Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Christoph Hell
Rn. 17
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Trotz der Formulierung des § 324 Abs. 1 Satz 1 hat der Gesetzgeber den persönlichen Anwendungsbereich nicht auf KapG und ihnen gleichgestellte PersG i. S. d. § 264a begrenzt, sondern unter Berücksichtigung der Regelungen der §§ 340k Abs. 5, 341k Abs. 3 sowie der §§ 53 Abs. 3 GenG, 6 Abs. 1 Satz 2 PublG rechtsformunabhängig auf alle UN, die von öffentlichem Interesse i. S. d. § 316a Satz 2 sind und keinen AR oder Verwaltungsrat haben, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt, ausgeweitet, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand des § 324 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 einschlägig ist (vgl. zu den betroffenen UN HdR-E, HGB § 324, Rn. 11ff.).
Rn. 18
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Mit § 324 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 werden eine Reihe von PIE i. S. d. § 316a Satz 2 von der Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses befreit. Die Vorschrift geht auf Art. 39 Abs. 3 (zuvor: Art. 41 Abs. 6) der AP-R (2006/2014) zurück. Sie betrifft nur solche Gesellschaften, die nicht bereits einen AR oder Verwaltungsrat aufweisen, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllen muss.
Rn. 19
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Gemäß Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 werden Gesellschaften von der Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses befreit, deren ausschließlicher Zweck in der Ausgabe von Wertpapieren i. S. d. § 2 Abs. 1 WpHG besteht, die ihrerseits durch VG besichert sind, sog. ABS. Solche Gesellschaften erwerben i. R.d. Liquiditätsbeschaffung für UN VG – üblicherweise Forderungen – dieser UN und refinanzieren diesen Kauf schließlich über die Ausgabe von Wertpapieren – üblicherweise Schuldverschreibungen – am Kap.-Markt (vgl. BT-Drs. 16/10067, S. 93; sodann Beck Bil-Komm. (2022), § 324 HGB, Rn. 15; Baumbach/Hopt (2022), § 324 HGB, Rn. 4; Haufe HGB-Komm. (2022), § 324, Rn. 20; PwC-BilMoG (2009), Abschn. K, Rn. 90).
Rn. 19a
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Diese Ausnahmeregel mag nicht wirklich zu überzeugen; sie ist vielmehr sogar als durchaus gefährlich einzustufen, da die Werthaltigkeit einer derartigen Besicherung durchaus von öffentlichem Interesse sein kann und somit einer besonderen Kontrolle bedarf, wie die sog. Finanzmarktkrise 2008/2009 sehr deutlich belegt hat (vgl. ebenso NK-AP (2022), § 324 HGB, Rn. 10). Daran ändert auch die erforderliche Anhangangabe nichts, da diese u. a. eine gesetzliche Präzisierung vermissen lässt.
Rn. 20
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Sobald die Befreiung gemäß § 324 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 in Anspruch genommen wird, ist im Anhang darzulegen, weshalb ein Prüfungsausschuss nicht eingerichtet wurde (vgl. § 324 Abs. 1 Satz 3). Über den Umfang der Anhangangaben macht der Gesetzgeber indes keine näheren Angaben. D.Verf. gehen von keinen besonderen inhaltlichen Anforderungen aus, sondern halten einen "Hinweis auf das Fehlen und die Nennung etwaiger Gründe" (PwC-BilMoG (2009), Abschn. K, Rn. 90) für ausreichend bzw. schlagen im Zweifel eine Kosten-/Nutzenerwägung vor. Nach a. A. reicht ein schlichter Verweis dagegen nicht aus, weil das Gesetz von "darlegen" spricht und im Übrigen auch der DCGK-Grundsatz des "comply or explain" dem entgegenstehe (vgl. Haufe HGB-Komm. (2022), § 324, Rn. 20).
Rn. 21
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Gemäß Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 sind Kreditinstitute i. S. d. § 340 Abs. 1, die einen organisierten Markt i. S. d. § 2 Abs. 11 WpHG nur durch die Ausgabe von Schuldtiteln i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 lit. a) WpHG "in Anspruch nehmen, wenn deren Nominalwert 100 Millionen Euro nicht übersteigt und keine Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Prospekts nach der Verordnung (EU) 2017/1129 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über den Prospekt, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei deren Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt zu veröffentlichen ist und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/71/EG (ABl. L 168 vom 30.06.2017, S. 12), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/2146 (ABl. L 325 vom 16.12.2019, S. 43) geändert worden ist, besteht", von der Verpflichtung zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses befreit. Hierbei handelt es sich um eine Bagatellklausel, die Privatplatzierungen an institutionelle Investoren in geringem Umfange umfasst und der in der Praxis nur eine unwesentliche Bedeutung zukommen dürfte (vgl. ebenso NK-AP (2022), § 324 HGB, Rn. 9). Hinzu kommt, dass Kreditinstitute i. d. R. über einen AR oder Verwaltungsrat verfügen, der die Voraussetzungen des § 100 Abs. 5 AktG erfüllt, so dass auch aufgrund dessen diese Befreiungsnorm nur eine geringe Relevanz haben dürfte (vgl. Beck Bil-Komm. (2022), § 324 HGB, Rn. 16).
Rn. 22
Stand: EL 38 – ET: 01/2023
Zudem wurden im Zuge des AReG besagte Ausnahmetatbestände um § 324 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 erweitert, wonach auch Investmentvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 KAGB vom obligatorischen Einrichten eines Prüfungsausschusses befreit ist. Hierbei handelte es sich insofern um eine Folgeänderung zu § 324 Abs. 1 Satz 1 (a. F.), als durch die damalige Erweiterung des persönlichen Anwendu...