Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 145
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Der Gesetzgeber hält nach wie vor am Begriff der HK fest, obwohl er nicht von jenem Kostenbegriff ausgeht, wie er allg. üblich in der Betriebswirtschaftslehre definiert und verwendet wird. Während bei "Kosten auf den bewerteten sachziel-(leistungs-)bezogenen Güterverbrauch" (Küpper, in: LdB (2004), S. 393) abgehoben wird, stellt der Gesetzgeber in § 255 Abs. 2 auf den sog. pagatorischen Herstellungsaufwand ab. Die Eingangsworte des § 255 Abs. 2 ("HK sind die Aufwendungen") stellen klar, dass die HK nur jenen Werteverzehr erfassen, der auch zu einem Aufwand geführt hat. Es muss sich somit um sog. aufwandsgleiche Kosten handeln.
Daraus wird deutlich, dass mit den in § 255 Abs. 2 definierten HK keine Brücke zu dem betriebswirtschaftlichen Kostenbegriff geschlagen, sondern ein eigenständiger – nur für die handelsbilanziellen Erfordernisse gedachter – Begriff geschaffen werden soll. Der Umfang der handelsbilanziellen HK ist daher einzig aus der o. g. Zweckbestimmung und nicht aus der Übertragung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Kostenbegriffs abzuleiten. Es sind daher weder die kalkulatorischen Zusatzkosten – wie z. B. EK-Zinsen, kalkulatorische Mieten und der kalkulatorische Unternehmerlohn – noch die Differenz zwischen den Wiederbeschaffungskosten und den AK Bestandteil der handelsrechtlichen HK. Eine Einbeziehung dieser Kostenkomponenten in die handelsbilanziellen HK würde vielmehr gegen den Grundsatz der angestrebten bloßen erfolgsneutralen Vermögensumschichtung des Herstellungsvorgangs verstoßen, da ansonsten durch eine Aktivierung dieser Kosten eine Überkompensation der für die Herstellung aufwandsmäßig erfassten Tatbestände erreicht und das Realisationsprinzip durchbrochen würde.
Der Grund dafür, dass der Gesetzgeber nicht – wie von verschiedenen Seiten vorgeschlagen – den Begriff "Herstellungsaufwand" statt "HK" wählte, weil es sich "unstreitig um Aufwand statt Kosten handelt" (KOM "Rechnungswesen" im VHB, DBW 1979, S. 1 (22); vgl. auch HdJ, Abt. I/5 (2020), Rn. 7), dürfte darin zu sehen sein, dass sich die Finanzverwaltung bereits seit jeher den Begriff "Herstellungsaufwand" für die aktivierungspflichtigen nachträglichen HK reserviert hat (vgl. R 21.1 EStR (2012) i. V. m. H 21.1 EStH; HdR-E, HGB § 255, Rn. 330ff.). Unter dem Gesichtspunkt, dass es sich bei den HK um einen eigenständigen Begriff handelt, erscheint die Verwendung dieses Begriffs auch zulässig. Wie dieser Begriff im Einzelnen zu interpretieren ist und welche Bestandteile demnach den HK zuzuordnen sind, wird im Folgenden erläutert.
Rn. 146
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
§ 255 Abs. 2 unterscheidet ausdrücklich zwischen aktivierungspflichtigen Bestandteilen einerseits sowie aktivierungsfähigen, aber nicht aktivierungspflichtigen Elementen andererseits. Die aktivierungspflichtigen Bestandteile stellen die Wertuntergrenze (den Mindestumfang) der HK dar. Werden der Wertuntergrenze alle aktivierungsfähigen, aber nicht aktivierungspflichtigen Komponenten hinzuaddiert, stellt diese Summe die Wertobergrenze der HK dar. Da der Bilanzierende vom Grundsatz her einen Wert wählen kann, der zwischen der Wertunter- und Wertobergrenze liegt, sind unter diesem Aspekt die letztlich in Ansatz zu bringenden HK bzw. Teil-HK nicht eindeutig determiniert (vgl. aber HdR-E, HGB § 255, Rn. 321ff.).