Prof. Paul Scharpf, Dr. Joachim Brixner
Rn. 114
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Die als Sicherungsinstrumente vorgesehenen Finanzinstrumente sind im Zeitpunkt der Begründung der Bewertungseinheit auf ihre Eignung zur Absicherung gegen das definierte und abzusichernde Risiko hin zu untersuchen (vgl. auch BR-Drs. 344/08, S. 126; ebenso IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 38: "Die als Sicherungsinstrumente vorgesehenen Finanzinstrumente müssen zur Absicherung gegen das spezifizierte Risiko des Grundgeschäfts geeignet sein"). Wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen, hängt die Eignung eines Sicherungsinstruments auch mit der Messung der Wirksamkeit zusammen. Von Eignung wird dann gesprochen, wenn ex ante erwartet werden kann, dass ein Sicherungsinstrument seinen Zweck (Aufgabe) angemessen erfüllen wird. Von Wirksamkeit wird hingegen gesprochen, wenn ex post die Zweckerfüllung erhärtet (belegt) werden kann (vgl. Bonner HGB-Komm. (2015), § 254, Rn. 36).
Es gilt der Grundsatz: Umfang, Zulässigkeit und/oder Zweck des Sicherungsinstruments werden vom Grundgeschäft und dessen zu sicherndem Risiko bestimmt; dies impliziert, dass es sich um ein geeignetes Sicherungsinstrument handeln muss (vgl. Beck Bil-Komm. (2018), § 254 HGB, Rn. 2, wonach ebenfalls explizit auf die Eignung des Sicherungsinstruments abgestellt wird; ebenso Petersen/Zwirner/Froschhammer, StuB 2009, S. 449 (451)).
Entscheidend für die Eignung als Sicherungsinstrument ist, dass die Deckungsfähigkeit gegeben ist oder hergestellt werden kann (vgl. HdR-E, HGB § 254, Rn. 54).
Die Eignung als Sicherungsinstrument ist grds. nachzuweisen und zu dokumentieren. Die Eignungsprüfung hat im Grundsatz quantitativ zu erfolgen (vgl. ebenso Beck-HdR, B 737 (2014), Rn. 158).
§ 254 überlässt es dem bilanzierenden Unternehmen, ob es als Sicherungsinstrument ein originäres oder derivatives Finanzinstrument verwenden möchte.
Beispiel:
Das Unternehmen X erwirbt ein festverzinsliches Wertpapier mit einem Nominalbetrag von 100 Mio. EUR und einer (Rest-)Laufzeit von fünf Jahren. UN X möchte sich gegen das Risiko einer durch eine befürchtete Zinssteigerung verursachten Marktwertminderung des Wertpapiers absichern. Hierzu hat es grds. verschiedene Alternativen:
(1) |
Abschluss eines Payer-Zinsswaps über nominal 100 Mio. EUR (Unternehmen X zahlt den aus dem Wertpapier erhaltenen Festsatz in den Zinsswap und erhält im Gegenzug variable Zinsen). Steigen die Zinsen wie erwartet, wird die Wertminderung des Wertpapiers (weitgehend) durch die Marktwertsteigerung des Zinsswaps kompensiert. |
(2) |
Refinanzierung des Wertpapiers mittels einer fristenkongruent emittierten Anleihe (Verbindlichkeit) über 100 Mio. EUR. Hier gleichen sich ebenso die Wertänderungen des Wertpapiers und der Verbindlichkeit aus. |
Die Alternativen (1) und (2) sind geeignete Sicherungsinstrumente.
Rn. 115
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Ein Finanzinstrument klassifiziert sich (nur) als Sicherungsinstrument, wenn mit ihm die in einem oder mehreren Grundgeschäften liegenden Wertänderungs- oder Zahlungsstromänderungsrisiken dem Grunde und der Höhe nach abgesichert, d. h. ausgeglichen, werden sollen und können (vgl. Beck Bil-Komm. (2018), § 254 HGB, Rn. 25, 27). Hierzu gehört, dass das Sicherungsinstrument demselben zur Sicherung eingesetzten (Teil-)Risiko (denselben Risiken) ausgesetzt ist wie das Grundgeschäft.
In diesem Zusammenhang sind die im Schrifttum als Voraussetzungen genannten Grundsätze der "Herstellung eines wirtschaftlichen Zusammenhangs zwischen Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten" sowie der "homogenen Beeinflussung von Gewinnchance und Verlustrisiko bzw. Cashflow-Änderungen" zu beachten (vgl. detailliert Pfitzer/Scharpf/Schaber, WPg 2007, S. 675 (680f.), m. w. N.).
Rn. 116
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Es hat sich gezeigt, dass die Verwendung von (negativen) Korrelationen der Wertänderungen von Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten zur Beurteilung der Wirksamkeit und damit der Eignung als Sicherungsinstrument nicht überzeugend ist, da in der Praxis für viele Sicherungsbeziehungen regelmäßig keine Korrelationen der Wertänderungen der verbundenen Geschäfte berechnet werden. Damit erscheint es nicht sinnvoll, die objektive Eignung als Sicherungsinstrument an Korrelationskoeffizienten festmachen zu wollen. Zudem finden die im Schrifttum geforderten Mindestwerte i. d. R. keinerlei Rechtfertigung und sind damit als willkürliche Grenzziehung anzusehen (vgl. hierzu auch Bonner HGB-Komm. (2015), § 254, Rn. 41).
Rn. 117
Stand: EL 27 – ET: 04/2018
Ein Sicherungsinstrument ist nach der hier vertretenen Ansicht stets dann geeignet, wenn es erfahrungsgemäß oder nachgewiesenermaßen zum bestmöglichen Sicherungserfolg führt, was üblicherweise bei sog. Plain-Vanilla-Geschäften der Fall ist (vgl. ebenso IDW RS HFA 35 (2011), Rn. 38; Weigel et al., WPg 2012, S. 71 (79)), es sei denn, dass das Grundgeschäft dieselben (identischen) zusätzlichen Merkmale (andere Risiken, "knock-in" bzw. "knock-out" etc.) wie das strukturierte Sicherungsinstrument enthält und insoweit nur der bestmögli...