Prof. Dr. Jens Poll, Ingrid Kalisch
Rn. 117
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Ab dem GJ 2010 (beginnend nach dem 31.12.2009) gelten die §§ 266, 272 in der durch das BilMoG geänderten Fassung (vgl. HdR-E, AktG § 71, Rn. 17). Nach § 272 Abs. 1a Satz 2 HGB sind eigene Aktien unabhängig vom Erwerbsgrund nicht mehr zu aktivieren, sondern in Höhe des Nennbetrags oder rechnerischen Werts in einer Vorspalte offen vom Grundkap. abzusetzen ((Nettomethode); vgl. auch HdR-E, HGB § 272, Rn. 51; BeckOK-HGB (2024), § 272, Rn. 32ff.; MünchKomm. HGB (2024), § 272, Rn. 21). Soweit die AK darüber hinaus gehen, sind sie mit den freien Rücklagen zu verrechnen. Angelehnt an die IFRS stellt sich der Erwerb eigener Aktien damit wirtschaftlich als Sonderfall einer Kap.-Herabsetzung dar (vgl. Bruckmeier/Zwirner/Künkele, DStR 2010, S. 1640; MünchKomm. HGB (2024), § 272, Rn. 24). Diese Entkoppelung der RL-Vorschriften von der Kap.-Grenze gemäß § 71 Abs. 2 Satz 2 AktG wird in Teilen der aktien- und bilanzrechtlichen Literatur als problematisch angesehen (vgl. MünchKomm. HGB (2024), § 272, Rn. 21, m. w. N.). Teilweise wird hierzu vertreten, dass analog zu § 237 Abs. 5 AktG der Nennbetrag der eigenen Aktien (der i. R.d. Nettomethode vom Grundkap. abgesetzt wurde) in die Kap.-Rücklage einzustellen ist (vgl. Hüffer-AktG (2024), § 71, Rn. 27). Im Hinblick auf den Hintergrund der Reform und die Begründung des Gesetzgebers zur Neufassung der einschlägigen Vorschriften liegt hier offenbar eine Regelungslücke vor: Zwar sollte die Bilanzierung eigener Anteile an die internationalen RL-Vorschriften angenähert werden, es besteht allerdings keinerlei Anhaltspunkt, dass der Gesetzgeber den Kap.- und Gläubigerschutz mit der Reform lockern wollte.
Rn. 118
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Anschaffungsnebenkosten sind als Aufwand in der GuV zu berücksichtigen (vgl. § 272 Abs. 1a Satz 3; des Weiteren auch Küting/Reuter, StuB 2008, S. 495 (496); BeckOGK-AktG (2024), § 71, Rn. 241).
Rn. 119
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Erwirbt ein UN eigene Aktien unter pari, also für ein geringeres Entgelt als deren Nennbetrag oder rechnerischen Wert, ergibt sich ein positiver Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag und den AK, dessen Verrechnung nach § 272 Abs. 1a Satz 2 zu einer Erhöhung der frei verfügbaren Rücklagen und damit des ausschüttungsfähigen Gewinns zu Lasten des Kap. führen würde (vgl. so offenbar KK-RLR (2011), § 272 HGB, Rn. 85). Es erscheint aber nicht plausibel, dass der Gesetzgeber auf diesem Wege eine Kap.-Rückzahlung ohne Einhaltung der dafür sonst vorgeschriebenen Sicherungen gestatten will. In der aktienrechtlichen Literatur wird daher vertreten, dass der Unterschiedsbetrag in eine gebundene Rücklage einzustellen ist, die bei einer Veräußerung der eigenen Aktien zu einem höheren Betrag als den AK ganz oder teilweise aufzulösen ist (vgl. BeckOGK-AktG (2024), § 71, Rn. 241; MünchKomm. HGB (2024), § 272, Rn. 34ff.). Im Interesse eines effektiven Kap.- und Gläubigerschutzes ist dieser Auffassung zuzustimmen.
Rn. 120
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Gemäß IAS 32.33 sind eigene Aktien gleichfalls nicht als Aktiva auszuweisen, sondern vom EK abzuziehen. Nach IFRS sind jedoch die Anschaffungsnebenkosten ebenso wie der Anschaffungspreis zu behandeln. Letztlich wirkt sich dieser Unterschied nur auf die Ergebnisdarstellung im GJ des Rückkaufs, nicht jedoch auf die Bilanzierung von Vermögenswerten und Schulden aus (vgl. Kirsch, PiR 2009, S. 185 (188)). IAS 32 legt die Art und Weise der Verrechnung nicht fest. Zulässig ist (i) die Verminderung des EK in Höhe der AK durch einen gesonderten Posten ("cost method" oder "one-line adjustment"); (ii) Verrechnung des Nennwerts der Aktien mit dem gezeichneten Kap. sowie des ursprünglichen Agios mit der Kap.-Rücklage. Ein etwaiger Differenzbetrag zu den AK wird von den Gewinnrücklagen abgezogen, die keinen Beschränkungen bei der Verwendung unterliegen ("par value method"); (iii) Absetzung des Nennwerts der Aktien vom gezeichneten Kap. und Verrechnung der Differenz zu den AK mit den übrigen EK-Posten unter Beachtung etwaiger gesellschaftsrechtlicher Beschränkungen ("constructive retirement method" oder modifizierte "par value method").