Novellierung der Baustellenverordnung: Das sind die wichtigsten Neuerungen
Die Bauwirtschaft ist nach wie vor die Branche mit der höchsten Zahl an Todesopfern. Mit rund 50 meldepflichtigen Unfällen pro 1.000 Vollbeschäftigten verzeichnet sie in Deutschland immer noch mehr als doppelt so viele Fälle wie im Durchschnitt aller anderen Wirtschaftsbranchen. Die seit 1998 implementierte Baustellenverordnung (BaustellV) hat das Ziel, durch die Durchsetzung umfangreicherer und effektiver Sicherheitsmaßnahmen bereits in der Planungsphase Unfallrisiken und damit auch kostentreibende Störungen des Bauablaufs zu verhindern. Weiterhin will sie die Zusammenarbeit der Gewerke noch vor Baubeginn verbessern, was die Sicherheit am Bau zusätzlich optimieren soll.
Novellierung der Baustellenverordnung aufgrund der Kritik der EU-Kommission
Doch der EU-Kommission gingen die bisherigen Regelungen des Gesetzes noch nicht weit genug. Im Juni 2021 sandte sie der Bundesregierung daher einen „blauen Brief“, in dem sie weitere Anpassungen an die Standards des EU-Arbeitsschutzrechts forderte, in diesem Fall an die Richtlinie 92/57/EWG über die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz. Die Bundesregierung veranlasste in der Folge die Novellierung der BaustellV, die im Dezember 2022 beschlossen wurde und ab 1. April 2023 in Kraft tritt.
Neue Unterrichtungspflicht des Bauherrn
Was sind die wichtigsten Neuerungen? Für Baustellen, auf denen jeder Beschäftigte für denselben Arbeitgeber tätig ist, wurde eine neue Unterrichtungs- oder Informationspflicht des Bauherrn in die BaustellV eingeführt. Sie verlangt, dass, wenn die Dauer der Arbeiten umfangreicher ist oder besonders gefährliche Arbeiten ausgeführt werden sollen, der Bauherr den Arbeitgeber über alle diejenigen Umstände und Bedingungen auf dem Baugelände zu unterrichten hat, die bei Anwesenheit mehrerer Arbeitgeber in einen Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGe-Plan) einzubeziehen wären. Damit soll gewährleistet werden, dass dem Arbeitgeber für seine Gefährdungsbeurteilung sämtliche Informationen über die für den Arbeits- und Gesundheitsschutz relevanten Bedingungen auf der Baustelle vorliegen.
Weitere Neuerungen der Baustellenverordnung
Die BaustellV bekräftigt weiterhin die bereits gültige Rechtslage, dass der SiGe-Plan bei Änderungen in der Ausführung des Bauvorhabens, die sich auf die weitere Koordination auswirken, anzupassen ist. Sie legt darüber hinaus fest, dass der Arbeitgeber die erforderlichen Arbeitsschutzmaßnahmen in Bezug auf die Ausführung besonders gefährlicher Arbeiten zu treffen hat. Die Definition, was unter besonders gefährlichen Arbeiten zu verstehen ist, wurde an EU-Recht angepasst. So gilt beispielsweise die bisherige Untergrenze von 10 Tonnen Einzelgewicht für Massivbauelemente, die auf der Baustelle mittels von kraftbetriebenen Arbeitsmitteln gehoben und versetzt werden, nicht mehr. Sobald kraftbetriebene Arbeitsmittel zum Heben und Versetzen von Bauelementen eingesetzt werden, gilt dies gemäß der neuen Definition grundsätzlich bereits als besonders gefährliche Arbeit. Neu ist auch, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zukünftig in allen Fragen der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten auf Baustellen durch den Ausschuss für Arbeitsstätten (ASTA) beraten wird.
-
Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz melden: Pflichten & Rechte
1.963
-
Fürsorgepflichten des Arbeitgebers - eine Übersicht
1.255
-
Arbeitsunfall im Homeoffice - was ist zu beachten?
688
-
Gilt die ärztliche Schweigepflicht auch für Betriebsärzte?
595
-
Neue ASR A6 „Bildschirmarbeit“ konkretisiert Arbeitsstättenverordnung
479
-
Chronisch krank und berufstätig
467
-
Ist die Teilnahme an der arbeitmedizinischen Vorsorge eigentlich Arbeitszeit?
460
-
Reform der Gefahrstoffverordnung verabschiedet
416
-
Warum ist eine Pflichtenübertragung im Arbeitsschutz sinnvoll?
277
-
Gewerbeaufsicht im Haus: Rechte und Pflichten der Unternehmen
272
-
Verstoß gegen das Arbeitsschutzgesetz melden: Pflichten & Rechte
16.12.2024
-
Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz: Bedeutung für den Arbeitsschutz
10.12.2024
-
Rechte und Pflichten der Prüfer bei Betriebsbesichtigungen
27.11.2024
-
Zutrittsrechte der Arbeitsschutzbehörde zu den privaten Wohnräumen?
26.11.2024
-
Reform der Gefahrstoffverordnung verabschiedet
19.11.2024
-
PFAS-Verbot: Hintergründe und Bedeutung für die Praxis
13.11.2024
-
Mutter- und Jugendschutz im Homeoffice
12.11.2024
-
Hat der Arbeitgeber beim Homeoffice ein Zutrittsrecht zu den privaten Wohnräumen?
06.11.2024
-
Das TOP-Prinzip erklärt: Maßnahmen im Arbeitsschutz
05.11.2024
-
Welche Arbeitsschutzvorschriften gelten im Homeoffice?
28.10.2024