Rn. 49
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Neben den drei vorstehend genannten Grundsätzen werden in der Literatur bzw. in DRS 20 weitere Lageberichtsgrundsätze definiert. DRS 20.31 kodifiziert den Grundsatz der Vermittlung der Sicht der UN-Leitung. Danach muss der Lagebericht die Einschätzungen und Beurteilungen der UN-Leitung zum Ausdruck bringen. Mit der UN-Leitung sind die gesetzlichen Vertreter des UN gemeint, also z. B. die Vorstandsmitglieder einer AG oder die Geschäftsführung einer GmbH. Der Grundsatz leitet sich aus § 289 Abs. 1 Satz 2 ab (vgl. Fink/Kajüter (2021), S. 92). Die danach geforderte umfassende Analyse von Geschäftsverlauf und Lage liegt stets in der Verantwortung der UN-Leitung und spiegelt somit naturgemäß dessen subjektive Sichtweise wider.
Rn. 50
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International wird dieser Grundsatz auch als Management Approach bezeichnet. Er findet sich sowohl in der amerikanischen MD&A als auch im Management Commentary des IASB (vgl. Hartmann (2006), S. 177f.; Hüfner, BFuP 2007, S. 289 (295); Kajüter/Guttmeier, DB 2009, S. 2333 (2334); IFRS-Komm. (2019), Kap. X, Rn. 50). So formuliert die SEC die Zielsetzung der MD&A als "to give the investor an opportunity to look at the company through the eyes of management" (SEC-Release 33–6835, III.A). Gemäß dem IFRS-MCPS1 (vgl. auch HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 345ff.) ist eben dieser "management view" ebenfalls ein zentraler Grundsatz des Management Commentary.
Rn. 51
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Der Management Approach als Konzept der IFRS-RL impliziert darüber hinaus, dass zur UN-Steuerung genutzte Daten eine Zweitverwendung i. R.d. Bilanzierung und Berichterstattung erlangen (vgl. IFRS-Komm. (2019), Kap. X, Rn. 15). Auch diesen Aspekt setzt DRS 20 um, indem bestimmte Angabepflichten im Lagebericht an die interne Steuerung geknüpft werden. So sind z. B. bei den bedeutsamsten finanziellen und nichtfinanziellen Leistungsindikatoren jene zu berichten, die auch zur internen Steuerung des UN herangezogen werden (vgl. HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 82).
Rn. 52
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Weiterhin folgt DRS 20 dem Management Approach, indem auf UN-interne Strukturen zurückgegriffen wird. So muss segmentbezogenen Informationen im Lagebericht dieselbe Segmentabgrenzung zugrunde liegen wie jene im JA, sofern dieser eine Segmentberichterstattung umfasst (vgl. DRS 20.27). Auch dadurch sollen die Adressaten einen Einblick erhalten, wie das UN intern gesteuert wird (vgl. Fink/Keck, WPg 2004, S. 1077 (1085); Kajüter DB 2004, S. 197 (199f.); Böcking/Stein, DK 2006, S. 753 (755); Buchheim/Knorr, WPg 2006, S. 413 (417)).
Rn. 53
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DRS 20 formuliert den Grundsatz der Wesentlichkeit nicht nur als einschränkenden Aspekt der Vollständigkeit, sondern auch als eigenständigen Grundsatz der Lageberichterstattung. Fast tautologisch wird verlangt, dass der Lagebericht sich auf wesentliche Informationen konzentrieren muss (vgl. DRS 20.32). Durch die Fokussierung auf wesentliche Informationen soll vermieden werden, dass es bei den Lageberichtsadressaten zu einem "information overload" kommt und wesentliche Informationen in einer Fülle an weniger wichtigen Details untergehen. Angesichts der in den letzten Jahren stetig gestiegenen Zahl an Berichtspflichten (v.a. für kap.-marktorientierte UN) kommt dem Grundsatz der Wesentlichkeit eine zunehmende Bedeutung zu.
Rn. 54
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Wesentlichkeit wird in der Literatur sowie in Standards und Rahmenwerken zur UN-Berichterstattung teilweise unterschiedlich definiert (vgl. Ossadnik, BB 1993, S. 1763ff.; Fink/Kajüter (2021), S. 95 f.). Allg. sind Informationen als wesentlich anzusehen, wenn sie die Entscheidungen eines verständigen Adressaten des Lageberichts zu beeinflussen vermögen. Ähnlich definiert Art. 2 Abs. 16 der Bilanz-R Wesentlichkeit für den Abschluss. Informationen gelten dann als wesentlich, "wenn vernünftigerweise zu erwarten ist, dass ihre Auslassung oder fehlerhafte Angabe Entscheidungen beeinflusst, die Nutzer auf der Grundlage des Abschlusses des Unternehmens treffen". Die Wesentlichkeit einer Information hängt stets von den UN-spezifischen Gegebenheiten ab (u. a. dem Umfeld, der Strategie und dem Geschäftsmodell des UN). Sie wird auch durch die Art des Sachverhalts und das Ausmaß seiner möglichen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage und die voraussichtliche Entwicklung des UN beeinflusst. Daher ist es nicht möglich, die Wesentlichkeit für den Lagebericht anhand quantitativer Schwellenwerte zu bestimmen. Vielmehr erfordert die Ermittlung wesentlicher Informationen eine individuelle Beurteilung und ist letztlich eine ermessensbehaftete Entscheidung der UN-Leitung.
Rn. 55
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An einigen Stellen heben das Gesetz und DRS 20 die Wesentlichkeit besonders hervor. Dies ist z. B. der Fall bei den "bedeutsamsten finanziellen Leistungsindikatoren" (§ 289 Abs. 1 Satz 3), den "wesentlichen Chancen und Risiken" (§ 289 Abs. 1 Satz 4), der Einbeziehung nichtfinanzieller L...