Prof. Dr. Michael Dusemond, Prof. Dr. Sabine Heusinger-Lange
Rn. 194
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Im Zeitpunkt des Verkaufs der Option geht der Verkäufer die Verpflichtung ein, den Optionsgegenstand zum festgelegten Preis (Basispreis) zu veräußern. Der vereinnahmte Optionspreis ist zu passivieren. Ein Ausweis des vereinnahmten Optionspreises als passiver RAP dürfte dem Tatbestand der eingegangenen Verpflichtung (an dem schwebenden Grundgeschäft) nicht entsprechen (vgl. ADS (1998), § 246, Rn. 373, a. A. Beck Bil-Komm. (2020), § 250 HGB, Rn. 26). Die Überlegung, die vereinnahmte Zahlung zum Zeitpunkt des Ablaufs der bei der Optionsveräußerung vereinbarten Zeitspanne ertragswirksam zu vereinnahmen, könnte zwar den Ausweis eines passiven RAP begründen, wobei das jedoch zur Außerachtlassung der mit dem Verkauf der Option eingegangenen Verpflichtung führt. Der Ausweis des vereinbarten Optionspreises als Rückstellung könnte damit gerechtfertigt werden, dass der Wertmaßstab für die eingegangene Verpflichtung schwierig zu bestimmen ist, da der vereinnahmte Optionspreis nicht zwangsläufig mit dem Wert der Verpflichtung übereinstimmt, die in der Übertragung des Optionsgegenstands zu sehen ist. Diese Übertragungsverpflichtung ist jedoch ein schwebendes Geschäft, das nicht bilanzierungsfähig ist. Folgerichtig ist der vereinnahmte Optionspreis als Verbindlichkeit – genauer als sonstige Verbindlichkeit – zu passivieren (vgl. ausführlich HdR-E, Kap. 7, Rn. 8; ebenso Beck Bil-Komm. (2020), § 266 HGB, Rn. 246, sowie § 249 HGB, Rn. 100; WP-HB (2021), Rn. F 1317; ferner auch IDW RS BFA 6 (2011), Rn. 17). Die als sonstige Verbindlichkeit passivierte Optionsprämie ist bei physischer Erfüllung, beim Barausgleich oder bei Ablauf der Option ertragswirksam zu vereinnahmen (vgl. HdR-E, Kap. 7, Rn. 13ff., sowie WP-HB (2021), Rn. F 1317; zur Vorgehensweise bei einer Glattstellung durch ein Gegengeschäft nur HdR-E, Kap. 7, Rn. 16f.).
Rn. 195
Stand: EL 34 – ET: 12/2021
Darüber hinaus kommt die Passivierung einer Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften in Betracht. Hierbei ist jedoch zu unterscheiden, ob der Optionsgegenstand selbst beim Stillhalter aktiviert ist oder nicht. Befindet sich der Optionsgegenstand nicht im Bestand des Stillhalters und handelt es sich um eine offene Position, also nicht um eine Bewertungseinheit, so bemisst sich die Rückstellung nach der Differenz zwischen dem Preis, den der Stillhalter im Zeitpunkt der Ausübung der Option voraussichtlich aufwenden muss, um den Optionsgegenstand zu erwerben, und der Summe aus vereinbartem Basispreis zzgl. der vereinnahmten Optionsprämie (vgl. HdR-E, Kap. 7, Rn. 10f., sowie Beck Bil-Komm. (2020), § 249 HGB, Rn. 100). Befindet sich der Optionsgegenstand im Bestand des Stillhalters, so kommt eine Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften erst in Betracht, wenn der Bestand auf Null abgeschrieben worden ist. Sonst ist eine entsprechende Wertberichtigung des Optionsgegenstands vorzunehmen. Die Verrechnung der vereinnahmten Optionsprämie mit dem Wert des aktivierten Optionsgegenstands kommt nicht in Frage, da dies zu einem nicht gesonderten Ausweis der eingegangenen Verpflichtung führen würde (Saldierungsverbot gemäß § 246 Abs. 2 Satz 1) und ferner die Vereinnahmung nicht zwangsläufig zu einer Wertminderung des Bestands führte. Anders als im Fall der Veräußerung eines Bezugsrechts stellt die Vereinnahmung einer Optionsprämie auch nicht eine durch einen Abgang zu erfassende Substanzminderung des Optionsgegenstands dar. Eine evtl. gebildete und nicht benötigte Rückstellung für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften ist ertragswirksam aufzulösen (vgl. HdR-E, Kap. 7, Rn. 13ff., sowie WP-HB (2021), Rn. F 1317).