Tatbestand |
Rechtsfolge |
Haftender Personenkreis: Betriebs- oder Unternehmenserwerber. Übereignung eines Unternehmens oder gesondert geführten Betriebes im Ganzen. |
Haftung des Erwerbers: persönlich, aber gegenständlich beschränkt auf den Bestand des übernommenen Vermögens. Umfang der Haftung: nur unternehmensbedingte Steuern und Steuerabzugsbeträge. Besonderer Haftungszeitraum. Besondere Festsetzungsfrist. |
Nach BFH bezweckt die Vorschrift des § 75 AO, die in dem Unternehmen als solchem liegende Sicherung für die sich auf seinen Betrieb gründenden Steuerschulden durch den Übergang des Unternehmens in andere Hände nicht verloren gehen zu lassen. Beachten Sie die ausführlichen Regelungen in AEAO zu § 75.
Die Voraussetzungen im Einzelnen:
- haftender Personenkreis: Betriebs- oder Unternehmenserwerber,
- Übereignung eines Unternehmens oder gesondert geführten Betriebes im Ganzen.
"Übereignung" bedeutet die rechtsgeschäftliche Übertragung. Eine Haftung gem. § 75 AO scheidet somit aus bei Erwerben von Todes wegen, bei Anwachsungen, Verschmelzungen usw., da hier kein Rechtsgeschäft vorliegt. Schenkungen hingegen sind Rechtsgeschäfte und begründen daher eine Haftung nach § 75 AO.
Eine "Übereignung eines Betriebes", quasi in einem Akt, ist zivilrechtlich nicht möglich. Vielmehr müssen die einzelnen Wirtschaftsgüter (WG) nach den jeweils für sie geltenden Regeln zivilrechtlich wirksam übertragen werden:
- bewegliche Wirtschaftsgüter werden nach den §§ 929; ff. BGB (Einigung und Übergabe bzw. Übergabesubstitut) übertragen;
- unbewegliche Wirtschaftsgüter: für den Eigentumsübergang sind eine Auflassung sowie eine Eintragung des Eigentümerwechsels im Grundbuch erforderlich (§§ 873; ff. und 925; ff. BGB);
Forderungen: Nach den §§ 398; ff. BGB gehören zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen auch Nutzungsrechte, z.; B. Miet- oder Pachtrechte, die nicht nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen übereignet werden können, so reicht es für die Übertragung solcher Rechte aus, dass der Betriebsübernehmer unter Mitwirkung des bisherigen Betriebsinhabers mit dem Vermieter oder Verpächter einen entsprechenden Nutzungsvertrag abschließt. Für die Mitwirkung des bisherigen Betriebsinhabers ist es ausreichend, wenn dieser in irgendeiner tatsächlichen Art und Weise in den Abschluss des neuen Nutzungsvertrages eingeschaltet war, sei es, dass er den Eintritt des Betriebsübernehmers in den alten Vertrag oder den Neuabschluss des Nutzungsvertrages initiierte, vermittelte, befürwortete oder auch nur billigte. Ein auf fremdem Grundstück unterhaltener Betrieb ist erst dann übereignet, wenn der Pachtvertrag mit dem Grundstückseigentümer auf den Erwerber übergeleitet ist. Dies gilt auch dann, wenn andere Betriebsgrundlagen bereits vorher auf den Erwerber übergegangen sind (AEAO zu § 45 Tz. 3.2).
WG, die nicht nach BGB-Regeln übertragen werden können, müssen im wirtschaftlichen Sinn übereignet werden. Übertragung unter Eigentumsvorbehalt (§ 449 BGB) genügt für die Haftung, wenn der Erwerber später das Eigentum erlangt. Sicherungs- und Treuhandeigentum führen nach der BFH-Rspr. nicht zur Haftung nach § 75 AO.
Der Begriff "Unternehmen" in § 75 AO ist wie im Umsatzsteuerrecht (vgl. § 2 Abs. 1 UStG) sehr weit zu fassen: Unternehmen ist danach jede wirtschaftliche Einheit oder organisatorische Zusammenfassung von persönlichen oder sächlichen Mitteln zur Verfolgung wirtschaftlicher Zwecke.
Der Erwerb von Anteilen an einem Unternehmen (z.; B. der Erwerb aller GmbH- Anteile) führt nicht zur Haftung; § 16 Abs. 1 Nr. 1 2. HS EStG gilt hier nicht.
"Gesondert geführter Betrieb in der Gliederung eines Unternehmens" ist ein mit einer gewissen organisatorischen Selbständigkeit ausgestatteter Teilbetrieb (Begriff ist nach BFH identisch mit § 1 Abs. 1a Satz 2 UStG, nicht aber mit § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Indizien hierfür sind (vgl. AEAO zu § 75, Tz. 3.1):
- eigener Kundenstamm,
- vom übrigen Unternehmen abweichende Leistungen,
- eigene Buchführung,
- eigenes Recht zum Einkauf oder zur Kalkulation,
- vor allem: der Erwerber kann den Betrieb als selbständiges Unternehmen fortführen – und zwar ohne große Umstellungen und Investitionen.
Übertragung im Ganzen setzt voraus, dass die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen aufgrund eines einheitlichen Willensentschlusses erfolgt.
Die einzelnen Übertragungsakte müssen in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, der Wille des Erwerbers muss auf den Erwerb des gesamten Unternehmens gerichtet sein. Der sukzessive Erwerb von WG aufgrund jeweils neuer Willensentschlüsse führt nicht zur Haftung.
Es müssen sämtliche wesentliche Betriebsgrundlagen übertragen werden. Es genügt nicht, wenn der Veräußerer eine in seinem Eigentum zurückbehaltene wesentliche Betriebsgrundlage lediglich an den Erwerber vermietet (anders als bei § 1 Abs. 1a UStG).
Aus dem Sinn der Haftung gem. § 75 AO folgt, dass der Haftungstatbestand nur erfüllt ist, wenn ein lebensfähiges Unternehmen, bzw. ein lebensfähiger Teilbetrieb erworben wird (AEAO zu § 75 Tz. 3.3). Somit erfolgt k...