Zusammenfassung
Unter Prävention versteht man im Arbeits- und Gesundheitsschutz, das Auftreten von Krankheiten oder Gesundheitsbeeinträchtigungen durch gezielte Interventionsmaßnahmen weniger wahrscheinlich zu machen bzw. zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Prävention zielt zudem darauf ab, Beschäftigte zu befähigen, gesundheitsgefährdende Risikofaktoren zu erkennen und zugleich ihre gesundheitsrelevanten Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern.
Mit dem Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) hat durch ein erweitertes Verständnis von Arbeits- und Gesundheitsschutz ein Paradigmenwechsel zu einem präventiven Arbeitsschutz stattgefunden:
"Maßnahmen des Arbeitsschutzes … sind Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren einschließlich Maßnahmen der menschengerechten Gestaltung der Arbeit" (§ 2 Abs. 1 ArbSchG). Außerdem schreibt das ArbSchG vor, dass der Arbeits- und Gesundheitsschutz als kontinuierlicher Verbesserungsprozess zu organisieren ist.
Im § 20 SGB V ist der gesetzliche Auftrag der Krankenkassen zur primären Prävention und Gesundheitsförderung verankert, durch vorgesehene Leistungen zur Verminderung von Krankheitsrisiken sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten. Der Leitfaden Prävention formuliert die Handlungsfelder und Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Qualitätssicherung und -entwicklung sowie zur Umsetzung der §§ 20, 20a und 20b SGB V.
Zur grundlegenden Verbesserung der Zusammenarbeit von Sozialversicherungsträgern, Ländern und Kommunen wurde im Juli 2015 zudem das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und Prävention (Präventionsgesetz – PrävG) verabschiedet.
1 Theoretische Fundierung und Abgrenzung zur Gesundheitsförderung
Zur Erklärung von Gesundheit und Krankheit existieren zahlreiche Modelle. Da in der Prävention die Entstehung sowie Risikofaktoren von Krankheit im Fokus stehen, stellt neben dem biomedizinischen Modell (Pathogenese) das Risikofaktorenmodell als bestimmendes Modell für Krankheitsentstehung die theoretische Fundierung dar. Das Modell bildet die Grundlage vieler Präventionsansätze, welche darauf abzielen, durch die Vermeidung von Risikofaktoren das Auftreten von Erkrankungen zu verhindern. Die Zielgruppe von Prävention stellen demnach Risikoträger oder bereits Erkrankte dar.
Im Gegensatz zum Risikofaktorenmodell legen das Salutogenese-Modell und das Systematische Anforderungs-Ressourcen-Modell den Schwerpunkt sowohl auf die Entstehung und Förderung von Gesundheit als auch auf die grundlegenden Modelle der Gesundheitsförderung. Im Vordergrund steht somit nicht die Vermeidung von Risikofaktoren, sondern gesunderhaltende Schutzfaktoren sowie Ressourcenstärkung. Die Zielgruppe ist demnach etwas weiter gefasst und umfasst im Großen und Ganzen die Gesamtbevölkerung.
Prävention und Gesundheitsförderung zielen gleichermaßen darauf ab, einen individuellen sowie kollektiven Gesundheitsgewinn zu ermöglichen. Beide Interventionsformen können ergänzend verstanden werden. Je nach Situation ist die eine oder andere angemessen und erfolgversprechender.
2 Arten der Prävention
In der Prävention werden verschiedene zeitliche Stufen und Ansätze unterschieden:
- Primärprävention: Primärprävention umfasst Maßnahmen, die vor dem Erstauftreten eines unerwünschten Zustands durchgeführt werden, und zielt auf die Entstehungsverhinderung von Krankheit. Maßnahmen für Arbeitgeber können die Beseitigung oder Verringerung von Risiken und Gefahren am Arbeitsplatz sein, bevor die Gefährdungen bzw. Belastungen wirksam werden. Sie zielen auf sichere und gesundheitsgerechte Verhältnisse am Arbeitsplatz. Dies gilt für die Verhältnisse am Arbeitsplatz, aber auch für das Verhalten der Mitarbeiter durch bspw. die Schaffung ergonomischer Arbeitsplätze oder das Angebot von Präventionskursen vor Ort.
- Sekundärprävention: Sekundärprävention zielt auf die Früherkennung von Krankheit von scheinbar gesunden Personen. Erkrankte sollen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erkannt werden, um so eine frühzeitige Therapie einleiten zu können. Maßnahmen können z. B. Vorsorgeuntersuchungen oder Screenings sein (auch am Arbeitsplatz).
- Tertiärprävention: Tertiärprävention richtet sich an bereits Erkrankte und zielt auf die Verhütung von Krankheitsverschlechterung und Rückfällen sowie auf die Vermeidung von Folge- und Begleiterkrankungen. Ist eine Erkrankung bereits eingetreten, dann sollte geklärt werden, ob der Mitarbeiter durch Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation seine Arbeitskraft erhalten und ein möglicher Rückfall durch technische Maßnahmen verhindert werden kann. Die Maßnahmen haben das Ziel, die Verschlimmerung eines Gesundheitsproblems zu vermeiden und gleichzeitig die Fortführung beruflicher Tätigkeit zu ermöglichen. Im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (§ 167 SGB IX) ist der Arbeitgeber seit Mai 2004 zur Mitarbeit verpflichtet.
Eine eindeutige Trennung zwischen diesen 3 Präventionsbereichen ist nicht immer möglich. Der Begriff Prävention wird zunehmend in zusammeng...