Prof. Dr. Peter Oser, Dipl.-Ök. Jochen Holzwarth
Rn. 427
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Zweck der Angabepflicht von Vorschüssen, Krediten und Haftungsverhältnissen ist die Offenlegung der finanziellen Verflechtung zwischen dem UN und ihren Organmitgliedern (vgl. MünchKomm. HGB (2020), § 285, Rn. 193). Kredit versteht sich dabei als die "Überlassung von Kapital bzw. Kaufkraft auf Zeit" (Hölscher/Helms (2020), S. 1247). Als Kredit kommen danach z. B. in Betracht: Vorschüsse auf Gehälter und Tantieme, jede Form der Darlehensgewährung, auch Kontokorrent-, Waren- und Abzahlungskredite etc., aber auch unübliche Stundungen (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 89, Rn. 2). Bei den Warenkrediten ist zu beachten, dass das im Geschäftsverkehr übliche Zahlungsziel nicht als Kreditgewährung i. S. d. § 285 Nr. 9 lit. c) anzusehen ist. Ganz allg. kann gesagt werden, dass unter Vorschüssen Vorauszahlungen auf Vergütungen zu verstehen sind (vgl. Niehus (1982), S. 518).
Rn. 428
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Kredite an Vorstandsmitglieder von AG, KGaA bzw. SE bedürfen eines Beschlusses des AR (vgl. § 89 Abs. 1 AktG), Kredite an AR-Mitglieder einer AG, KGaA bzw. SE bedürfen der Einwilligung des AR (vgl. § 115 Abs. 1 AktG). Entsprechendes gilt für Kredite an Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder der Mitglieder dieses Personenkreises (vgl. §§ 89 Abs. 3, 115 Abs. 2 AktG). Grund hierfür ist die Vermeidung von Umgehungstatbeständen (vgl. Hüffer-AktG (2021), § 89, Rn. 6). Bei KGaA ist ferner zu beachten, dass Kredite, die die Gesellschaft persönlich haftenden Gesellschaftern, deren Ehegatten oder Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern oder Dritten gewährt, die für Rechnung dieser Person handeln, auf der Aktivseite bei den entsprechenden Posten unter der Bezeichnung "davon an persönlich haftende Gesellschafter und deren Angehörige" zu vermerken sind (vgl. § 286 Abs. 2 Satz 4 AktG).
Geschäftsführern und anderen gesetzlichen Vertretern von GmbH dürfen keine Kredite aus dem zur Erhaltung des Stammkap. erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt werden (vgl. § 43a GmbHG). Ob Mitglieder des AR andere gesetzliche Vertreter i. S. d. Vorschrift sind, ist umstritten (vgl. dies verneinend z. B. Lutter/Hommelhoff (2020), § 43a GmbHG, Rn. 4; Scholz-GmbHG (2021), § 43a, Rn. 14); dagegen noch bejahend Scholz-GmbHG (2010), § 43a, Rn. 30).
Die Angabepflicht besteht unabhängig davon, ob diese Vorschriften eingehalten wurden (vgl. so auch Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 334). Fraglich ist, ob die Angabepflicht neben den Mitgliedern der Organe auch die an Ehegatten, Lebenspartner oder minderjährige Kinder gewährten Kredite umfasst. Nach dem Gesetzeswortlaut ist dies zu verneinen. Zur Vermeidung von Umgehungstatbeständen bezüglich der Offenlegungspflichten erscheint indes der Einbezug dieser Kredite in die Anhangangaben zweckmäßig.
Rn. 429
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Kredite an einen AN-Vertreter im AR, die er nicht in seiner Eigenschaft als AR-Mitglied, sondern als AN erhalten hat (und auch andere AN haben ähnliche Kredite zu gleichen Bedingungen erhalten), sind nicht einzubeziehen (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 333; WP-HB (2021), Rn. F 1099). Es kommt nicht darauf an, ob der Kreditnehmer im Zeitpunkt der Kreditgewährung (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 333; ADS (1995), § 285, Rn. 197) zu dem Personenkreis der Organe gehörte.
Kredite, die schon vor Einräumung der Organstellung gewährt wurden, sind ab dem Zeitpunkt einzubeziehen, in dem der Kreditnehmer Organmitglied geworden ist. Für Organmitglieder, die im GJ ausgeschieden sind, erstreckt sich die Berichtspflicht auf den Zeitraum bis zu ihrem Ausscheiden (vgl. mit a. A. ADS (1995), § 285, Rn. 197; Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 333). Beim Wechsel in ein anderes Gremium ist entsprechend aufgeteilt zu berichten.
Rn. 430
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Anzugeben sind die Nennbeträge der gewährten Vorschüsse und Kredite ganz allg. und nicht nur die im GJ gewährten. Die ggf. im GJ zurückbezahlten Beträge sind zu nennen, auch wenn sie im GJ gewährt wurden (vgl. Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 332). Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine getrennte Angabe des Anfangsbestands und der Zugänge der gewährten Vorschüsse und Kredite nicht gefordert. Eine Darstellung der Entwicklung der Vorschüsse und Kredite während des GJ (Anfangsbestand + Zugänge ./. Rückzahlungen = Endbestand) ist zwar wünschenswert und zweckmäßig (vgl. ADS (1995), § 285, Rn. 196), aber nicht geboten (vgl. mit a. A. Beck Bil-Komm. (2020), § 285 HGB, Rn. 332).
Rn. 431
Stand: EL 33 – ET: 09/2021
Mit dem BilRUG wurde klargestellt, dass auch erlassene Beträge, d. h. Beträge, für die keine Rückzahlung eines zuvor gewährten Kredits oder Vorschusses erfolgt, anzugeben sind (vgl. BT-Drs. 23/15, S. 78; zudem Philipps (2018), S. 175f.; BilRUG-Komm. (2015), § 285 HGB, Rn. 30; a. A. Theile (2015), S. 147); damit wurde Art. 16 Abs. 1 lit. e) der Bilanz-R in nationales Recht umgesetzt. Die Angabepflicht besteht in dem GJ, in dem der Beschluss zum Erlass durch den AR gefasst w...