Prof. Dr. Michael Dusemond, Dr. h.c. Armin Pfirmann
Rn. 474
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Rückstellungen nach IFRS ("provisions") sind allg. nach den Regelungen des IAS 37 zu passivieren (zu den Ausnahmen vgl. IAS 37.1ff.), wobei rückstellungsrelevante Leistungen an AN nach den Regelungen des IAS 19 zu bilanzieren sind (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 908ff.). Für die ebenfalls in IAS 37 geregelten Eventualschulden ("contingent liabilities") hingegen, die eine mögliche Verpflichtung darstellen, die am BilSt nicht hinreichend konkretisiert ist, besteht ein bilanzielles Ansatzverbot. Im Anhang sind Eventualschulden allerdings anzugeben und zu erläutern (vgl. IAS 37.10ff.; IAS 37.27ff. i. V. m. IAS 37.86; zur Klassifizierung sowie zur Bewertung von "provisions" und "(contingent) liabilities" ausführlich GAAP-EY (2020), S. 1841ff.; iGAAP (2019A), S. 766ff.).
Rn. 475
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Eine Rückstellung muss – wie nach HGB – angesetzt werden, wenn aus einem Ereignis der Vergangenheit eine gegenwärtige Verpflichtung resultiert (rechtlich oder faktisch), ein Ressourcenabfluss überwiegend wahrscheinlich ist (d. h., es sprechen mehr Gründe dafür als dagegen) und die Höhe der wahrscheinlich erwarteten Zahlung zuverlässig (zumindest als ein Intervall) geschätzt werden kann (vgl. IAS 37.14). Ein verpflichtendes Ereignis ist ein Ereignis, das eine gegenwärtige rechtliche oder faktische Verpflichtung begründet, der sich das UN nicht entziehen kann (vgl. IAS 37.10 und IAS 37.17 sowie Beck IFRS-HB (2016), § 13, Rn. 8ff.; Pellens et al. (2017), S. 551). So ist bspw. für die erteilte Auflage zum Einbau eines Filters eine Rückstellungsbildung nicht zulässig, da sich das UN dieser Verpflichtung bspw. durch Änderung der Produktionsverfahren entziehen kann (vgl. IAS 37.19). Auch sind – anders als nach HGB – keinerlei Aufwandsrückstellungen zulässig, da zwingend eine (Außen-)Verpflichtung gegenüber einem Dritten gegeben sein muss (vgl. IAS 37.20). Demgegenüber sind in der HB nach § 249 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und auch in der StB (Aufwands-)Rückstellungen für im GJ unterlassene Aufwendungen für Instandhaltung, die im folgenden GJ innerhalb von drei Monaten, und für Abraumbeseitigung, die im folgenden GJ nachgeholt werden, zwingend zu bilden.
Nach IFRS sind – im Gegensatz zum HGB – von den eigentlichen Rückstellungen ("provisions") sog. abgegrenzte Schulden ("accruals") zu unterscheiden. Abgegrenzte Schulden weisen einen wesentlich höheren Grad der Sicherheit hinsichtlich Höhe und Zeitpunkt der Erfüllung der Verpflichtung auf (vgl. IAS 37.11(b)) und sind deshalb als Verbindlichkeiten auszuweisen. Hiervon betroffen sind bspw. Verpflichtungen wegen ausstehenden Urlaubs, Verpflichtungen wegen ausstehender Rechnungen und Beiträge zur Berufsgenossenschaft.
Rn. 476
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Die Bewertung von Rückstellungen erfolgt mit dem Betrag, der nach bestmöglicher Schätzung zur Erfüllung der gegenwärtigen Verpflichtung am BilSt erforderlich ist (vgl. IAS 37.36; weitergehend Haufe IFRS-Komm. (2020), § 21, Rn. 134ff.; zur Ermittlung des "best estimate" und weiterer bewertungsrelevanter Details auch GAAP-EY (2020), S. 1850ff.). Dabei sind – wie nach HGB – künftige Ereignisse und somit künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen (vgl. IAS 37.48ff.), sofern hierfür ausreichend objektive substanzielle Hinweise bestehen. Mögliche Gewinne bei der Veräußerung von Vermögenswerten sind bei der Rückstellungsbildung indes nicht zu berücksichtigen (vgl. IAS 37.51). Gesetzesänderungen dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn die Verabschiedung der Gesetze so gut wie sicher ist. Jedoch dürften in den meisten Fällen bis zur Verabschiedung der neuen Gesetze nicht hinreichend objektive substanzielle Hinweise hierfür vorliegen (vgl. IAS 37.50). (Sachleistungs-)Rückstellungen sind mit den zu ihrer Erfüllung aufzuwendenden angemessenen Vollkosten anzusetzen (vgl. HdR-E, HGB § 249, Rn. 913 und zu den handelsrechtlichen Regelungen HdR-E, HGB § 253, Rn. 59, 92).
Rn. 477
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Rückstellungen für einmalige Ereignisse, wie bspw. Restrukturierung, Beseitigung von Umweltschäden, Beilegung eines Rechtsstreits, werden – wie im HGB – zum wahrscheinlichsten Betrag angesetzt, der ggf. nach oben oder unten zu korrigieren ist (vgl. IAS 37.40; HdR-E, HGB § 249, Rn. 912 sowie Beck IFRS-HB (2016), § 13, Rn. 55ff., m. w. N.). Rückstellungen für eine große Anzahl von Ereignissen, wie z. B. Gewährleistung, Rückerstattungen an Kunden, werden hingegen mit dem Erwartungswert bilanziert (vgl. IAS 37.39). Weisen innerhalb einer erwarteten Bandbreite alle Beträge eine gleich hohe Wahrscheinlichkeit auf, dann ist – im Gegensatz zum HGB – der mittlere Wert der Bandbreite, ggf. korrigiert um einen Risikozuschlag oder -abschlag, zu passivieren (vgl. IAS 37.39; Haufe IFRS-Komm. (2020), § 21, Rn. 140f.; a. A. Beck IFRS-HB (2016), § 13, Rn. 59; zu den handelsrechtlichen Regelungen vgl. HdR-E, HGB § 253, Rn. 90ff.).
Rn. 478
Stand: EL 30 – ET: 5/2020
Ersatz- oder Rückgriffsansprüche gegen Dritte, wie bspw. aus Entschädi...