Rn. 102

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Für die gerichtliche Entscheidung über den Antrag auf Sonderprüfung ist keine Form oder Begründung vorgeschrieben. Auch lässt die vom Gesetzgeber gewählte Terminologie ("Entscheidung"; vgl. § 258 Abs. 3 Satz 2 AktG) offen, ob das Gericht durch Beschluss, Anordnung oder in anderer Weise entscheidet. Nach überwiegender Ansicht wird zutreffend von einem Beschluss ausgegangen (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 258, Rn. 22; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 54). Da mit einer stattgebenden Entscheidung ein Eingriff in den Rechtsbereich der Gesellschaft stattfindet und somit also ein gerichtlicher Eingriffsakt vorliegt, wird man von einem Begründungszwang für derartige Entscheidungen ausgehen müssen (vgl. ebenso Hüffer-AktG (2021), § 258, Rn. 22; KK-AktG (2017), § 258, Rn. 65; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 54). Da auch im umgekehrten Fall der Ablehnung des Antrags für die Antragsteller eine sachgerechte Verteidigung ihrer Rechte möglich sein muss, ist auch für diesen Fall eine Begründung zu verlangen.

 

Rn. 103

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Das Gericht lehnt den Antrag als unzulässig ab, wenn die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind (vgl. HdR-E, AktG § 258, Rn. 92ff.). Der Antrag wird als unbegründet verworfen, wenn das Gericht nicht alle materiellen Voraussetzungen als erfüllt ansieht, insbesondere dann, wenn der Anfangsverdacht ("Anlass für die Annahme") für eine nicht unwesentliche Unterbewertung oder einen mangelhaften Anhang und eine Nichtbeantwortung von Aktionärsfragen hierzu in der HV nicht vorliegt.

 

Rn. 104

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Liegen nach Ansicht des Gerichts die Antragsvoraussetzungen vor, so gibt es dem Antrag statt. In diesem Fall bestellt das Gericht – und nur dies wird neben der Formulierung des Prüfungsauftrags Beschlussinhalt – den oder die Sonderprüfer. In der gerichtlichen Entscheidung ist die Person des Sonderprüfers bzw. die Prüfungsgesellschaft zu bezeichnen. Das Gesetz beschränkt die Zahl der Sonderprüfer nicht; die Bestellung von mehreren Sonderprüfern ist möglich (vgl. Frey, WPg 1966, S. 633 (636); KK-AktG (2017), § 258, Rn. 71; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 55). Wesentlicher Bestandteil der gerichtlichen Entscheidung ist die Formulierung des Prüfungsauftrags, d. h., die Tätigkeit des Sonderprüfers ist so festzulegen, dass die gerichtliche Entscheidung als Auftrag an den Sonderprüfer dienen kann (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 55).

 

Rn. 105

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Das Gericht muss insofern beachten, dass eine umfassende Prüfung des JA oder Anhangs nicht Sinn des Sonderprüfungsverfahrens ist; vielmehr sind – im Fall einer Sonderprüfung wegen nicht unwesentlicher Unterbewertung – die zu prüfenden Posten oder – falls der Antrag insoweit präzisiert ist – die einzelnen VG i. R.e. Bilanzpostens genau zu umschreiben, die wegen einer möglichen Unterbewertung geprüft werden sollen (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 258, Rn. 22). Da allerdings vom Sonderprüfer im Fall der nicht unwesentlichen Unterbewertung einzelner VG noch zu prüfen ist, ob diese Unterbewertung nicht durch Überbewertungen anderer VG innerhalb desselben Bilanzpostens kompensiert wird (vgl. dazu HdR-E, AktG § 258, Rn. 36), ist – falls der Prüfungsauftrag auf Überprüfung einzelner VG gerichtet ist – der Beschluss dahingehend zu ergänzen, dass im Ergebnis eine Unterbewertung des Bilanzpostens als Folge der Unterbewertung einzelner VG zu prüfen ist (vgl. ähnlich MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 55, wonach dem Sonderprüfer die Ermittlung von Kompensationsmöglichkeiten innerhalb eines Bilanzpostens aufgegeben werden soll).

 

Rn. 106

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Im Fall einer Sonderprüfung nach § 258 Abs. 1 Nr. 2 AktG wegen eines Mangels des Anhangs ist dem Sonderprüfer aufzugeben, zu prüfen, ob

  • die im Antrag genannten Mängel des Anhangs (Unvollständigkeit, Fehlen von Angaben, Unrichtigkeit) tatsächlich bestehen,
  • weiterhin die fehlenden, unvollständigen oder falschen Angaben in der HV ergänzt oder berichtigt wurden und
  • – falls nicht – in der HV nach diesen Angaben gefragt sowie die Aufnahme der Frage in das Protokoll verlangt wurde (vgl. MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 55).
 

Rn. 107

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Ist der Antrag sowohl wegen einer Unterbewertung als auch eines Mangels des Anhangs gestellt worden, so kann wegen beider Prüfungsgegenstände eine Sonderprüfung angeordnet werden, wobei hier ggf. die Bestellung von zwei oder mehreren Sonderprüfern in Betracht kommt. Die Anordnung von zwei Sonderprüfungen scheidet jedoch regelmäßig aus.

 

Rn. 108

Stand: EL 33 – ET: 09/2021

Die Bestellung des Sonderprüfers durch das Gericht ist nicht nur eine körperschaftliche Berufung zum Sonderprüfer, sondern zugleich ein Vertragsangebot an den WP im Namen der Gesellschaft, das der bestellte WP annehmen oder ablehnen kann (vgl. KK-AktG (2009), § 258, Rn. 37; MünchKomm. AktG (2021), § 258, Rn. 62; a. A. KK-AktG (2017), § 258, Rn. 62; im Einzelnen zur Rechtstellung des Prüfers HdR-E, AktG § 258, Rn. 114). Im...

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