Dr. Eberhard Mayer-Wegelin, Prof. Dr. Harald Kessler
Rn. 321
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Ob bei der Bemessung lfr. Rückstellungen prognostizierte Faktorpreisänderungen zu berücksichtigen sind, war lange Zeit umstritten (vgl. zum Diskussionsstand Kessler in: Küting/Weber 1995, § 249, Rn. 321ff.). Mit dem BilMoG hat der Gesetzgeber handels- wie steuerrechtl. weitgehend für Klarheit gesorgt. § 253 Abs. 1 Satz 2 ordnet eine Bewertung von Rückstellungen in der HB zum notwendigen Erfüllungsbetrag an. Nach der Begründung zum BilMoG verlangt dieser Bewertungsmaßstab, künftige Preis- und Kostensteigerungen bilanziell vorwegzunehmen. Entspr. wird man für sich klar abzeichnende rückläufige Preisentwicklungen annehmen müssen (so auch IDW RS HFA 34, Rn. 28). Der Einwand, in der RegB zum BilMoG sei nur von Kostensteigerungen die Rede (so Küting, K./Cassel, J./Metz, C. 2008, S. 2318; Theile, C./Stahnke, M. 2008, S. 1759), überzeugt nicht. Erklärtes Ziel der Gesetzesänderung war es klarzustellen, "dass die Höhe einer Rückstellung von den Preis- und Kostenverhältnissen im Zeitpunkt des tatsächlichen Anfalls der Aufwendungen – mithin der Erfüllung der Verpflichtung – abhängt". Auf diese Weise sollte "die Über- und Unterdotierung der Rückstellungen eingeschränkt" und die Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage "stärker als bisher den tatsächlichen (wirtschaftlichen) Verhältnissen angenähert werden" (BT-Drucks. 16/10067, S. 52, alle Zitate). Eine einseitige Berücksichtigung nur sich abzeichnender Preis- und Kostensteigerungen würde dieses Grundanliegen konterkarieren (vgl. Kessler, H. 2009, S. 277; im Ergebnis wie hier Brösel/Mindermann, 2009, S. 415).
Rn. 322–323
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
vorläufig frei
Rn. 324
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Künftige Kostentrends sind nur unter zwei Bedingungen zu berücksichtigen. Sie müssen sich zum einen auf die Höhe des Nettovermögens des UN auswirken, zum anderen nachvollziehbar sein. Die erste Bedingung ist dann erfüllt, wenn die prognostizierten Kostenentwicklungen zu höheren oder niedrigeren Aufwendungen des UN führen. Ein Beispiel hierfür sind Personalkosten. Anders verhält es sich bei Vorleistungen im Hinblick auf die künftige Erfüllungshandlung. Soll eine ungewisse Verbindl. unter Verwendung bereits eingekaufter Materialien oder unter Einsatz vorhandener Maschinen erfüllt werden, verbietet sich die Einrechnung erwarteter Preis- und Kostenänderungen in den Erfüllungsbetrag. Sie wirken sich weder finanziell noch aufwandsmäßig beim UN aus (vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer 2009, Kap. I, Rn. 27).
Rn. 325
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Im Interesse der Bilanzobjektivierung lässt der Gesetzgeber ein Abrücken von den Preis- und Kostenverhältnissen des BilSt nur zu, wenn objektive Hinweise eine Änderung des Erfüllungsbetrags bis zur Begleichung der ungewissen Verbindl. erwarten lassen (vgl. BT-Drucks. 16/10067, S. 52). Einen wichtigen Anhaltspunkt für erwartete Änderungen des Preisniveaus liefern in der Vergangenheit beobachtete Trends. Verfügt das UN über keine dokumentierten eigenen Erfahrungswerte, bietet sich der Rückgriff auf Veröffentlichungen von Branchenverbänden oder anderer Institutionen an (z. B. Deutsche Bundesbank, Institut für Wirtschaftsforschung, Institut für Weltwirtschaft; vgl. auch Küting, K./Cassel, J./Metz, C. 2009, S. 326). Sind auch diese Informationen nicht verfügbar, kann das aktuelle Inflationsziel der EZB als Schätzgrundlage dienen (vgl. IDW RS HFA 34, Rn. 27).
Rn. 326
Stand: EL 19 – ET: 05/2014
Die Trendprojektion auf den Erfüllungszeitpunkt kann – je nach Bedeutung des Rückstellungssachverhalts – mehr oder weniger ausgefeilt erfolgen. Für wesentliche Verpflichtungen liegt es nahe, die Kostenentwicklung mittels einer Regressionsanalyse zu bestimmen und fortzuschreiben. Das setzt allerdings die Verfügbarkeit hinreichend aussagekräftiger Vergangenheitsdaten voraus. Bei komplexeren Kostenstrukturen ist die Trendfortschreibung ggf. für einzelne Kostenarten (z. B. Personalkosten, Materialkosten) gesondert vorzunehmen. In anderen Fällen mag eine einfache Durchschnittsbildung genügen, die den Ausgangspunkt für die einheitliche Fortschreibung aller Kostenarten bildet. Bei wertgesicherten Geldleistungsverpflichtungen ist die Trendfortschreibung an der Entwicklung der Bezugsgröße (z. B. Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamts, Baukostenindex, Entwicklung der privaten Mietpreise) in der Vergangenheit auszurichten.
Nach dem Grundsatz der Bewertungsvorsicht sind an die Einbeziehung rückläufiger Kostenentwicklungen in den Erfüllungsbetrag ungewisser Verbindl. höhere Anforderungen zu stellen als an die Berücksichtigung von Kostensteigerungen (vgl. IDW RS HFA 34, Rn. 28; zustimmend Schubert, in: Beck Bil-Komm. 2014, § 253, Rn. 158). Sind die erwarteten Kostenermäßigungen unsicher, hat die Bewertung auf Basis der Stichtagspreisverhältnisse zu erfolgen (vgl. Gelhausen/Fey/Kämpfer 2009, Kap. I, Rn. 20). Entspr. gilt für Änderungen im Mengengerüst.
Bei kurzfristigen Verpflichtungen mit einer Laufzeit von bis zu einem Jahr mag es unter We...