Zusammenfassung
Sensibilisierende Stoffe (Gefahrenklasse nach § 3 GefStoffV: Sensibilisierung der Atemwege oder der Haut) sind Stoffe, die bei der Aufnahme über die Haut oder die Atemwege eine spezifische Überempfindlichkeit hervorrufen können. Diese Überempfindlichkeit ist abhängig von der Intensität des Kontaktes mit der Haut oder den Atemwegen. Nachdem eine Sensibilisierung gegenüber einem bestimmten Stoff festgestellt wurde, reichen oft schon kleine Mengen aus, um eine Reaktion hervorzurufen. Charakteristische Störungen sind dann z. B. Bindehautentzündung, Heuschnupfen, Asthma bronchiale oder allergische Kontaktekzeme. Um festzustellen, gegen welche/n Stoff/e eine Sensibilisierung besteht, ist der zuständige Facharzt bzw. Betriebsarzt hinzuzuziehen.
Neben der Gefahrstoffverordnung sind insbesondere die folgenden Technischen Regeln für Gefahrstoffe grundlegend
- TRGS 401 "Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen"
- TRGS 402 "Ermitteln und Beurteilen der Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen: Inhalative Exposition"
- TRGS 406 "Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege"
- TRGS 907 "Verzeichnis sensibilisierender Stoffe und von Tätigkeiten mit sensibilisierenden Stoffen"
1 Grundlagen
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach § 5 Arbeitsschutzgesetz hat der Unternehmer die Pflicht, im Hinblick auf die eingesetzten Stoffe Art, Ausmaß und Dauer der Exposition der Mitarbeiter zu ermitteln und zu beurteilen. Stellt sich im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung heraus, dass die eingesetzten Stoffe eine sensibilisierende Wirkung haben, müssen die Mitarbeiter darüber informiert werden.
Sowohl Gefahrstoffe als auch biologische Arbeitsstoffe können sensibilisierend an den Atemwegen sein. Atemwegsensibilisierende Gefahrstoffe müssen ins Gefahrstoffverzeichnis, derart wirkende biologische Arbeitsstoffe (i. d. R. Schimmelpilze und einige Bakterien) ins Biostoffverzeichnis aufgenommen werden.
Der Arbeitgeber muss nach § 6 und § 7 Abs. 3 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) prüfen, ob für den verwendeten Stoff ein Ersatzstoff verfügbar ist, der weniger gesundheitsgefährlich ist.
Substitution kann erfolgen durch:
- Ersatzstoffe, z. B. puderfreie und allergenarme Latexhandschuhe, weniger sensibilisierende Desinfektionsmittel mit vergleichbar guter Wirksamkeit, Hölzer mit geringerem Sensibilisierungspotenzial oder Harzsysteme, die weniger sensibilisierend sind
- Emissionsarme (Ersatz-)Verfahren
- Expositionsarme Verwendungsformen, wie z. B. Pellets, Granulate, Pasten
Sensibilisierung trotz Einhalten der Grenzwerte
Auch wenn Arbeitsplatzgrenzwerte für Gefahrstoffe eingehalten werden, ist eine sensibilisierende Wirkung möglich.
2 Schutzmaßnahmen
Nach § 7 Abs. 4 GefStoffV ist die Gefährdung von Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten durch die eingesetzten Stoffe zu minimieren. Bei Stoffen, die sensibilisierend über die Atemwege wirken, ist dies besonders wichtig. Kontakt mit der Haut ist möglichst zu vermeiden. Entsprechende Schutzkleidung, Handschuhe und Arbeitsmittel sind vom Arbeitgeber bereitzustellen.
2.1 Maßnahmen für den Umgang mit atemwegsensibilisierenden Stoffen (vgl. TRGS 406)
2.1.1 Technisch
- ggf. geschlossene Anlagen mit örtlicher Absaugung
- geeignete Be- und Entlüftungsmaßnahmen
- Luftbewegungen verhindern
- Arbeitsräume und Arbeitsmittel mit leicht zu reinigenden Oberflächen
- räumliche Trennung von anderen Betriebsteilen, z. B. Einkapselung in Kabinen, mit leichtem Unterdruck gegenüber den übrigen Arbeitsbereichen
- geeignete Arbeitsmittel wählen
- keine Rückführung abgesaugter Luft bei Tätigkeiten mit atemwegsensibilisierenden Arbeitsstoffen
- ggf. Dusch- und Umkleidegelegenheiten zur Verfügung stellen
2.1.2 Organisatorisch
- Unterweisungen regelmäßig durchführen, u. a. anhand von Betriebsanweisungen
- Beschränkung der Anzahl anwesender Personen
- nur benötigte Arbeitsstoffe und Arbeitsmittel in Arbeitsbereichen aufbewahren und verwenden
- möglichst Einwegausrüstungen benutzen
- nach unbeabsichtigter Freisetzung reinigen, lüften oder sonstige geeignete Maßnahme durchführen
- verschmutzte Geräte erst nach dem Reinigen in andere Arbeitsbereiche bringen
- zum Reinigen keine Aerosol erzeugenden Verfahren anwenden, wie Abblasen mit Druckluft, Hochdruckreinigen oder Fegen, sondern feucht reinigen, Adsorptionsmittel oder Entstauber (möglichst Klasse M) verwenden, dazu Betriebsanweisung erstellen
- verunreinigte Arbeitsbereiche und Arbeitsmittel arbeitstäglich reinigen
- verunreinigte Putz-, Adsorptions- und Reinigungsmittel in geschlossenen Behältern aufbewahren und sachgerecht entsorgen
- Produkte möglichst erst nach Ablauf der chemischen Reaktion weiterverarbeiten, z. B. nach der Aushärtung von Kunststoffen
- Sensibilisierende Stoffe müssen in gekennzeichneten, möglichst bruchsicheren und wiederverschließbaren Behältern aufbewahrt werden.
- Herstellervorgaben und Sicherheitsdatenblatt beachten
- Bedingungen, wie Feuchtigkeit, Temperaturen und Nährstoffe, so gestalten, dass biologische Arbeitsstoffe nicht unbeabsichtigt wachsen bzw. sich vermehren
- ggf. verschimmelte Arbeitsmittel und Arbeitsstoffe reinigen bzw. entsorgen
- bei gezielten Arbeiten eine Exposition...