Rn. 143
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Nach § 19 Abs. 1 AktG liegt eine einfache wechselseitige Beteiligung vor, falls KapG mit Sitz im Inland dadurch verbunden sind, dass jedem UN mehr als der vierte Teil der Anteile des anderen UN gehört, ohne dass aber eine Mehrheitsbeteiligung oder ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Eine beidseitige Beteiligung von jeweils genau 25 % genügt nicht, um diesen Verbundtatbestand zu erfüllen. Maßgeblich für die Feststellung, ob eine Beteiligung von mehr als 25 % gegeben ist, ist dabei ausschließlich der Anteilsbesitz, d. h., eine wechselseitige Stimmrechtsbeteiligung ist ohne Bedeutung, denn auf § 16 Abs. 3 AktG wird in § 19 Abs. 1 Satz 2 AktG nicht verwiesen (vgl. Hüffer-AktG (2022), § 19, Rn. 3; WP-HB (2021), Rn. C 295; MünchKomm. AktG (2019), § 19, Rn. 29). Auf Art und Umstände des Erwerbs kommt es nicht an, zumal es sich um die Definition eines Zustands handelt. Auch der Zweck des Erwerbs spielt keine Rolle.
Beispiel:
Zwischen UN A und B liegt in diesem Fall eine sog. einfache wechselseitige Beteiligung i. S. d. § 19 Abs. 1 AktG vor.
Rn. 144
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Zur Berechnung der Beteiligungshöhe verweist § 19 Abs. 1 Satz 2 AktG ausschließlich auf § 16 Abs. 2 Satz 1 AktG. Für die Feststellung einer einfachen wechselseitigen Beteiligung ist daher das Verhältnis der gehaltenen Anteile zum Nennkap., bei Stückaktien zur Zahl der Aktien maßgeblich (vgl. HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 96). Da nicht auf § 16 Abs. 2 Satz 2f. AktG verwiesen wird, sind nach h. M. die Vorschriften über die Absetzung eigener Anteile und der Anteile, die von einem Dritten für Rechnung des UN gehalten werden, hier nicht anzuwenden (vgl. WP-HB (2021), Rn. C 296f.; Hüffer-AktG (2022), § 19, Rn. 3; KK-AktG (2011), § 19, Rn. 18ff.). Begründet wird diese Einschränkung u. a. mit der Rechtsunsicherheit der beteiligten UN, "weil oft für Außenstehende nicht erkennbar ist, wie viel eigene Aktien eine Gesellschaft hält. Das Erreichen der kritischen Grenze wäre für den Betroffenen somit nicht zweifelsfrei feststellbar" (KK-AktG (2011), § 19, Rn. 19). Unterlässt ein Anteilserwerber die Mitteilungen nach den §§ 20 oder 21 AktG, weil er der Meinung ist, die Beteiligung liege nicht über 25 %, und wird er anschließend von der Mitteilung der anderen Gesellschaft gemäß der §§ 20, 21 AktG überrascht, sähe er sich mit den nachteiligen Folgen des § 328 AktG (vgl. HdR-E, AktG §§ 15–19, Rn. 149ff.) konfrontiert. Aus Gründen der Rechtssicherheit sind daher bei der Berechnung der Anteilshöhe eigene Aktien nicht zu berücksichtigen (vgl. darüber hinaus HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 96; KonzernR (2019), § 19 AktG, Rn. 9).
Rn. 145
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Zur Berechnung der Höhe des gegenseitigen Anteilsbesitzes findet gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 AktG aber auch die Zurechnungsvorschrift des § 16 Abs. 4 AktG Anwendung. Somit sind neben den Anteilen, die von dem jeweiligen UN unmittelbar gehalten werden, auch solche Anteile (additiv) zu berücksichtigen, die von einem abhängigen UN oder einem anderen für Rechnung des UN oder eines von ihm abhängigen UN gehalten werden. Dies gilt auch, wenn das UN, dem der Anteilsbesitz zugerechnet wird, selbst keine Anteile hält. Im Unterschied zur Definition der wechselseitigen Beteiligung ist es i. R.d. Zurechnungsvorschriften nicht erforderlich, dass der Dritte, dessen Anteile zugerechnet werden sollen, eine KapG ist oder seinen Sitz im Inland hat, da die Beschränkung des § 19 Abs. 1 AktG nur für die wechselseitig beteiligten UN selbst gilt (vgl. HB-GesR (2020/IV), § 69, Rn. 97; WP-HB (2021), Rn. C 293; KK-AktG (2011), § 19, Rn. 20).
Beispiel:
Das UN A hält 25,1 % der Anteile an B, während B 10 % der Anteile an A besitzt. Das dritte UN D wiederum ist ein abhängiges UN von B, so dass die Anteile, die D an A hält (20 %), B zuzurechnen sind. B hält somit unmittelbar und mittelbar 30 % der Anteile an A. Damit besteht eine einfache wechselseitige Beteiligung i. S. d. § 19 Abs. 1 AktG zwischen A und B. Die Zurechnung der Anteile von D zum Anteilsbesitz von B hat dabei unabhängig davon zu erfolgen, ob D eine KapG mit Sitz im Inland ist, denn nur die UN A und B müssen dieses Rechtsform- und Sitzerfordernis erfüllen. Es ist ebenfalls nicht erforderlich, dass B selbst Anteile an A hält. Eine wechselseitige Beteiligung zwischen A und B würde im obigen Beispiel auch bestehen, wenn lediglich über die Zurechnung nach § 16 Abs. 4 AktG die 25 %-Grenze überschritten wird, das herrschende UN B also keine Anteile an A hielte, dafür jedoch das von B abhängige UN C mehr als 25 % an A.
Rn. 146
Stand: EL 37 – ET: 09/2022
Auch im Zusammenhang mit einer wechselseitigen Beteiligung haben die Zurechnungen keine Absorptionswirkung; d. h., auch nach der Zurechnung der Anteile des abhängigen UN D an B gelten diese Anteile dennoch als D gehörend. Dies wiederum hat zur Folge, dass ein und dieselbe Beteiligung zu zwei wechselseitigen Beteiligungen führen kann.
Beispiel:
UN A besitzt an B und C jeweils 25,1 %. D ist ebenfalls mit 25,1 % an...