Einführung
Im Blickpunkt
Der BFH hält das geltende Erbschaftsteuerrecht wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz für verfassungswidrig und hat daher das BVerfG angerufen (BFH vom 27.9.2012 – 9/11 – auf dieser Seite; dazu erscheinen in Kürze ein Editorial von Rödl und ein Beitrag von Zipfel). Überraschend ist diese Entscheidung nicht, zumal der BFH bereits vor einem Jahr das BMF zum Verfahrensbeitritt aufgefordert und detailliert auf Ungereimtheiten in dem Gesetz hingewiesen hat. Nun muss das BVerfG entscheiden. Aber auch der Gesetzgeber hat Besteuerungslücken erkannt; der Bundestag wird vermutlich Mitte Oktober 2012 eine Bundesratsinitiative vom Juli 2012 beschließen, um Steuersparmodelle zu kippen. Ob eine Gesetzesreform noch in der laufenden Legislaturperiode erfolgen wird? Angesichts des anstehenden Wahljahres wohl eher nicht. Oder wartet man ab, bis das BVerfG seine Entscheidung gefällt hat? Das kann Jahre dauern. In der Zwischenzeit rät Britta Dierichs von Rödl und Partner, in allen einschlägigen Fällen ab dem 1.1.2009 Rechtsmittel einzulegen und das Ruhen des Verfahrens zu beantragen. Bis zur Neuregelung empfiehlt es sich zudem, anstehende Schenkungen mit einer Rückabwicklungsklausel zu versehen. Das Schicksal der ErbSt bleibt ungewiss. |
Udo Eversloh, Ressortleiter Steuerrecht |
1 Entscheidungen
EuGH: Vorsteuerberichtigung nach Warendiebstahl
Der EuGH hat im Urteil vom 4.10.2012 – C-550/11, PIGI – entschieden: Art. 185 Abs. 2 der RL 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass er Vorschriften des nationalen Steuerrechts wie den Art. 79 und 80 des Zakon za danak varhu dobavenata stoynost (Mehrwertsteuergesetz) nicht entgegensteht, nach denen im Fall der Feststellung des Fehlens mehrwertsteuerpflichtiger Gegenstände der zum Zeitpunkt des Erwerbs dieser Gegenstände vorgenommene Vorsteuerabzug zu berichtigen ist, wenn sie dem Steuerpflichtigen gestohlen wurden und der Täter nicht ermittelt worden ist.
Volltext des Urteils: BBL2012-2593-1 unter www.betriebs-berater.de
BFH: BVerfG-Vorlage zur Verfassungsmäßigkeit des ErbStG
Der BFH hat dem BVerfG durch Beschluss vom 27.9.2012 – II R 9/11 – das ErbStG zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit vorgelegt. Der BFH hält § 19 Abs. 1 i.V. m. §§ 13a und 13b ErbStG in der im Jahr 2009 geltenden Fassung wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) für verfassungswidrig, weil die in §§ 13a und 13b ErbStG vorgesehenen Steuervergünstigungen nicht durch ausreichende Sach- und Gemeinwohlgründe gerechtfertigt sind und einen verfassungswidrigen Begünstigungsüberhang aufweisen. Die Verfassungsverstöße führen teils für sich allein, teils in ihrer Kumulation zu einer durchgehenden, das gesamte Gesetz erfassenden verfassungswidrigen Fehlbesteuerung, durch die Steuerpflichtige, die die Vergünstigungen nicht beanspruchen können, in ihrem Recht auf eine gleichmäßige, der Leistungsfähigkeit entsprechende und folgerichtige Besteuerung verletzt werden. Die Gleichstellung von Personen der Steuerklasse II und III im Jahr 2009 ist nicht verfassungswidrig.
(PM BFH vom 10.10.2012)
Volltext des Beschl.: BBL2012-2593-2 unter www.betriebs-berater.de
BFH: Abtretung der Besserungsanwartschaft bei Mantelkauf nicht missbräuchlich
Der BFH hat im Urteil vom 12.7.2012 – I R 23/11 – entschieden: Eine GmbH kann die Zahlung auf eine betrieblich begründete Gesellschafterforderung auch dann als Betriebsausgabe abziehen, wenn die Forderung zwischenzeitlich wertlos geworden war, der frühere Gesellschafter und Forderungsinhaber gegen Besserungsschein auf die Forderung verzichtet und die Besserungsanwartschaft später im Zusammenhang mit der Veräußerung des sog. GmbH-Mantels an einen der Erwerber veräußert hatte und sodann im Anschluss an eine Verschmelzung auf die GmbH der Besserungsfall eingetreten war (entgegen BMF-Schreiben vom 2.12.2003, BStBl. I 2003, 648, Nr. 2 Buchst. d; Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 1.2.2001 – IV R 3/00, BFHE 194, 13, BStBl. II 2001, 520, BB 2001, 978 Ls). Diesem lag ein anderer Sachverhalt zugrunde.
Volltext des Urteils: BBL2012-2593-3 unter www.betriebs-berater.de
BFH: Verjährung für USt-Vorauszahlungsfestsetzung
Der BFH hat im Urteil vom 22.5.2012 – VII R 47/11 – entschieden: Werden von einem Unternehmer geleistete Umsatzsteuervorauszahlungen unter Aufhebung der gegen ihn ergangenen Jahressteuerbescheide auf das Steuerkonto einer angeblich bestehenden GbR, deren Gesellschafter er sei, umgebucht, später jedoch unter erneutem Erlass gegen ihn gerichteter Umsatzsteuerbescheide wieder zurückgebucht, so steht einem vom Unternehmer nach Aufhebung dieser Umsatzsteuerbescheide wegen Festsetzungsverjährung geltend gemachten Erstattungsanspruch Zahlungsverjährung nicht entgegen.
Volltext des Urteils: BBL2012-2593-4 unter www.betriebs-berater.de
BFH: EuGH-Vorlage zum Anwendungsbereich des ermäßigten Umsatzsteuersatzes auf Personenbeförderung im Nahverkehr
Der BFH hat durch Beschluss vom 10.7.2012 – XI R 22/10 – dem EuGH folgende Frage zur Vorabent...