Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge, Prof. Dr. Stefan Thiele
Rn. 75i
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Aus der unmittelbaren Anwendung der AP-VO ergibt sich auch eine verpflichtende externe Rotation des AP nach zehn Jahren (vgl. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 2 der AP-VO; im Übrigen HdR-E, HGB § 316a, Rn. 32), d. h., PIE dürfen nur noch max. zehn Jahre in Folge vom selben AP geprüft werden. Im Anschluss an diesen Zeitraum muss der AP gewechselt werden.
Rn. 75j
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Art. 17 Abs. 4 der AP-VO enthält ein Mitgliedstaatenwahlrecht, wonach die Höchstlaufzeit des Prüfungsmandats verlängert werden kann. Von diesem Wahlrecht wurde mit § 318 Abs. 1 a (a. F.) Gebrauch gemacht und die Verlängerung der Höchstlaufzeit des Prüfungsmandats auf 20 Jahre bzw. auf 24 Jahre im Falle eines Joint Audits ermöglicht. Mit dem Gesetz zur Stärkung der Finanzmarktintegrität (FISG) vom 03.06.2021 (BGBl. I 2021, S. 1534ff.) als Reaktion auf den sog. Wirecard-Skandal wurde die externe Pflichtrotation für PIE indes verschärft, indem die zuvor vorhandenen Verlängerungsmöglichkeiten ersatzlos gestrichen wurden. Mit den schärferen Regelungen zur Rotation soll die Unabhängigkeit des AP weiter gestärkt werden, indem einer zu großen Nähe zwischen AP und zu prüfendem UN vorgebeugt werden soll (vgl. Bormann/Böttger, NZG 2021, S. 330 (333f.)). Die Wirkung der Prüfungsrotation auf die Prüfungsqualität ist empirisch allerdings nicht eindeutig nachweisbar; vielmehr sind die Forschungsbefunde uneinheitlich, zumal bei längerer Mandatsdauer die Prüfungsqualität auch durch gegenläufige Auswirkungen eines Wechsels des AP sowohl auf die Urteilsfähigkeit als auch auf die Unabhängigkeit beeinflusst werden kann (vgl. Quick/Sánchez Toledano/Sánchez Toledano, AG 2020, S. 819 (823ff.), m. w. N.).
Rn. 75k
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die externe Rotation des AP gilt darüber hinaus faktisch auch für bestimmte der Aufsicht der BaFin unterliegende UN, die nicht unter die PIE-Definition gemäß § 316a fallen. So ist nach § 28 Abs. 1 Satz 3 KWG, § 36 Abs. 1 Satz 3 VAG und § 23 Abs. 1 Satz 3 ZAG geboten, dass die BaFin einen anderen AP bestellt, sofern das zu prüfende Versicherungs-UN oder Kreditinstitut der BaFin für mehr als zehn aufeinanderfolgende GJ denselben Prüfer angezeigt hat.
Rn. 75l
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Die Ermittlung der Höchstlaufzeit ist in Art. 17 Abs. 8 der AP-VO geregelt. Die relevante Dauer des Prüfungsmandats beginnt mit dem ersten GJ, welches im Auftragsschreiben erfasst ist, in dem der AP oder die WPG erstmals für die Durchführung von aufeinanderfolgenden Prüfungen bei demselben UN (PIE) bestellt wurde. Wird ein UN im laufenden GJ als PIE eingestuft, beginnt die Berechnung der max. Dauer des Prüfungsauftrags mit dem ersten Jahr, in dem das geprüfte UN am BilSt ein PIE war (vgl. CEAOB (2019), S. 4; APAS (2021b), S. 2; IDW (2021), S. 23f.). GJ, in denen das zu prüfende UN noch kein PIE war, zählen nicht mit (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 88.1; Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 56; IDW (2021), S. 25; a. A. BeckOGK-HGB (2024), § 318, Rn. 125). Nicht abschließend geklärt ist, ob ein einmaliger Wechsel des AP zur Unterbrechung der Höchstlaufzeit führt und die Berechnung der Höchstlaufzeit neu zu starten hat. Der Wortlaut des Art. 17 Abs. 1 ist nicht eindeutig (vgl. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 88.1). Ein einmaliger (und gezielter) Wechsel darf indes nicht zu einem Neubeginn der Zählung führen, da ansonsten die Gefahr einer zu großen Vertrautheit zwischen AP und zu prüfendem UN besteht (vgl. CEAOB (2019), S. 2; APAS (2021a), S. 2; Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 56; a. A. Bonner HGB-Komm. (2022), § 318, Rn. 88.1, wonach ein Neubeginn der Berechnung möglich scheint, der AP indes in seinen Erklärungen darauf aufmerksam machen muss, sowie IDW (2021), S. 27, wonach zumindest die Zeit der Unterbrechung den 10-Jahreszeitraum verlängert). Bei längeren bzw. nicht gezielten Unterbrechungen kann der AP nach Wiederaufnahme die Prüfung für weitere GJ durchführen, bis die Höchstlaufzeit von zehn Jahren erreicht wird (vgl. Beck Bil-Komm. (2024), § 318 HGB, Rn. 57). Bei einer Unterbrechung von vier Jahren oder mehr ist die "Cooling-off"-Periode abgelaufen (vgl. HdR-E, HGB § 318, Rn. 75o), so dass die Zählung der Höchstlaufzeit per se neu beginnt.
Rn. 75m
Stand: EL 44 – ET: 12/2024
Eine Verlängerung der Höchstlaufzeit ist nach Art. 17 Abs. 6 der AP-VO in Ausnahmefällen möglich. So kann das zu prüfende UN (PIE) bei der zuständigen Behörde – in Deutschland ist dies die APAS – beantragen, dass der AP für ein weiteres Mandat von höchstens zwei Jahren bestellt wird, sofern die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 4 lit. a) oder b) der AP-VO erfüllt sind. Art. 17 Abs. 4 lit. a) oder b) der AP-VO setzen voraus, dass ein öffentliches Ausschreibungsverfahren im Einklang mit Art. 16 Abs. 2 bis 5 der AP-VO durchgeführt wird (vgl. Art. 17 Abs. 4 lit. a) der AP-VO) oder es sich um die Beauftragung einer Gemeinschaftsprüfung handelt (vgl. Art. 17 Abs. 4 lit. b) der AP-VO). Eine im Ausnahmefall mögliche Verlängerung ist...