Der Haftungsanspruch kann von der Finanzbehörde durch einen Haftungsbescheid (§ 191 AO) geltend gemacht werden. Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass eines Haftungsbescheides ergeben sich aus den §§ 69; ff. AO, den Einzelsteuergesetzen oder den zivilrechtlichen Vorschriften (z.; B. §§ 25, 128 HGB). Die §§ 93 und/oder 227 Abs. 2 InsO schließen eine Haftungsinanspruchnahme nach §§ 69; ff. nicht aus (BFH vom 02. 11. 2001 BStBl II 2002, 73).
Während ein Steuerbescheid zu erlassen ist, sobald der steuerliche Tatbestand erfüllt ist (gebundene Entscheidung), steht der Behörde beim Erlass des Haftungsbescheides Ermessen (§ 5 AO) zu. Da es sich bei dieser Vorschrift ausschließlich um eine Verfahrensvorschrift für den Erlass und die Form von Haftungsbescheiden handelt, können entgegen ihrem Wortlaut nicht nur Steuern, sondern auch sonstige Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis einbezogen werden.
Nach § 24 AO ist wegen des Sachzusammenhangs regelmäßig das Finanzamt des Steuerschuldners zuständig (Ausnahme: § 25d Abs. 3 UStG). Vor Erlass des Haftungsbescheides hat das Finanzamt gem. den §§ 91 und 191 Abs. 2 AO rechtliches Gehör zu gewähren; ggf. kann dieser Verfahrensfehler gem. § 126 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 AO geheilt werden.
Für den Haftungsbescheid ist gem. § 191 Abs. 1 AO Schriftform zwingend vorgeschrieben; bei Verstoß hiergegen greift § 125 Abs. 1 AO.
Der Haftungsbescheid muss Angaben enthalten über Art und Höhe der Haftungsschuld: Er muss den Haftungsbetrag in genauen Euro-Beträgen angeben. Fehlt der Betrag, hat dies die Nichtigkeit des Bescheids zur Folge (§ 125 Abs. 1 AO). Setzt sich die Haftungssumme aus mehreren Einzelbeträgen zusammen, so sind die Einzelbeträge nach Art, Zeitraum und Höhe aufgegliedert anzugeben.
Problematisch sind die Fehlerfolgen in diesem Bereich: Wird im Haftungsbescheid nicht nach Steuerarten aufgegliedert, führt dies zur Nichtigkeit. Ist im Haftungsbescheid der Betrag für die Steuerart nicht auf die einzelnen Zeiträume verteilt, soll keine Nichtigkeit, sondern nur Rechtswidrigkeit eintreten. Ob bei einer Haftung für LSt eine Aufschlüsselung nach Arbeitnehmern vorzunehmen ist, muss im Einzelfall entschieden werden. Bei der Haftung nach § 69 AO hält der BFH eine Aufschlüsselung nach einzelnen Arbeitnehmern für nicht notwendig, weil der Geschäftsführer Zugang zu den lohnsteuerlichen Unterlagen des Betriebes hat und sich so selbst Kenntnis verschaffen kann. In Fällen der Arbeitgeberhaftung nach § 42d EStG tendiert die Rechtsprechung dazu, eine Aufschlüsselung nach Arbeitnehmern grundsätzlich zu verlangen.
In Fällen einer gegenständlich beschränkten Haftung (§§ 74, 75 AO) sind zusätzliche Angaben im Haftungsbescheid erforderlich: Der Haftungsgegenstand muss exakt bestimmt werden, da ohne diese exakten Angaben nicht vollstreckt werden kann. Fehler hierbei führen zur Nichtigkeit des Haftungsbescheides. Wenn im Tenor des Haftungsbescheids ein Hinweis auf die gegenständliche Beschränkung enthalten ist und sich die Gegenstände aus einer Einzeldarstellung in den Gründen oder einer Anlage zum Bescheid ergeben, genügt dies für die Bezeichnung des Gegenstandes.
Die Begründung des Haftungsbescheides ist zu unterteilen in die Rechtsentscheidung und die Ermessensentscheidung. Zur Begründung der Rechtsentscheidung gehört:
- die Angabe der Haftungsvorschriften: das Finanzamt muss die Rechtsgrundlagen (§§ und Tatbestandsmerkmale) zitieren,
- die Angabe des Lebenssachverhaltes, der die Haftung begründet (insoweit ist vom Finanzamt eine exakte Subsumtion des Sachverhaltes unter die Tatbestandsmerkmale vorzunehmen),
- die Angabe der Höhe der Steuerschuld bzw. der anderen Ansprüche, für die gehaftet wird sowie ggf. die Angabe der Besteuerungsgrundlagen dieser Ansprüche.
In der Ermessensentscheidung müssen Ausführungen über die Ermessensausübung enthalten sein. Es ist darzulegen, warum überhaupt ein Haftungsbescheid ergeht (= Entschließungsermessen) und warum gerade die betreffende Person zur Haftung in der verlangten Höhe herangezogen wird (= Auswahlermessen). Entscheidend sind der unterschiedliche Grad des Verschuldens und die Vermögenssituation. Die Ausübung des Ermessens ist im Haftungsbescheid zu begründen.
Die Ermessenserwägungen sind so ausführlich darzustellen, dass sie gerichtlich nachprüfbar sind. Ist dies nicht der Fall, ist der Haftungsbescheid rechtswidrig. Die gleiche Folge tritt ein, wenn der Bescheid Ermessenserwägungen enthält, in ihnen aber ein Ermessensfehler enthalten ist. Ermessensfehler sind
- die Überschreitung der gesetzlichen Grenzen des Ermessens (Ermessensüberschreitung),
- die Ermessensbetätigung in einer nicht dem Zweck der Ermächtigungsnorm entsprechenden Weise (Ermessensfehlgebrauch),
- die fehlende Betätigung von Ermessen, weil der Bearbeiter sich für gebunden hielt (Ermessensnichtgebrauch).
Zur Rechtsnatur des Haftungsbescheids: Der Haftungsbescheid ist weder Steuerbescheid noch diesem gleichgestellt. Daher gelten die Vorschriften der §§ 155–177 AO für ihn nicht. Ein Haftungsbesche...