Zusammenfassung

 
Überblick
  • Für Menschen, die überwiegend am Schreibtisch arbeiten, spielt die ergonomische Qualität der Bürodrehstühle eine große Rolle in der Prävention von Wirbelsäulenerkrankungen. Zwar ist der Hinweis berechtigt, dass Bewegung die beste Prävention ist. Ungeeignete Stühle werden über die vielen sitzend verbrachten Stunden aber trotzdem zu einer wesentlichen Belastung.
  • Der Markt für Büroarbeitsstühle ist schwer überschaubar, mit stark variierenden Preis-Leistungs-Verhältnissen. Es gibt zu wenig objektivierbare Kriterien, nach denen Stühle, z. B. nach Katalog, beschafft werden könnten. Eine kompetente Beratung und Erprobung sind unerlässlich.
  • Die Kriterien, die gute Bürodrehstühle erfüllen müssen, wechseln mit den persönlichen Bedürfnissen der Benutzer (Größe, Körperbau, Gewicht), den Anforderungen des Arbeitsplatzes (z. B. CAD-Zeichnen oder Schreibdienst) und dem Bürokonzept, z. B. Desksharing.
  • Mangelndes Wissen, Planung und Sorgfalt bei der Beschaffung führen regelmäßig zu Fehlinvestitionen in ungeeignete Stühle, teure Einzelbeschaffung und unzufriedene Beschäftigte.
  • Eine gute Auswahl von Bürostühlen und die Mitentscheidung erleben die Beschäftigten als Wertschätzung ihrer Person und Arbeitskraft – ein wichtiger Faktor in einer guten Mitarbeiterbeziehung.
  • Gute Bürodrehstühle sind in aller Regel nicht unter einer gewissen Preisschwelle zu haben. Sehr teure Modelle sind allerdings nicht automatisch besonders empfehlenswert. Oft stehen dann Design und Name im Vordergrund.
  • Ohne ausgiebige Erprobung, z. B. Teststellung oder Pilotprojekt, sollte kein Stuhl in den Betrieb gelangen.
  • Neben der guten Beratung durch Hersteller und Fachhandel sind aber auch die eigenen Experten, wie Sicherheitsfachkräfte und Betriebsärzte, einzubinden. Auch die BGen, allen voran die Verwaltungs-BG, informieren und beraten.
  • Ein transparenter Beschaffungsplan, der Anforderungskriterien und eine bestimmte Modell- oder Variantenauswahl festhält, hilft den Einkauf von Bürostühlen unabhängiger von Begehrlichkeiten, Statusüberlegungen usw. zu machen.

1 Details

1.1 Definitionen

Die systemergonomischen Zusammenhänge beim Bürodrehstuhl sind:

  • Der Bürostuhl muss sich dem Menschen anpassen und nicht umgekehrt.
  • Der Bürostuhl muss sich für die gestellte Arbeitsaufgabe eignen.
  • Der Mitarbeiter muss mitgenommen werden und seinen Nutzen erkennen.
  • Der Bürostuhl muss dem Mitarbeiter in seiner richtigen Nutzung bekannt sein.
  • Der Bürostuhl muss auf den Arbeitstisch und die Arbeitsmittel abgestimmt sein.
 
Wichtig

Gesetzmäßigkeiten des Menschen berücksichtigen

Optimale Leistung entsteht nur dann, wenn nicht nur die Gesetze der Technik, sondern auch die physiologischen und psychologischen Gesetzmäßigkeiten der Menschen berücksichtigt werden. Wer dagegen verstößt, mindert deren Leistung und provoziert Krankheiten und Fehlzeiten.

Dynamische Sitzkonzepte sind Stuhlmechaniken, die die natürliche Bewegung des Menschen im Sitzen durch ein dynamisches Sitzträgersystem ermöglichen. Ein statisches Sitzen ist nicht möglich. Die Dynamik wird i. d. R. durch den Einsatz der folgenden grundlegenden Konzepte erreicht:

  • Kipp-Prinzip,
  • Ball-Prinzip,
  • Pendel-Prinzip,
  • bzw. andere dynamische Wirkmechanismen wie Luftkammern oder kinematische Lösungen.

Das Sitzträgersystem verfügt sowohl in der vorderen, mittleren als auch in der hinteren Sitzhaltung über eine passend abgestimmte Rückenlehnenmechanik. Diese trägt dem Drang nach Abstützung durch eine feststellbare Rücklehne Rechnung.

Dabei ist das Individualprinzip zu berücksichtigen, d. h., die individuellen Bedürfnisse der Nutzer weichen abhängig von körperlichen Voraussetzungen und Anforderungen des Arbeitsplatzes voneinander ab. Qualität und Eignung von Bürodrehstühlen können deshalb nicht völlig objektiv und standardisiert beurteilt werden, sondern immer nur unter Berücksichtigung arbeitsplatz- und benutzerbezogener Kriterien.

1.2 Hintergrund

Die rechtlich vorgeschriebenen Anforderungen an Bürostühle sind sehr gering. Anhang 3.3 Abs. 2 Arbeitsstättenverordnung fordert bei "ganz oder teilweise sitzend zu verrichtender Arbeit", dass "Sitzgelegenheiten zur Verfügung zu stellen" sind. Alles Weitere bleibt der Gestaltungsfreiheit des Herstellers und der branchenspezifischen Normung überlassen (DIN EN 1335), an der sich die Hersteller mehr oder weniger orientieren.

Tatsächlich ist es so, dass der Markt an Büroarbeitsstühlen extrem weit gefächert ist, ohne dass festgelegt ist, welche Funktionen obligatorisch sind, um zuträgliche Arbeitsbedingungen zu erzielen. Hilfreich sind Hinweise der BGen, insbesondere der Verwaltungs-BG. Neben den absoluten Grundvoraussetzungen, wie

  • 5 Rollen,
  • Höhenverstellbarkeit,
  • Dämpfung (Tiefenfederung),
  • Polsterung und
  • Neigungsverstellung der Rückenlehne,

kann heute mit aller gebotenen Zurückhaltung eine gut ausgeführte Dynamikfunktion (gewichtsangepasste Permanentkontaktlehne oder synchrone Verstellung von Rückenlehnen- und Sitzflächenneigung) sowie dynamische Sitzkonzepte als Stand der Technik gelten. Üblich sind vielfach auch Sitztiefenverstellungen, höhenver...

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