Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 388
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
In der Abschaffung des Bilanzierungsverbots für selbst geschaffene immaterielle VG des AV gemäß § 248 Abs. 2 (a. F.) sah der Gesetzgeber eine "Anhebung des Informationsniveaus" (BT-Drs. 16/10067, S. 50). Ein Mehr an Informationen, die – angeblich – insbesondere von am Beginn der wirtschaftlichen Entwicklung stehenden UN dazu verwendet werden können, ihre Außendarstellung zu verbessern (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 49). Der Gesetzgeber hat in § 248 Abs. 2 ein Aktivierungswahlrecht für selbst geschaffene immaterielle VG des AV verankert (vgl. HdR-E, HGB § 248, Rn. 17ff.; fernerhin Rohleder, DB 2016, S. 1645 (1647ff.)). UN, bei denen die "[e]wigen Sorgenkinder des Bilanzrechts" (Moxter, BB 1979, S. 1102) keine bedeutende Rolle spielen, sind infolge des Aktivierungswahlrechts nicht zur Aktivierung verpflichtet und werden folglich nicht mit den bei einer Aktivierung verbundenen Dokumentationserfordernissen belastetet (vgl. BR-Drs. 344/08B, S. 7f.; überdies Laubach/Kraus/Bornhofen, DB 2009, Beilage 5 zu Heft 23, S. 19). Weiterhin von der Aktivierung ausgenommen sind – analog zu IAS 38 – selbst geschaffene Marken, Drucktitel, Verlagsrechte und ähnliche Werte und Rechte.
Rn. 388a
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Um Eingang in die Bilanz zu erhalten, muss das selbst erstellte immaterielle Gut die Eigenschaft als VG erfüllen. Die RegB stellt für das Vorliegen eines VG im handelsrechtlichen Sinne auf dessen Einzelverwertbarkeit ab. Die selbständige Verwertbarkeit setzt die "Existenz eines wirtschaftlich verwertbaren Potenzials zur Deckung von Schulden" (HdR-E, Kap. 2, Rn. 96) voraus. Entscheidet sich ein UN zur Aktivierung selbst erstellter immaterieller VG des AV, so unterliegen die aktivierten Beträge gemäß § 268 Abs. 8 aus Gläubigergesichtspunkten einer Ausschüttungssperre (vgl. HdR-E, HGB § 268, Rn. 251ff.), da ein objektiver Wert diesen VG nur schwer zugeordnet werden kann (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 50). Die Ausschüttungssperre ist als eine Art Kompromiss anzusehen, da auf der einen Seite durch das BilMoG eine Anhebung des Informationsniveaus beabsichtigt war, aber gleichzeitig auch ein hinreichender Gläubigerschutz gewährleistet bleiben sollte.
Rn. 388b
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Ob die Aktivierung selbst geschaffener immaterieller VG des AV im Mittelstand, dem das BilMoG als kostengünstigere, aber vollwertige Alternative zu den IFRS dienen sollte, breite Anwendung findet, ist aufgrund von Kostengesichtspunkten sowie aus folgendem Aspekt zu bezweifeln: Aus den Basis for Conclusions (BC) des "IFRS for SME" ist zu entnehmen, dass die selbst geschaffenen immateriellen VG des AV i. R.v. Kreditvergabeentscheidungen bei mittelständischen UN keine Berücksichtigung erfahren (vgl. SME-IFRS.BC113). Wenn die Banken als vermeintlich wichtigster JA-Adressat jener UN diesem Posten kaum (oder gar keine) Beachtung schenken, dürfte eine Anwendung jener Vorschrift im Mittelstand faktisch bedeutungslos sein. So verwundert es denn auch nicht, dass – ausweislich sich speziell dem Aktivierungsverhalten widmender empirischer Studien – lediglich eine kleine (vernachlässigbare) Minderheit der analysierten UN überhaupt Entwicklungskosten im handelsrechtlichen JA aktiviert (vgl. etwa BDI/EY/DHBW (2011), S. 11f.; Eierle/Wencki, DB 2014, S. 1029 (1030, 1036); überdies Küting/Weber (2015), S. 426). Der SME-IFRS. 18.14 geht gegenüber der handelsrechtlichen Vorschrift allerdings weiter, indem – exakt diese Bestandsaufnahme aufgreifend – (auch) eine aufwandswirksame Verbuchung von Entwicklungskosten vorgeschrieben wird.