Rn. 96
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Durch den Prognosebericht sollen sich die Lageberichtsadressaten ein zutreffendes Bild von den Einschätzungen und Erwartungen der UN-Leitung zur weiteren Entwicklung des UN machen können. I.d.S. definiert DRS 20.11 eine Prognose als eine "Aussage über voraussichtliche Entwicklungen und Ereignisse". Die Aussage muss sich auf einen konkreten Prognosegegenstand beziehen und einen bestimmten Zeithorizont zugrunde legen. Sie kann unterschiedlich präzise formuliert sein. Im Unterschied zu Zielen, die einen angestrebten künftigen Zustand darstellen, beschreiben Prognosen eine unter bestimmten Bedingungen erwartete Entwicklung. Um Prognosen nachvollziehen zu können, ist die Kenntnis der getroffenen Annahmen erforderlich.
Rn. 97
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Der Prognosebericht ist ein unverzichtbarer Bestandteil des Lageberichts. Auch bei einem Umfeld, das von außergewöhnlich hoher Unsicherheit geprägt ist, müssen Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung des UN gemacht werden (vgl. hierzu HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 115). Ein nicht existenter Prognosebericht ist ein wesentlicher Fehler der RL (vgl. zum Fall Merck OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.11.2009, WpÜG 11/09 und 12/09, DB 2009, S. 2773; Zülch/Hoffmann, StuB 2010, S. 83ff.).
Rn. 98
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Was im Lagebericht zur voraussichtlichen Entwicklung des UN zu erläutern ist, wird im Gesetz nicht näher konkretisiert. Allerdings ergibt sich aus dem engen inhaltlichen Zusammenhang mit dem Wirtschaftsbericht ein grds. gleicher Berichtsgegenstand, über den jedoch zukunftsorientiert zu berichten ist (vgl. Barth (2009), S. 41; Fink/Kajüter (2021), S. 243; Beck Bil-Komm. (2020), § 289 HGB, Rn. 60 i. V. m. § 315 HGB, Rn. 122). Es sind mithin Aussagen zum voraussichtlichen Geschäftsverlauf (einschließlich Geschäftsergebnis) und zur voraussichtlichen Entwicklung der VFE-Lage zu machen. Dazu gehören zum einen Angaben zu geplanten Maßnahmen in den einzelnen Funktionsbereichen und deren Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage und zum anderen Angaben zur Umsatz- und Ergebnisentwicklung, zu geplanten Investitionen und deren Finanzierung sowie zur Entwicklung der Liquidität. Soweit für das Verständnis der Aussagen zur voraussichtlichen Entwicklung des UN erforderlich, ist zudem über die erwartete Entwicklung der Gesamtwirtschaft und der Branche zu berichten. Angaben hierzu stellen i. d. R. Prämissen für die eigenen Prognosen der UN-Leitung dar.
Rn. 99
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
DRS 20.126 konkretisiert den Prognosegegenstand weiter: Es sind Prognosen zu den bedeutsamsten finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren abzugeben, die es nach DRS 20.102 und 20.106 zu berichten gilt. Hierbei handelt es sich um Leistungsindikatoren, die auch zur internen Steuerung des UN herangezogen werden (vgl. HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 82). Die UN-Leitung muss sich mithin nicht eigens für die Darstellung im Prognosebericht Erwartungen zu bestimmten Leistungsindikatoren bilden, sondern kann auf ihre in der Planung formulierten Prognosen zurückreifen, sofern diese bei der Aufstellung des Lageberichts noch aktuell sind.
Rn. 100
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Um es den Adressaten des Lageberichts zu ermöglichen, die Prognosen der UN-Leitung mit den tatsächlich erreichten Werten zu vergleichen (vgl. hierzu auch den Prognose-Ist-Vergleich nach DRS 20.57; überdies HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 69), müssen die Prognosen zu den bedeutsamsten finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren so ermittelt werden, dass Prognose- und Istwerte für denselben Berichtszeitraum vergleichbar sind (vgl. DRS 20.126). Dies setzt voraus, dass sie sich auf denselben Gegenstand beziehen, also z. B. dieselbe Zusammensetzung des UN für die finanziellen Leistungsindikatoren, oder dasselbe Kundensegment für nichtfinanzielle Leistungsindikatoren zugrunde legen. Zudem müssen die Leistungsindikatoren auf identische Art und Weise ermittelt werden. Dies impliziert für quantitative Angaben (z. B. zum EBIT) eine identische Definition und Berechnung sowohl in der Prognose als auch im Ist, während bei qualitativen Angaben (z. B. zur Kundenzufriedenheit) ein einheitlicher Beurteilungsmaßstab zugrunde zu legen ist (vgl. Fink/Kajüter (2021), S. 245).
Rn. 101
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Für die Prognosen ist die Zusammensetzung des UN im Prognosezeitraum zugrunde zu legen (vgl. DRS 20.119). Dadurch kann auf die eigenen während der Planung gebildeten Erwartungen zurückgegriffen werden. Sofern jedoch innerhalb des Prognosezeitraums z. B. ein Geschäftsbereich veräußert oder ein Werk geschlossen werden soll, stellt sich die Frage, ob und ggf. wie dies bei der Prognose im Lagebericht zu berücksichtigen ist. DRS 20 gibt hierauf keine Antwort. Es erscheint sachgerecht, solche Veränderungen in der Zusammensetzung des UN dann zu berücksichtigen, wenn sie mit hinreichender Sicherheit absehbar sind und daher auch in der internen Planung bereits entsprechend berücksichtigt wurden (vgl. Fin...