Dr. Peter Küting, Prof. Dr. Mana Mojadadr
Rn. 101
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Verbindlichkeiten sind generell mit ihrem Erfüllungsbetrag (i. S. d. § 253 Abs. 1 Satz 2) anzusetzen. Dieser beinhaltet den für die Abwicklung eines Geschäfts notwendigen Betrag, um eine aus diesem Geschäft entstandene Verpflichtung erfüllen zu können. Hierbei kann es sich sowohl um in GE bewertete Sach- als auch Dienstleistungen handeln. Neben der die Bewertung von Verbindlichkeiten umfassenden Vorschrift des § 253 Abs. 1 Satz 2 sind die Bewertungseinschränkungen des § 252 Abs. 1 zu beachten. Vornehmlich das Imparitätsprinzip besitzt i. V. m. dem Stichtagsprinzip als HWP für Passiva bei der Bewertung von Verbindlichkeiten eine wesentliche Bedeutung (vgl. Moxter (2003), S. 59f.).
Rn. 102
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Nach dem HWP ist eine Verbindlichkeit grds. mit dem höheren Wert am BilSt anzusetzen, wenn die aus betreffender Verbindlichkeit resultierende Belastung am Abschlussstichtag über dem bisher angesetzten Erfüllungsbetrag liegt. Eine Verminderung des Wertansatzes kann insoweit erfolgen, als der erstmalig eingebuchte Erfüllungsbetrag nicht unterschritten werden darf, weil ansonsten gegen das Realisationsprinzip verstoßen würde (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele (2019), S. 391, 398f.). Für Zwecke der Folgebewertung von Verbindlichkeiten ergeben sich damit zwei Bewertungsszenarien:
(1) |
Betreffende Verbindlichkeit ist am Abschlussstichtag gemäß dem HWP zu einem höheren Betrag zu passivieren bzw. erfolgswirksam anzupassen, wenn sich eine höhere wirtschaftliche Belastung ergibt. Diese Werterhöhung wäre im Fall eines Sinkens der Verpflichtungshöhe wieder rückgängig zu machen. |
(2) |
Infolge des Realisationsprinzips darf bei einem Absinken der Verpflichtungshöhe am BilSt kein Erfüllungsbetrag unterhalb des erstmalig angesetzten passiviert werden, zumal anderenfalls unrealisierte Gewinne vereinnahmt würden. Wurde der Erfüllungsbetrag zwischenzeitlich allerdings (erfolgswirksam) angehoben, ist eine etwaige Verringerung bis zu dem ursprünglich angesetzten Wert zu beschränken. Nur dann, wenn der Wertansatz über den erstmalig passivierten Betrag erhöht wurde, darf er vermindert werden. |
Rn. 103
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Dies wiederum bedeutet im Lichte des § 256a konkret: Valutaverbindlichkeiten sind in Fremdwährung zu erbringende Zahlungsverpflichtungen, die wie Verbindlichkeiten üblicherweise zum Erfüllungsbetrag anzusetzen sind (vgl. Beck-HdR, B 234 (2016), Rn. 71ff.). Gemäß § 256a sind Fremdwährungsverbindlichkeiten mit dem Devisenkassamittelkurs umzurechnen. Zu jedem weiteren BilSt muss der Devisenkassamittelkurs des Einbuchungstags mit dem des neuen Abschlussstichtags verglichen werden. Diesbezüglich gilt für langfristige Fremdwährungsverbindlichkeiten (Restlaufzeit von mehr als einem Jahr): Sinkt der Kurs, so ist der Erfüllungsbetrag aufgrund des HWP entsprechend zu erhöhen (vgl. HdR-E, HGB § 256a, Rn. 64). Steigt der Devisenkassamittelkurs am Abschlussstichtag über den Kurs der Erstvalutierung, so ist eine Abwertung der Verbindlichkeit aufgrund des Realisationsprinzips nur insoweit zulässig, als sie nicht zu einem niedrigeren Wertansatz als den mit dem historischen Kurs umgerechneten Erfüllungsbetrag (Zugangswert der Verbindlichkeit) führt (vgl. so bereits Wlecke (1989), S. 273f.; ferner HdR-E, HGB § 256a, Rn. 61).
Sachverhalt:
Ein UN hat am 14.12.t1 bei einer Schweizer Bank ein Darlehen in Schweizer Währung (CHF) aufgenommen, welches i. H. v. umgerechnet 100.000 EUR am 14.12.t5 zurückzuzahlen und insoweit in dieser Höhe auch am 31.12.t1 bilanziert worden ist. Infolge eines gestiegenen Wechselkurses hat das UN besagtes Darlehen in der HB zum 31.12.t2 mit 110.000 EUR bewertet. Aufgrund des Wechselkurses zum 31.12.t3 betrage der Wert des Darlehens zu diesem Stichtag annahmegemäß 104.000 EUR.
In der HB gilt es somit zum 31.12.t2 den höheren Wert der Verbindlichkeit, mithin 110.000 EUR, zu passivieren. Mit Blick auf den Stichtag 31.12.t3 ist zunächst zu berücksichtigen, dass nach der durch einen schwächeren Euro bedingten Erhöhung der Verbindlichkeit zum 31.12.t2 der Euro-Wert jener Schuld zum 31.12.t3 aufgrund eines wieder stärker gewordenen Euro gefallen ist. Dies wiederum bedeutet: Steigt der Wechselkurs, nachdem am BilSt zuvor eine Werterhöhung vorgenommen wurde, so darf der höhere Wertansatz nicht (mehr) beibehalten werden. Die Fremdwährungsverbindlichkeit ist stattdessen mit dem gestiegenen Devisenkassamittelkurs am 31.12.t3 anzusetzen (= 104.000 EUR). In jedem Fall gilt es dabei das Realisationsprinzip zu beachten, das dem Ausweis unrealisierter Währungsgewinne entgegensteht. Insoweit darf der rechnerische Erfüllungsbetrag denjenigen der Zugangsbewertung nicht unterschreiten.
Rn. 104
Stand: EL 43 – ET: 08/2024
Ob die Bewertung langfristiger Verbindlichkeiten einem gemilderten HWP zu unterwerfen ist, wurde in der Vergangenheit Jahrzehnte lang kontrovers diskutiert. Moxter vertrat diesbezüglich die These, dass Fremdwährungsverbindlichkeiten bei einem voraussichtlich nur vorüb...