1.1 Definition und Hintergrund
Die Gefährdungsbeurteilung dient der Prävention: Gefährdungen werden systematisch ermittelt, bewertet und Maßnahmen zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten festgelegt. Bei einer Erstbeurteilung werden alle Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten auf mögliche Gefährdungen untersucht. Eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung ist u. a. erforderlich bei:
- allen betrieblichen Veränderungen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten beeinflussen können, z. B. Einsatz neuer Stoffe bzw. neuer Maschinen und Anlagen, neuer Verfahren, Einrichten neuer Arbeitsplätze, Umgestaltung von Arbeits- und Verkehrsbereichen, Änderung der Arbeitsorganisation und/oder der Tätigkeitsabläufe u. Ä.;
- Instandsetzungsarbeiten, die die Sicherheit beeinflussen, z. B. Arbeiten an Gas- und Hochdruckleitungen;
- Ermitteln von Art, Umfang und Fristen für die Prüfung von neuen Arbeitsmitteln und Festlegen von Anforderungen an Prüfpersonal;
- Arbeitsunfällen, Beinaheunfällen sowie Berufskrankheiten und Fehlzeiten, die wegen Gesundheitsbeeinträchtigungen am Arbeitsplatz entstanden sind;
- Änderung bestehender bzw. Inkrafttreten neuer Rechtsvorschriften;
- Änderungen des Standes der Technik;
- Störfällen, z. B. dem unbeabsichtigten Austritt von Stoffen in die Umwelt.
Und schließlich müssen im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung auch Alter und Alterungsprozess der Beschäftigten und damit z. B. die ergonomische alters- und alternsgerechte Gestaltung von Arbeitsmitteln berücksichtigt werden (§ 3 BetrSichV). Geeignete Maßnahmen können sich sowohl auf die Arbeitsplatzgestaltung (Ergonomie, Arbeitsmittel) als auch auf die Arbeitsgestaltung (Aufgaben, Arbeitszeit, Arbeitstempo) beziehen.
1.2 Verantwortung des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber ist nicht nur zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet, er muss die festgelegten Maßnahmen auch an veränderte Gegebenheiten im Unternehmen anpassen und eine Verbesserung für Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten anstreben. Die Gefährdungsbeurteilung stellt somit einen kontinuierlichen Prozess dar, der in ein bestehendes Managementsystem eingebunden sein sollte. Nur so ist gewährleistet, dass die festgelegten Maßnahmen auf die aktuelle Situation im Unternehmen abgestimmt sind, geltende Rechtsvorschriften eingehalten und der aktuelle Stand von Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene berücksichtigt wird. In der Gefährdungsbeurteilung sollte festgelegt sein, wie die Aktualisierung gewährleistet wird. Änderungen sind zu dokumentieren.
1.3 Kosten und Nutzen
Der finanzielle und zeitliche Aufwand für die Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung rechnet sich – ebenso wie die Erstbeurteilung – insofern, als im Schadensfall z. B. bei Unfällen oder dem Auftreten von Berufskrankheiten nachgewiesen werden kann, dass gesetzliche Vorgaben eingehalten werden. Wird Gefährdungsbeurteilung als kontinuierlicher Prozess verstanden und umgesetzt, so werden Unfälle, krankheitsbedingte Fehlzeiten und Störungen im Betrieb reduziert und betriebliche Abläufe optimiert. Durch den Einsatz neuer Stoffe bzw. Maschinen und Anlagen kann das Gebot zur Einhaltung des Stands der Technik sowie die Verbesserung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten erfüllt werden. Das Unternehmen kann Kosten senken, Ressourcen schonen und die Umweltbelastung reduzieren. Von der Verpflichtung zur Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung profitieren Arbeitgeber und Beschäftigte also gleichermaßen.
1.4 Folgen von Verstößen
Wird die Gefährdungsbeurteilung nicht aktualisiert und hat dieses Versäumnis Folgen, wie z. B. Unfälle oder Gesundheitsschäden, können unterschiedliche Rechtsbereiche betroffen sein:
- Strafrecht, z. B. Tatbestände Körperverletzung oder Tötung bei Arbeitsunfällen;
- Ordnungswidrigkeitenrecht, z. B. Verstöße gegen Unfallverhütungsvorschriften, die wegen veränderter Bedingungen nicht eingehalten wurden. Eine Ordnungswidrigkeit wird mit Bußgeld bis zu 25.000 EUR geahndet;
- Zivilrecht, z. B. bei Arbeitsunfällen an einem veränderten oder neuen Arbeitsplatz.