gebäude gefahrlos verlassen konnten.
1.6 Kosten und Nutzen der Schutzmaßnahme
Die Erstellung einer Kosten-Nutzen-Analyse ist bei der Anschaffung einer Kennzeichnung von Fluchtwegen praktisch nicht möglich. Ebenso wie bei anderen Einrichtungen, die für den Not...