Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 253
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Die Besonderheit des Bilanzpostens "Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau" besteht darin (vgl. HdR-E, HGB § 266, Rn. 34ff.), dass er materiell zunächst als Sammelposten für die AHK von VG mit einem mehrjährigen Anschaffungs- oder Herstellungszeitraum anzusehen ist. Dabei handelt es sich um sämtliche in der Abrechnungsperiode noch nicht abgeschlossene Investitionsvorhaben. Die in früheren GJ angesammelten Aufwendungen sind im Jahr der Vollendung des betreffenden Investitionsobjekts in den entsprechenden Posten der Bilanz umzubuchen.
Rn. 254
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Aus dem Charakter des Postens, der Vorleistungen auf im Übrigen noch schwebende Geschäfte abbildet, ergibt sich, dass die betreffende Zeile im Anlagespiegel regelmäßig keine Zu- und Abschreibungsbeträge enthalten kann. Denn unzulässig ist auch eine außerplanmäßige Abschreibung auf geleistete Anzahlungen zwecks Drohverlusterfassung, wenn der Nennwert den beizulegenden Zeitwert des anzuschaffenden VG übersteigt. Hier kommt vielmehr die Bildung einer Drohverlustrückstellung in Betracht. Abgänge können grds. nur insoweit auftreten, als bspw. vor Beendigung der Herstellung eines VG festgestellt wird, dass in der Spalte der gesamten AHK bereits Aufwendungen Eingang gefunden haben, die nicht aktivierungsfähig sind. Hierbei sind die für nachträgliche AHK-Minderungen aufgestellten Grundsätze analog anzuwenden (vgl. HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 176ff., 184). Hinsichtlich der Ausweis- bzw. Umbuchungstechnik werden im Schrifttum zwei Verfahrensweisen diskutiert, die nach hier vertretener Auffassung beide zulässig sind.
Rn. 255
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Bei der Variante I werden die tatsächlich aufgewendeten Beträge für die mehrjährige Anschaffung oder Herstellung zunächst jeweils als Zugänge bei den geleisteten Anzahlungen und Anlagen im Bau ausgewiesen und im darauf folgenden GJ in die Spalte der gesamten AHK übernommen. Im Jahr der Beendigung der jeweiligen Investition werden die Aufwendungen der laufenden Periode als Zugänge gezeigt, bevor sie, gleichzeitig mit den bis dahin aufgelaufenen AHK, in die Umbuchungsspalte bei den geleisteten Anzahlungen und Anlagen im Bau als Negativbetrag und bei dem zugehörigen Bilanzposten als positiver Betrag eingehen. Folgende Übersicht illustriert diese Ausweistechnik für den Fall, dass die Umbuchung im ersten Halbjahr erfolgt und eine volle Jahresabschreibung bei einer ND von 10 Jahren zu verrechnen ist.
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(6) |
(7) |
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(9) |
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Historische AHK |
Abschreibungen |
RBW (31.12.) |
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01.01. |
Zugänge des GJ |
Umbuchungen des GJ |
kumuliert (01.01.) |
das GJ betreffend |
Umbuchungen das GJ betreffend |
Abgänge das GJ betreffend |
kumuliert (31.12.) |
Technische Anlagen und Maschinen |
– |
– |
1.100 |
– |
110 |
– |
– |
110 |
990 |
Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau |
1.000 |
100 |
./. 1.100 |
– |
– |
– |
– |
– |
– |
Übersicht: Ausweis von Umbuchungen aus dem Posten "Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau" (Variante I)
Rn. 256
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
An Variante I wird insbesondere kritisiert, dass die Zugänge bei den geleisteten Anzahlungen und Anlagen im Bau auch solche Beträge enthalten, die am BilSt unmittelbar einem Bilanzposten zuordenbar sind. Unter der Prämisse, dass die "Umbuchungen des Anlagespiegels im Gegensatz zu den Zugängen nicht zeitraumbezogen, sondern stichtagsbezogen zu interpretieren sind" (ADS (1997), § 268, Rn. 79), wird alternativ vorgeschlagen, die Umbuchungen lediglich in Höhe der in vor dem Jahr der Fertigstellung insgesamt angefallenen Beträge der Anlagen im Bau und der noch nicht abrechenbaren Anzahlungen vorzunehmen und die zu aktivierenden GJ-Aufwendungen unmittelbar als Zugang bei den betreffenden Bilanzposten aufzuzeigen (Variante II), denen sie am GJ-Ende zugerechnet werden. Folgende Übersicht deutet analog zur Übersicht in HdR-E, HGB §§ 284–288, Rn. 255, die entsprechende Ausweistechnik an.
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Historische AHK |
Abschreibungen |
RBW (31.12.) |
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01.01. |
Zugänge des GJ |
Umbuchungen des GJ |
kumuliert (01.01.) |
das GJ betreffend |
Umbuchungen das GJ betreffend |
Abgänge das GJ betreffend |
kumuliert (31.12.) |
Technische Anlagen und Maschinen |
– |
100 |
1.000 |
– |
110 |
– |
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110 |
990 |
Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau |
1.000 |
– |
./.1.000 |
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– |
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Übersicht: Ausweis von Umbuchungen aus dem Posten "Geleistete Anzahlungen und Anlagen im Bau" (Variante II)
Rn. 257
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Nach der hier vertretenen Auffassung sprechen für beide Verfahrensweisen gleichgewichtige spiegelbildliche Argumente (vgl. mit a. A. z. B. ADS (1997), § 268, Rn. 79; Beck Bil-Komm. (2020), § 284 HGB, Rn. 275, die jeweils Variante II bevorzugen). Variante I zeigt den Umbuchungsbetrag vollständig auf. Die Umbuchung erfolgt zu den vollen historischen AHK. Allerdings wird dabei die eindeutig identifizierbare Investitionsart des laufenden GJ nicht zutreffend gezeigt. Dieses wird durch Variante II vermieden, wobei die Umbuchungsspalte lediglich Beträge aus früheren GJ enthält. Beide Auffassungen sind vertretbar...