Dr. Wolfgang Knop, Dr. Peter Küting
Rn. 43
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Zu den AK können entsprechend bisheriger Bilanzierungspraxis auch Aufwendungen gehören, die erst längere Zeit nach dem Erwerb des VG (= nachträgliche Aufwendungen) anfallen, etwa, wenn mit den nachträglichen Aufwendungen eine andere als die bisherige Nutzung des VG beabsichtigt wird (z. B. durch Verbesserungen, Umbauten).
Rn. 44
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
In diesem Zusammenhang ergibt sich die Abgrenzungsnotwendigkeit zu den HK. Aufgrund der hier vertretenen Auffassung können nachträgliche AK nicht mehr angenommen werden, wenn es sich bei den entsprechenden Aufwendungen um Beträge handelt, die im Kontext mit Maßnahmen anfallen, die Bestandteil eines Herstellungsvorgangs sind (vgl. so auch Heymann (2020), § 255 HGB, Rn. 24). I.d.S. können nachträgliche AK nur angenommen werden, wenn die die Kosten verursachenden Maßnahmen nicht zu einer Veränderung des ursprünglichen betriebsbereiten Zustands führen. Allg. ausgedrückt dürfte es sich demnach nur um solche Aufwendungen handeln, die, wenn sie im Zeitpunkt der Anschaffung bekannt gewesen wären, entweder als Anschaffungspreisbestandteil oder als Anschaffungsnebenkosten hätten klassifiziert werden müssen, d. h., nachträgliche AK müssen im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Erwerbsvorgang stehen (vgl. Kraft/Kraft, BB 1992, S. 2465 (2466)). Z.T. wird auch gefordert, dass durch die nachträglichen AK die Benutzbarkeit des angeschafften VG erhöht wird bzw. sein Wert steigt (vgl. z. B. Kraft/Kraft, BB 1992, S. 2465 (2466)). Diese Forderung erscheint im Hinblick auf die Abgrenzung zu HK – und hier speziell der Abgrenzung von Erhaltungs- und Herstellungsaufwand – für die nachträglichen AK als zu weitgehend. Als nachträgliche AK können nur solche Beträge angesehen werden, die das Wesen des VG nicht verändern und eine Beziehung zum Anschaffungsvorgang aufweisen. Wenn i. d. S. nachträgliche AK keine Aufwendungen beinhalten, die zu einer Wesensveränderung des VG führen, kann es sich hierbei nur um Aufwendungen handeln, die erforderlich sind, um einen, und zwar den ersten betriebsbedingten Zustand des VG zu erreichen bzw. zu sichern. Die gesonderte gesetzliche Erwähnung der nachträglichen AK kann nur dahingehend verstanden werden, dass die Klassifizierung von Aufwendungen als AK unabhängig von der Zeitschiene zu sehen ist, d. h., sofern Aufwendungen sachlich dem Zeitraum des Anschaffungsvorgangs zuzuordnen sind, gelten sie unabhängig von ihrem tatsächlichen Anfall als dem Anschaffungsvorgang zugerechnet.
Rn. 45
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Konkretisierungen einzelner Größen, die im Zeitpunkt der Anschaffung geschätzt werden mussten, zählen jedoch nur zu den nachträglichen AK, wenn die Grundlagen, auf denen die Schätzung basierte, wesentlich verändert worden sind. Gleitklauseln, die i. R.d. Anschaffung mit dem Verkäufer vereinbart worden sind, zählen ebenfalls nicht zu den nachträglichen AK, zumal die sich hieraus ergebenden Effekte, sofern sie nicht als eine Veränderung der Grundlagen, die bei Schätzung der quantitativen Ausprägung dieser Gleitklauseln verwandt wurden, anzusehen sind, nicht im Zusammenhang mit dem konkreten Anschaffungsvorgang stehen (vgl. HdR-E, HGB § 255, Rn. 81).
Rn. 46
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Häufig werden die insbesondere im Steuerrecht als anschaffungsnahe Aufwendungen umschriebenen Tatbestände unter die nachträglichen AK subsumiert (vgl. ADS (2023), § 255, Rn. 89ff.). Als anschaffungsnahe Aufwendungen gelten typischerweise solche Aufwendungen, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Anschaffung eines VG bzw. WG stehen (vgl. auch § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG; zuvor: R 157 Abs. 4 Satz 1 EStR (a. F.); sodann HdR-E, HGB § 255, Rn. 355ff.). Dies verdeutlicht jedoch, dass eine Subsumtion unter die nachträglichen AK begrifflich wohl nicht möglich ist, zumal die Formulierung "nachträglich" unzweifelhaft darauf abzielt, dass der Anschaffungsvorgang an sich abgeschlossen ist, mithin grds. nur Aufwendungen umfassen kann, die nach betreffendem Vorgang anfallen – jedoch nicht i. R.e. Herstellungsvorgangs – und die zu AK geführt hätten, sofern sie vor Abschluss des Anschaffungsvorgangs angefallen wären. Nur für den Fall, dass Aufwendungen unmittelbar nach Abschluss des Anschaffungsvorgangs anfallen, kann insoweit eine Identität zwischen anschaffungsnahen und nachträglichen AK gegeben sein.
Rn. 47
Stand: EL 41 – ET: 12/2023
Der Terminus "anschaffungsnahe Aufwendungen" (vgl. auch HdR-E, HGB § 255, Rn. 355ff.) kann nach hier vertretener Ansicht im Kontext mit nachträglichen AK nur unter dem Gesichtspunkt der Objektivierung des gesetzlich geforderten betriebsbereiten Zustands verstanden werden. Es liegt unstreitig die Vermutung nahe, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit einem neu angeschafften VG, die in zeitlicher Nähe zu der eigentlichen Beschaffungstransaktion getätigt werden, dazu dienen, einen von Anfang an angestrebten betriebsbereiten Zustand zu erreichen. Eine Aktivierung solch anschaffungsnaher Aufwendungen als AK kann demnach nur in Betracht...