1.1 Definition
Der Arbeitgeber ist nach § 5 ArbSchG verpflichtet, durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
1.2 Hintergrund
Die Gefährdungsbeurteilung soll es dem Unternehmer erleichtern, Schwachstellen in seinem Unternehmen aufzuspüren, besonders an der Schnittstelle zwischen Mensch und Technik. Mit dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung lassen sich
- Unfallgefahren reduzieren,
- Gefährdungen abbauen, die Ursache von Berufskrankheiten sein können,
- arbeitsbedingte Erkrankungen vermeiden,
- Arbeitsabläufe optimieren,
- Ausfallzeiten reduzieren,
- Kosten senken und
- die Qualität der Produkte sichern und verbessern.
§ 15 DGUV-V 1 verpflichtet die Beschäftigten dazu, nach ihren Möglichkeiten sowie gemäß der Unterweisung und Weisung des Arbeitgebers für ihre Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit sowie für Sicherheit und Gesundheitsschutz derjenigen zu sorgen, die von ihren Handlungen oder Unterlassungen betroffen sind.
Die Beschäftigten müssen den Arbeitgeber gemeinsam mit dem Betriebsarzt und der Fachkraft für Arbeitssicherheit dabei unterstützen, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu gewährleisten und seine Pflichten entsprechend den behördlichen Auflagen zu erfüllen. Daraus lässt sich ableiten, dass die Beschäftigten auch die Gefährdungsbeurteilung unterstützen sollen.
1.3 Verantwortung von Arbeitgeber und Führungskräften
Die Verantwortung für den Arbeitsschutz trägt immer der Arbeitgeber. Sie wird aber im Rahmen einer Pflichtenübertragung in vielen Unternehmen zumindest teilweise an die Führungskräfte delegiert. Diese Verantwortung beinhaltet auch die Pflicht, eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdungen durchzuführen (Gefährdungsbeurteilung). Damit wird ermittelt, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
Die Beurteilung muss je nach Art der Tätigkeiten vorgenommen werden. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend. Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch:
- die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes;
- physikalische, chemische und biologische Einwirkungen;
- die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit;
- die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken;
- unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten.
Kenntnisse der Mitarbeiter nutzen
Nur wenn Sie Ihre Mitarbeiter bei der Gefährdungsbeurteilung beteiligen, können Sie alle möglichen Gefährdungen beurteilen und geeignete Maßnahmen treffen. Keiner kennt die Arbeitplätze und Tätigkeiten besser als die Mitarbeiter selbst. Nutzen Sie dies!
1.4 Folgen von Verstößen
Kommen Sie als Arbeitgeber oder Führungskraft Ihren Pflichten im Arbeitsschutz nicht nach, kann das finanzielle und strafrechtliche Folgen haben:
- Verstöße gegen die Vorgaben des Arbeitsschutzgesetzes können mit Geldbußen bis zu 25.000 EUR oder – in schweren Fällen (z. B. Vorsatz) – mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet werden.
Die Haftung des Arbeitgebers für die Folgekosten von Arbeitsunfällen (Behandlungskosten, Unfallrenten) ist generell beschränkt. Dennoch kann der Arbeitgeber von den Sozialversicherungsträgern (Berufsgenossenschaften) auch für die Übernahme der Folgekosten herangezogen werden, wenn der Arbeitsunfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde.
1.5 Kosten und Nutzen der Schutzmaßnahme
Die Beteiligung der Mitarbeiter an der Gefährdungsbeurteilung bedeutet zunächst organisatorischen Aufwand. Am besten informieren Sie die Mitarbeiter zunächst über das Vorhaben, eine Gefährdungsbeurteilung für deren Arbeitsplatz oder deren Tätigkeiten durchzuführen. Erläutern Sie dabei, dass es um die Verbesserung der Sicherheit der Mitarbeiter geht.
Die Mitarbeiter können auf unterschiedliche Weise beteiligt werden:
- Sie können z. B. Zettel mit vorgefertigten Tabellen ausgeben, in die die Mitarbeiter mögliche Gefährdungen eintragen können. Erfahrungsgemäß ist der Rücklauf stark von der Sicherheitskultur im Unternehmen abhängig.
- Besser geeignet sind persönliche Gespräche mit den Mitarbeitern. Hier öffnen sich die Mitarbeiter eher. Es ist sehr viel einfacher, Gefährdungen verbal zu beschreiben und ggf. vor Ort zu zeigen, als diese aufzuschreiben.
Die Beteiligung an der Gefährdungsbeurteilung schafft bei den Mitarbeitern ein Bewusstsein für Sicherheit und Gesundheitsschutz. Maßnahmen, die im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung definiert werden, finden bei der Umsetzung und Einhaltung eine höhere Akzeptanz bei den Beschäftigten, wenn diese bei der Erarbeitung beteiligt wurden.