1.3.1 Information der Aufsichtsbehörden

Sofort nach Kenntnisnahme muss der Arbeitgeber – möglichst unter Verwendung eines amtlichen Vordrucks – die zuständige Aufsichtsbehörde (staatliche Ämter für Arbeitsschutz, Gewerbeaufsichtsämter) informieren (§ 27 Abs. 1 Satz 3 MuSchG). Unterlässt er dieses, handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit (§ 32 Abs. 1 Nr. 11 MuSchG). Ansonsten hat der Arbeitgeber den Umstand der Schwangerschaft vertraulich zu behandeln.

1.3.2 Gefährdungsbeurteilung

Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass Leben und Gesundheit von Mutter und Kind durch die Tätigkeit der Arbeitnehmerin nicht gefährdet werden. Sofort nach Kenntnisnahme von der Schwangerschaft muss er deswegen die Arbeitsbedingungen der schwangeren Frau nach Art, Ausmaß und Dauer von möglichen Gefährdungen beurteilen und dabei die speziellen Beschäftigungsbeschränkungen und -verbote für schwangere Frauen beachten.

Nach § 10 Abs. 1 MuSchG muss der Arbeitgeber bei jeder Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG bzw. § 3 ArbStättV die ausgeübte Tätigkeit auch daraufhin überprüfen,

  • ob und ggf. in welchem Ausmaß sich Risiken für schwangere oder stillende Frauen ergeben können,
  • ob deswegen spezielle Schutzmaßnahmen erforderlich sind,
  • ob gar eine Umgestaltung des Arbeitsplatzes erforderlich wird oder
  • ob – sozusagen "als letztes Mittel" – ein Beschäftigungsverbot erforderlich wird.
 
Wichtig

Gefährdungsbeurteilung

Während bis Ende des Jahres 2017 eine Gefährdungsbeurteilung mutterschutzrechtlicher Art nur erforderlich wurde, wenn an einem konkreten Arbeitsplatz eine Mutterschaft aufgetreten ist, müssen nun die Gefährdungsbeurteilungen aller Arbeitsplätze im Unternehmen vorsorglich unter mutterschutzrechtlichen Aspekten ergänzt werden. Erfolgt das nicht, ist ein Bußgeld nach § 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG in Höhe von 5.000 EUR fällig.

Der Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) hat hierzu seine erste Regel im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl.) veröffentlicht (AfMu-Regel (MuSchR) 10.1.23: Gefährdungsbeurteilung). Sie unterstützt Arbeitgebende bei der Durchführung der mutterschutzrechtlichen Gefährdungsbeurteilung. Diese Regeln haben den Status der Vermutungswirkung, d. h., Arbeitgebende können davon ausgehen, dass bei Einhaltung der Regeln die im Gesetz gestellten Anforderungen auch erfüllt sind.

Je nach Ergebnis dieser Beurteilung müssen nach § 10 Abs. 3 MuSchG und § 13 Abs. 1 MuSchG ggf. Schutzmaßnahmen festgelegt und umgesetzt werden, deren Reihenfolge gesetzlich vorgeschrieben ist. Das können sein:

  • die – ggf. teilweise – Umgestaltung des Arbeitsplatzes durch Schutzmaßnahmen,
  • eine – ggf. zeitweilige – Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz oder
  • ein Beschäftigungsverbot.

Der Arbeitgeber kann seine Aufgaben nach § 9 Abs. 5 MuSchG an zuverlässige und fachkundige Personen delegieren.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, schwangere oder stillende Frauen, andere beschäftigte Arbeitnehmerinnen sowie den Betriebs- oder Personalrat über die Ergebnisse der Beurteilung der Arbeitsbedingungen und die daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen zu unterrichten (§ 14 MuSchG). Weisungen, die der Arbeitgeber in diesem Zusammenhang erteilt, sind selbstverständlich bindend. Verstöße dagegen haben arbeitsrechtliche Konsequenzen.

1.3.3 Allgemeine Beschäftigungsbeschränkungen bzw. -verbote

Im Rahmen des Mutterschutzes gelten erhebliche Beschäftigungsbeschränkungen und -verbote. Die Schutzfristen für das absolute Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG betragen 6 Wochen vor der Entbindung bzw. 8 Wochen nach der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG). Die letztgenannte Schutzfrist verlängert sich bei Früh- und Mehrgeburten bzw. der Geburt eines i. S. d. § 2 Abs. 1 SGB IX behinderten Kindes auf 12 Wochen.

In dieser Zeit darf die schwangere Frau bzw. die Frau, die gerade entbunden hat, nur beschäftigt werden, wenn sie dies ausdrücklich will. Diese Erklärung kann sie jederzeit widerrufen.

 
Wichtig

Weiterarbeit während des absoluten Beschäftigungsverbots

Arbeitet die schwangere Frau in dieser Zeit einfach weiter, ohne eine entsprechende Erklärung abzugeben, kann der Arbeitgeber nur von einer entsprechenden Willenserklärung der Arbeitnehmerin ausgehen, wenn er sie zuvor ausdrücklich über deren Recht, das Beschäftigungsverbot in Anspruch zu nehmen, aufgeklärt hat. Das sollte unbedingt schriftlich erfolgen und zu Belegzwecken in der Personalakte dokumentiert werden!

Darüber hinaus sind individuelle Beschäftigungsverbote, die ein Arzt festzulegen hat, möglich (§ 16 Abs. 1 MuSchG). Die Arbeitnehmerin muss allerdings ein entsprechendes ärztliches Zeugnis vorlegen.

Der Sechs-Wochen-Zeitraum ist – da der Geburtstermin nur ungefähr bestimmt werden kann – ebenfalls lediglich ungefähr bestimmbar. Für die Berechnung ist der Termin zugrunde zu legen, der dem ärztlichen Attest entnommen werden kann. Das Risiko einer möglichen Verlängerung durch eine spätere Geburt trägt der Arbeitgeber, das Risiko einer früheren Geburt die Arbeitnehmerin.

Weitere Verbote sind zu beachten. Hierbei handelt es sich u. a. um:

  • Verbot der Nachtarbeit (20.00 Uhr bis 6.00 Uhr), Mehrarbeit (über 8,5 Stunden/Tag) sowie Sonn- und Feiertagsarbeit;
  • Verbot schwerer körperl...

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