Was ist ein Gesundheitszirkel?
Für einen begrenzten Zeitraum finden etwa 8–12 Treffen in einer betrieblichen Arbeitsgruppe von max. 10–15 Teilnehmern statt, mit denen in ausgewählten Bereichen des Unternehmens das Know-how der Beschäftigten genutzt wird, um Arbeitsqualität, Mitarbeiterzufriedenheit, Betriebsklima und die Identifikation mit dem Unternehmen zu verbessern.
Ziele von Gesundheitszirkeln
Ziele von Gesundheitszirkeln sind i. d. R.:
- Reduzierung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren und Belastungen,
- Reduzierung von verhaltensbedingten Arbeitsunfällen,
- Identifizierung und Stärkung von Ressourcen,
- Verbesserung der Arbeitsabläufe,
- Verbesserung der Arbeits- und Produktqualität,
- Verbesserung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitern oder Mitarbeitern und Vorgesetzten.
Gesundheitszirkel: Beteiligte
Die Zusammensetzung von Gesundheitszirkeln kann unterschiedlich sein. In der Praxis haben sich 2 Modelle etabliert.
Die häufiger genutzte Variante, das Düsseldorfer Modell hat eine Hierarchie übergreifende Zusammensetzung mit max. 10–15 Teilnehmern.
Das Modell bietet den Vorteil, dass
- breites Know-how einbezogen wird und
- die Akzeptanz erarbeiteter Maßnahmen und Lösungen gefördert wird.
Ein Nachteil der hierarchieübergreifenden Besetzung ist es, dass Problemstellungen an der Mensch-Mensch-Schnittstelle möglicherweise nicht offen diskutiert und bearbeitet werden können.
Teilnehmer sind i. d. R.:
- Beschäftigte des Bereichs,
- Meister/direkte Vorgesetzte,
- Sicherheitsfachkraft,
- Betriebsrat,
- Betriebsarzt,
- Betriebs- oder Abteilungsleiter.
Die Mitarbeiter-Vertreter werden so ausgewählt, dass sie die verschiedenen Arbeitsplatz-Typen vertreten. Je nach Situation kann es sinnvoll sein, weitere Personen einzubeziehen, z. B. Frauen- oder Behinderten-Beauftragte. Bestimmte Teilnehmer können auch nur zeitweise an den Sitzungen teilnehmen, z. B. Betriebs- oder Abteilungsleiter.
Wenn es um persönliches Verhalten, wie Stressbewältigung, Führungsverhalten oder um Konflikte geht, kann eine homogen zusammengesetzte Gruppe, das Berliner Modell, d. h. nur Mitarbeiter oder nur Vorgesetzte es erleichtern, offen zu sprechen und Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. Häufig werden die beiden Modelle im Zeitverlauf kombiniert.
Wichtig ist die Leitung des Zirkels durch einen speziell geschulten Moderator, der den Beteiligten gegenüber neutral ist und den Kontakt zum unternehmensinternen Steuergremium hält, z. B. dem Arbeitsschutz-Ausschuss oder dem Arbeitskreis Gesundheit. Häufig wird ein externer Moderator gewählt. Die Wahl eines externen Moderators bietet den Vorteil, dass keine internen Abhängigkeiten bestehen und heikle Themen besser anerkannt und ernst genommen werden. Interne Moderatoren kennen den Betrieb besser und können ggfs. auf eine gezieltere Gestaltung des Zirkels einwirken.
Gesundheitszirkel: Ablauf und Vorgehen
Die Arbeit der Gesundheitszirkel kann in verschiedene Phasen eingeteilt werden:
Phase 1: Vor Beginn
Entscheidend für Akzeptanz und Gelingen der Zirkel-Arbeit ist es, frühzeitig alle direkt und indirekt Beteiligten zu informieren und das grundsätzliche Einverständnis des Unternehmens für die Umsetzung von Vorschlägen einzuholen. So werden häufig Mitarbeiter des ausgewählten Bereichs per Fragebogen zu den Arbeitsanforderungen und gesundheitlichen Beschwerden befragt.
Phase 2: Durchführung des Gesundheits-Zirkels
In der ersten Sitzung informiert der Moderator über Ziele und Vorgehensweisen von Gesundheits-Zirkeln. Er stellt außerdem z. B. die Ergebnisse des Gesundheitsberichtes, der Mitarbeiter-Befragung oder andere relevante Daten vor.
In den ersten der meist 5–10 Sitzungen in Abständen von 2–3 Wochen geht es darum, Arbeitsanforderungen zu analysieren, die die Gesundheit beeinträchtigen. Danach werden Verbesserungsvorschläge entwickelt und nach Wichtigkeit der Umsetzung und geschätzten Kosten in eine Rangfolge gebracht. I. d. R. "produzieren" Gesundheitszirkel 30–50 Verbesserungsvorschläge. Ausgesprochen wichtig ist die interne Öffentlichkeitsarbeit. Von jeder Sitzung wird ein Protokoll für die Beteiligten erstellt. Alle Beschäftigten des Arbeitsbereichs erhalten eine Zusammenfassung und werden gebeten, Meinungen und Ideen an den Zirkel weiterzugeben.
Phase 3: Umsetzung der Verbesserungsvorschläge
Aus motivatorischen Gründen ist es günstig, dass die ersten Verbesserungen schon während der Zirkel-Laufzeit erfolgen oder kurz nach deren Ende. Erfahrungsgemäß besteht bei den Beteiligten eine relativ kurzfristige Umsetzungserwartung. In verschiedenen Untersuchungen ergab sich eine erfreulich hohe Umsetzungsrate. Ein halbes Jahr später waren i. d. R. 50 % der Vorschläge schon umgesetzt oder in Angriff genommen, unabhängig davon wie kostenintensiv sie waren!
Phase 4: Auswertung und Präsentationen
Bei den Zirkel-Beteiligten und den anderen Beschäftigten des Arbeitsbereichs wird die Zufriedenheit mit den Ergebnissen und mit der Arbeit erfragt. Bei Untersuchungen konnte eine hohe Zufriedenheit festgestellt werden. Um Transparenz zu gewährleisten und Akzeptanzprobleme zu vermeiden, sollten die (Zwischen-) Ergebnisse vorgestellt werden. In jedem Fall sollten eine Abschluss-Präsentation im Zirkelbereich sowie 1–2 Präsentationen vor der innerbetrieblichen Steuerungsgruppe stattfinden.
Da Gesundheitszirkel-Aktivitäten Maßnahmen der Organisations-Entwicklung darstellen, müssen diese eingebunden sein in die allgemeine Organisationsentwicklung und in die übrigen Aktivitäten des Arbeitsschutzes, in die betriebliche Gesundheitsförderung oder in ein ganzheitliches betriebliches Gesundheitsmanagement.
Vertiefende Fachinformationen zum BGM
Umfassendes und topaktuelles Fachwissen für den gesamten Prozess der Einführung und Steuerung des betrieblichen Gesundheitsmanagements finden Sie im Haufe Betriebliches Gesundheitsmanagement Office.
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