Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Christoph Hell
Rn. 14
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Verschwiegenheit als Verbindlichkeit des AP gegenüber dem geprüften UN, konkret gegenüber seinen gesetzlichen Vertretern, ist das Korrelat zu den umfassenden Auskunfts- und Einblicksrechten nach § 320 (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 26). Zusätzlich zur vertragsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht gegenüber dem geprüften UN ist das Gebot der Verschwiegenheit noch an anderen Stellen gesetzlich geregelt, nämlich durch die strafrechtliche Sanktionierung des Geheimnisverrats in § 333 (vgl. HdR-E, HGB § 323, Rn. 49) sowie als allg. Berufspflicht in den §§ 43 Abs. 1, 50, 56 Abs. 2 WPO und § 10 BS WP/vBP. Die Verschwiegenheitspflicht ist zeitlich nicht beschränkt und besteht auch nach Beendigung des Auftragsverhältnisses fort (vgl. § 10 Abs. 3 BS WP/vBP). Sie gilt grds. gegenüber allen dritten Personen, außer dem bei der Prüfung eingesetzten Personal, den gesetzlichen Vertretern der Prüfungsgesellschaft sowie gegenüber Vertretungs- und Kontrollorganen der geprüften Gesellschaft, soweit sie Adressaten des Prüfungsberichts sind (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 44f., 49; Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 30ff.; MünchKomm. HGB (2020), § 323, Rn. 54). Weiterhin ist der AP gegenüber Angestellten des geprüften UN, die von den gesetzlichen Vertretern als Auskunftspersonen benannt wurden, mitteilungsberechtigt (vgl. etwa Haufe HGB-Komm. (2022), § 323, Rn. 49; ADS (2000), § 323, Rn. 48). Die Verschwiegenheitspflicht besteht nach § 323 Abs. 3 hingegen gegenüber dem AR der Prüfungsgesellschaft bzw. dem entsprechenden Überwachungsgremium bei Gesellschaften anderer Rechtsform sowie gegenüber den Mitgliedern des AR bzw. entsprechenden Überwachungsgremiums der Prüfungsgesellschaft (vgl. hierzu auch ADS (2000), § 323, Rn. 42).
Rn. 15
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Gegenüber Mitarbeitern des AP bzw. der Prüfungsgesellschaft, die nicht unmittelbar bei der AP mitwirken, besteht nur dann keine Verschwiegenheitspflicht, wenn ihre Unterrichtung für die Abwicklung des Mandats bzw. die laufende Qualitätssicherung/-überwachung notwendig ist (vgl. ADS (2000), § 323, Rn. 40; Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 33). Wer in die Abwicklung eines Prüfungsauftrags einbezogen wird, liegt grds. im Ermessen des Prüfers. Hier kommen bspw. erfahrene Mitarbeiter oder Fachspezialisten als Diskussionspartner in Frage; nach § 39 Abs. 3 BS WP/vBP kann eine Konsultationspflicht bei bedeutsamen Zweifelsfragen aufleben. In sachlich gebotenen Einzelfällen können hierzu sogar Dritte, die nicht Mitarbeiter der WP-Praxis sind, hinzugezogen werden. In diesem Fall besteht – soweit möglich – eine Pflicht zur Anonymisierung des Sachverhalts und die Verschwiegenheitspflicht überträgt sich weiter auf den konsultierten Sachverständigen bzw. Fachkollegen (vgl. etwa Haufe HGB-Komm. (2022), § 323, Rn. 54). Darüber hinaus können auch Mitarbeiter oder fremde Serviceanbieter, die kaufmännische oder technische Hilfsdienste erbringen, an der Abwicklung beteiligt sein. Zum Zwecke der laufenden Qualitätssicherung gehört – neben der Berichtskritik (vgl. § 48 Abs. 2 BS WP/vBP) und auftragsbegleitenden Qualitätssicherung (vgl. § 48 Abs. 3f. BS WP/vBP) – die Vornahme einer internen Nachschau i. S. d. § 49 BS WP/vBP (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 323, Rn. 56; WP-HB (2021), Rn. D 83; überdies IDW QMS 1 (2022), Rn. 76ff.). Hierfür darf auch Mitarbeitern, die nicht unmittelbar mit der Prüfung befasst sind, Zugang zu allen Prüfungsunterlagen gewährt werden (vgl. IDW QMS 1 (2022), Rn. 82f.; überdies ADS (2000), § 323, Rn. 40f., 49). Die Mitarbeiter sowie hinzugezogene Dritte müssen im Vorfeld schriftlich zur Verschwiegenheit verpflichtet werden (vgl. § 50 WPO; § 6 Abs. 3 BS WP/vBP). Eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht besteht in der Weitergabe von Informationen an andere Mitarbeiter der Prüfungsgesellschaft zwecks Verwendung bei der Prüfung anderer UN (vgl. HdR-E, HGB § 323, Rn. 26, m. w. N.; fernerhin Beck Bil-Komm. (2022), § 323 HGB, Rn. 50ff.).
Rn. 16
Stand: EL 39 – ET: 06/2023
Entsprechend den §§ 57aff. WPO sind WP-Praxen, die gesetzliche AP durchführen, verpflichtet, sich einer externen Qualitätskontrolle in der Form eines Peer Review zu unterziehen (vgl. grundlegend zum Peer Review Niehus, in: HWRP (2002), Sp. 1613ff.; Marks/Schmidt, WPg 1998, S. 975ff.; Dörner, WPK-Mitteilungen 1999, S. 126ff. Marks/Schmidt, WPg 2000, S. 409ff.; Kuhner, ZGR 2010, S. 980 (1003ff.); IDW PS 140 (2017), Rn. 1ff.). Da die Durchführung externer Kontrollen durch außenstehende Berufsangehörige ohne eine entsprechende gesetzliche Regelung zu Konflikten mit dem Gebot der Verschwiegenheit führen würde, wird in § 57b Abs. 3 WPO die Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht gesetzlich verankert, soweit dies zur Durchführung des Peer Review erforderlich ist (vgl. Marks/Schmidt, WPg 2000, S. 409 (411)). Für eine Befreiung durch individualvertragliche Regelungen oder eine Modifikation der AAB (vgl. Marks/Schmidt, WPg 1998, S. 975 (982f.); ADS (2000), § 323, Rn. 52) be...