2.1 Intentionen der AMS-Standards
Der Nationale (deutsche) Leitfaden für Arbeitsschutz-Managementsysteme (NLA) ist ein Ergebnis der in den 1990er-Jahren verstärkten Diskussion der Thematik Arbeitsschutzmanagement sowie der in England, Australien und Neuseeland bereits vorliegenden Normen für Arbeitsschutz-Managementsysteme. In Deutschland gab es Bestrebungen unterschiedlichster Gruppen (Bundesländer, Unfallversicherungsträger, Verbände etc.), eigene, auf die Besonderheiten der jeweiligen Gruppen zugeschnittene AMS-Leitfäden zu entwickeln. Diesen drohenden Wildwuchs versuchten die Entwickler des NLA mit einem gemeinsamen AMS-Standard zu kanalisieren. Die Bundesländer und die Unfallversicherungsträger erhielten die Möglichkeit, unterhalb des NLA spezifische Leitfäden zu schaffen. Eine weitere Intention war die Weiterentwicklung der "Kontrolle" durch die staatlichen Ämter und die Unfallversicherungsträger hin zu einer Systemprüfung und Steigerung der Wirksamkeit. Da eine Normung von AMS nicht gewünscht war, wurde auch eine Zertifizierung nach dem NLA ausgeschlossen.
SCC entstand in der Petrochemischen Industrie. Vor allem bei Revisionen wurden viele Kontraktoren beauftragt, deren Sicherheitsstandard häufig unter dem der Auftraggeber lag. Die Konsequenz waren vergleichsweise viele Unfälle, höhere Gefährdungen für die eigenen Beschäftigten, teilweise verlängerte Stillstände und Imageverluste. Die Lösung, bei den möglichen Kontraktoren Audits durchzuführen, war sehr aufwändig. Deshalb wurde ein einheitliches "Auditsystem" zur Begutachtung von Kontraktoren und später auch von Personaldienstleistern entwickelt. Die primäre Intention von SCC ist die Einschätzung der Arbeitsschutzfähigkeit eines Kontraktors, bevor er beauftragt wird (Pre-qualification of Contractor).
Wesentliche Intentionen der Entwicklung einer internationalen Norm für Arbeitsschutz-Managementsysteme waren:
- international einheitliche Anforderungen an ein Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA-MS) zu schaffen;
- ein Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit zu beschreiben, das im Einklang steht mit der Grundstruktur anderer, in der Praxis relevanter Managementsysteme;
- einen Rahmen bereitzustellen, um SGA-Risiken zu reduzieren;
- Organisationen (Unternehmen) in die Lage zu versetzen, sichere und gesundheitsgerechte Arbeitsplätze bereitzustellen, arbeitsbedingte Verletzungen und Erkrankungen zu vermeiden und ihre SGA-Leistung fortlaufend zu verbessern;
- eine anerkannte Grundlage für die Begutachtung (Zertifizierung) von AMS zu schaffen.
2.2 Zielgruppe der AMS-Standards
Für eine bestimmte Zielgruppe wurde lediglich das Sicherheits-Certifikat-Contraktoren (SCC und SCP) entwickelt. Primäre Zielgruppe des SCC sind Kontraktoren. Beim SCP sind es die Personaldienstleister. Beide Zielgruppen können auch ein AMS gemäß den Handlungshilfen ihrer Berufsgenossenschaft aufbauen und dieses von ihrer BG begutachten lassen. In diesem Fall sollte das Unternehmen jedoch prüfen, ob den Kunden diese Bescheinigung ausreicht – die Einkäufer mancher ausländischer Kunden kennen diese Möglichkeit nicht und erkennen sie dann auch nicht an. Inwieweit die 3 AMS-Standards Zielgruppen adressieren zeigt Tab. 1.
AMS-Standard |
Betriebsgröße |
Branche |
externe Forderung/Erwartung |
Nationaler (deutscher) Leitfaden für AMS |
beliebig |
Handlungshilfen der Berufsgenossenschaften berücksichtigen branchenspezifische Besonderheiten |
bedingt bei kleineren Kontraktoren (bg-liche oder behördliche Begutachtung kann Zertifizierung nach SCC ersetzen) |
Sicherheits-Certifikat-Contraktoren (SCC/SCP) |
beliebig |
"rustikale" Branchen: vor allem Kontraktoren und Personaldienstleister, insbesondere des Baugewerbe und des Ausbaugewerbes |
ist der wesentlichste Anstoß nur zu empfehlen, wenn der Kunde SCC fordert oder honoriert |
ISO 45.001:2018/ DIN ISO 45.001:2018 |
beliebig |
beliebig |
ist beim Umstieg von der OHSAS 18.001 ein wichtiges Argument kann durch eine Zertifizierung erfüllt werden |
Tab. 1: Differenzierung nach spezifischen Merkmalen der Zielgruppe
2.3 Zugrundeliegendes AMS-Verständnis
Den 3 bedeutendsten AMS-Standards liegt – u. a. durch die unterschiedlichen Zeiträume der Entwicklung der Standards – ein durchaus abweichendes Verständnis von Arbeitsschutz und von einem Managementsystem zugrunde (vgl. Tab. 2).
AMS-Standard |
Verständnis von Arbeitsschutz |
Managementsystem-Verständnis |
Nationaler (deutscher) Leitfaden für AMS |
klassischer Arbeits- und Gesundheitsschutz |
qualitätssicherungsorientiertes Verständnis eines Managementsystems (alte QMS-Norm) |
Sicherheits-Certifikat-Contraktoren (SCC/SCP) |
branchenspezifischer (eher rustikaler) Arbeitsschutz klassischer Arbeits- und Gesundheitsschutz |
einfaches Managementsystem |
ISO 45.001:2018/DIN ISO 45.001:2018 |
umfassende Sicht:
- Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
- Schutz der eigenen Mitarbeiter, der entliehenen Mitarbeiter sowie ggf. der Mitarbeiter der Partnerfirmen
|
Beachtung der Grundstruktur und der Begrifflichkeiten der High Level Structure zeitgemäßes Managementsystemverständnis |
Tab. 2: Zugrundeliegendes AMS-Verständnis
2.4 Anforderungen an ein AMS
Die Intentionen des A...